Deutscher Investmentmarkt bleibt zur Jahreshalbzeit auf Kurs

 

Allen negativen Meldungen zum Trotz setzt der deutsche Investmentmarkt auch im zweiten Quartal des Jahres seine positive Entwicklung fort. Es mag den Anschein haben, dass es für Investitionen in Immobilien keine schlechten Zeiten gibt. Ist es die eigene Stärke des Produkts oder die Schwäche alternativer Anlagen, die Investoren dazu bewegt, ihre Portfolios mit gewerblich oder wohnwirtschaftlich genutzten Objekten in Deutschland auszuweiten? “Triebfeder ist und bleibt der risikolose Zins nahe Null, der Immobilienanlegern selbst bei weiter steigenden Preisen immer noch eine zumindest auskömmliche Rendite beschert. Und die Mieten in deutschen Büros und Wohnungen scheinen immer noch so viel Phantasien zu entfachen, dass wirtschaftliche oder politische Risiken in den Hintergrund treten. Als Beispiel für diese Entwicklung mag die Versicherungsbranche dienen, die ihre Immobilienquote in den letzten Jahren nicht nur ausgebaut hat, sondern diese in der nächsten Zeit auch noch weiter erhöhen will. Dabei sollen auch risikoreichere Investments abseits von Core getätigt werden”, so Timo Tschammler, CEO JLL Germany.

“Investoren sind aber gut beraten, sich die aktuellen Risikofaktoren bewusst zu machen und ihre Investitionsstrategien in Bezug auf die verschiedenen Assetklassen zu überdenken. So stellen sich vor allem ausländische Investoren gegenwärtig die Frage, ob ein Investment in Wohnimmobilien in Berlin angesichts der dort herrschenden Debatten über Deckel, Bremsen und Enteignungen noch ein interessantes Engagement ist. Der immer so gelobte ‘Safe Haven’ Deutschland beginnt angesichts dieser Ungereimtheiten zu bröckeln”, gibt Timo Tschammler zu bedenken. Der JLL Deutschlandchef weiter: “Dazu kommen die globalen und europäischen Sorgen, die auch in den vergangenen drei Monaten nicht kleiner geworden sind. Im Gegenteil. Neben Brexit, Italiens Staatsschulden und den global ausufernden Handelskonflikten entwickelte sich in den letzten Wochen eine bedrohliche Spannung zwischen den USA und dem Iran. Das alles sind keine guten Voraussetzungen für ein stabiles und investorenfreundliches Umfeld. In den USA sendet die FED bereits erste Signale für eine Zinssenkung und bei der EZB fragt man sich, welche geldpolitischen Pfeile noch aus dem Köcher gezogen werden, sollte sich das konjunkturelle Klima weiter eintrüben. Noch hängen die dunklen Wolken lediglich am Horizont und ganz konkrete Auswirkungen auf den Investmentmarkt haben sie bislang noch nicht entfaltet – zu stark wirken zinsinduzierte Opportunitäten und vor allem der immer noch gut performende Vermietungsmarkt.”

Transaktionsvolumen* bleibt im Jahresvergleich auf ähnlichem Niveau

In Frankfurt bundesweit größte Einzeltransaktion

Nach dem etwas verhaltenen Jahresauftakt (Q1 inklusive Living: 15,2 Mrd. Euro) zeigt sich der Investmentmarkt zum Ende des zweiten Quartals (inklusive Living: 17 Mrd. Euro) wieder von seiner stärkeren Seite. “Trotz des nach wie vor vorhandenen Ungleichgewichts von Angebot und Nachfrage scheinen weder Produktmangel noch steigende Preise eine abschreckende Wirkung auf die Investoren zu entfalten”, meint Timo Tschammler.

Inklusive der Assetklasse Living lag das gesamte Transaktionsvolumen zwischen Januar und Ende Juni 2019 bei ca. 32,2 Mrd. Euro, rund zwölf Prozent weniger als im gleichen Zeitraum 2018. Und dies, obwohl sich die Anzahl der abgeschlossenen Transaktionen im zweiten Quartal um fast 30 Prozent gegenüber den ersten drei Monaten 2019 reduziert hat. Ohne Living-Immobilien machte das Halbjahresergebnis 24,2 Mrd. Euro aus. “Damit ist klar, dass großvolumige Transaktionen das Ergebnis aufgefangen haben. Sieben der zehn größten Abschlüsse des ersten Halbjahres wurden im zweiten Quartal getätigt”, erläutert Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany.

Ganz vorne auf der Transaktionsliste stehen mit dem Verkauf eines Wohn- und Geschäftshausportfolios durch den chinesischen Staatsfonds CIC an ein Konsortium aus der ZBI-Gruppe und Union Investment und dem Verkauf von 57 Warenhäusern von Hudson’s Bay Company an die österreichische Signa-Gruppe sogar zwei Transaktionen deutlich jenseits der Milliarden-Marke. Die größte Einzeltransaktion fand kurz vor Quartalsschluss mit dem Verkauf der Frankfurter “Die Welle” für rund 620 Mio. Euro statt. JLL war dabei vom Verkäufer mandatiert. Insgesamt entfallen auf Einzeltransaktionen mehr als zwei Drittel des Gesamtvolumens. Leicht an Boden gewonnen haben Portfolioverkäufe im zweiten Quartal. Ihr Halbjahresergebnis liegt damit bei knapp 10,5 Mrd. Euro, allerdings im Jahresvergleich immer noch ein Minus von 28 Prozent.

“Damit haben sich bereits in der ersten Jahreshälfte einige der seit Jahresende 2018 in Verkaufsprozessen befindlichen größeren Objekte und Portfolios realisiert. Auf dieser Basis und vor dem Hintergrund unserer Erwartung an eine weiterhin hohe Investorennachfrage hat unsere Jahresprognose 2019 mit einem Transaktionsvolumen von rund 70 Mrd. Euro nach wie vor Bestand”, so Timo Tschammler.

Fast 40 Prozent des Big 7 Transaktionsvolumens entfällt auf Berlin – Anzahl der gehandelten Büroimmobilien sinkt

Im Zuge der positiven Entwicklung des Investmentmarktes im zweiten Quartal hat auch das Transaktionsvolumen in den Big 7 wieder zugelegt. Inklusive Living wurden dort im Halbjahr mehr als 17 Mrd. Euro investiert (ohne Living: knapp 14 Mrd. Euro). Der Rückgang gegenüber dem Vorjahreszeitraum hat sich von 23 Prozent (Q 1 2019/Q 1 2018) auf 14 Prozent (H1 2019/H1 2018) verringert. Der Anteil ausländischer Kapitalquellen, im zweiten Quartal leicht wachsend, lag für das gesamte Halbjahr bei 34 Prozent. Einheimische Investoren behalten auf Käuferseite mit immerhin fünf der zehn größten Transaktionen ein entsprechendes Gewicht.

Die Performance fällt je nach Stadt weiter sehr unterschiedlich aus. Während auf Berlin sechs der zehn größten Transaktionen in den Big 7 entfallen, die Bundeshauptstadt damit ein Transaktionsvolumen von insgesamt mehr als 6,7 Mrd. Euro und ein Plus von 36 Prozent im Jahresvergleich bilanzieren kann, fällt der Rückgang des Volumens am deutlichsten in Hamburg (- 49 Prozent) und in München (- 44 Prozent) aus. “Auch wenn sich die Erklärung Quartal für Quartal wiederholt: der Rückgang an Isar und Elbe ist keineswegs einer rückläufigen Nachfrage geschuldet. Im Gegenteil, in strukturierten Bieterprozessen findet nach wie vor ein umkämpfter Wettbewerb zwischen den Investoren um die besten Anlageprodukte statt. Angesichts der anziehenden Büro-Neubaupipeline für dieses und nächstes Jahr sollten sich in diesen beiden Städten wieder neue attraktive Anlageoptionen in der Assetklasse Büro ergeben”, so Helge Scheunemann.

Mit Transaktionen in Erlangen, Nürnberg und Wiesbaden mit Einzelvolumina jeweils zwischen 230 und 320 Mio. Euro konnten einzelne Märkte aus der so genannten “zweiten Reihe” in die Phalanx der Großabschlüsse eintreten. Insgesamt (Einzel- und Portfoliotransaktionen) wurden außerhalb der etablierten sieben Hochburgen im ersten Halbjahr rund 15 Mrd. Euro angelegt und damit zehn Prozent weniger als noch vor zwölf Monaten. Fast 40 Prozent aller Einzeltransaktionen wurden in Städten außerhalb der Big 7 getätigt.

Auch das zweite Quartal hat nicht dafür gesorgt, dass sich an der Verteilung der relativen Anteile hinsichtlich der Assetklassen signifikant etwas geändert hat. Der Fokus der Investoren liegt nach wie vor eindeutig auf Büroimmobilien, die auf einen Anteil von 36 Prozent kommen. Mit allein 27 Transaktionen jenseits der 100 Mio. Euro-Grenze vereint diese Assetklasse auch den größten Teil der großvolumigen Abschlüsse auf sich. Allerdings bedeuten die im zweiten Quartal registrierten 70 Büro-Transaktionen (Einzel- und Portfoliotransaktionen) den niedrigsten Wert der letzten fünf Quartale. “Eine fundamentale Wende deutet sich damit aber unserer Meinung nach nicht an. Wir beobachten vielmehr, dass Investoren versuchen, ihr Portfolio stärker zu diversifizieren”, so Timo Tschammler. So erklären sich dann auch die Anteile der übrigen Assetklassen. Auf Platz zwei folgt Living mit 28 Prozent und Einzelhandelsimmobilien mit einem Anteil von rund 15 Prozent. Letztere haben nicht zuletzt aufgrund der Karstadt-Kaufhof-Warenhaus Milliarden-Transaktion etwas an Boden gut gemacht. “Dennoch bleibt auch hier zu konstatieren, dass Fachmärkte und Fachmarktzentren im Einzelhandelsbereich ihre Rolle als ‘Investor’s Darling’ beibehalten haben. Trotz des Gewichts des Karstadt-Kaufhof-Warenhaus-Portfolios beläuft sich der Anteil der Fachmarktprodukte auf 40 Prozent des in Einzelhandelsimmobilien investierten Volumens”, so Helge Scheunemann.

Büro-Renditen unverändert – Druck bleibt aber bestehen

Durchschnaufen ist angesagt, zumindest was die Entwicklung der Spitzenrenditen für Top-Büroimmobilien angeht. Mit einer über alle sieben Hochburgen hinweg gemittelten Büro-Spitzenrendite von 3,06 Prozent zeigt sich diese im Vergleich zum Vorquartal als stabil, im Zwölf-Monatsvergleich sind es damit 18 Basispunkte weniger. Sowohl die Investorennachfrage, die Entwicklung der Staatsanleihen als “risikolose” Alternativanlage als auch die zu erwartenden weiteren Mietsteigerungen werden dazu führen, dass der Druck auf die Renditen erhalten bleibt. “Bis Ende des Jahres erwarten wir einen leichten Rückgang im Schnitt über die Big 7 um 10 Basispunkte auf dann 2,96 Prozent”, prognostiziert Helge Scheunemann.

Auch in anderen Lagen der Big 7 abseits der Top-Lage oder für schlechtere Objektqualitäten hat es zum Ende des zweiten Quartals keine Änderung bei den Renditen gegeben. Für Top-Objekte in B-Lagen liegen sie bei 3,41 Prozent und damit rund 35 Basispunkte höher im Vergleich zur Spitzenrendite und zu einem Objekt in Top-Lage. Mit kürzeren Restlaufzeiten oder mit Leerständen liegt die Rendite aktuell bei 3,89 Prozent.

Trotz der stabilen Renditewerte im zweiten Quartal hat der JLL-Kapitalwerteindex für Top-Büroimmobilien mit Stand Ende Juni weiter zugelegt und liegt Ende Juni 13,8 Prozent höher als noch vor 12 Monaten. “Dies zeigt einmal mehr die Bedeutung der positiven Mietpreisentwicklung, die mit einem Anteil von 7,8 Prozent am Index mittlerweile ein höheres Gewicht hat als die Renditekompression”, erklärt Scheunemann.

Im Gegensatz zur Spitzenrendite für Büroimmobilien zogen die Spitzenpreise für Logistikimmobilien im zweiten Quartal wieder an. Mit 3,90 Prozent (- 10 Basispunkte gegenüber Q1 2019) bewegt sich die Spitzenrendite erstmals in der Historie unter der Vier-Prozent-Schwelle. “Damit ist aus unserer Sicht noch nicht Schluss. Bis Ende des Jahres erwarten wir einen weiteren Renditerückgang auf 3,75 Prozent. Die immer enger werdenden Verflechtungen zwischen Einzelhandel und Logistik sind die Wegbereiter solcher Renditen. In einer durch Online-Shopping getriebenen Multi-Channel-Welt spielen neuartige und näher an die Städte heranrückende Logistikimmobilien eine immer wichtigere Rolle in der komplexen Lieferkette zwischen Händler, Logistiker und Endverbraucher”, so Scheunemann.

Bei Einzelhandelsimmobilien setzt sich die seit Jahresende 2018 zu beobachtende Ausdifferenzierung zwischen den einzelnen Segmenten fort. Während für Shopping Center ein weiterer Renditeanstieg um zehn Basispunkte auf 4,20 Prozent zu registrieren ist, ist aufgrund der nach wie vor starken Nachfrage für Fachmarktprodukte die Spitzenrendite zum Ende des zweiten Quartals um zehn Basispunkte gesunken. Sie nähert sich mit 4,30 Prozent immer mehr den Shopping Center Renditen. Unverändert geblieben sind die Spitzenrenditen für einzelne Fachmärkte mit 5,10 Prozent und auch für innerstädtische Geschäftshäuser mit 2,87 Prozent. Bei beiden Nutzungsarten werden auch bis Ende des Jahres keine Veränderungen erwartet.

* Das Transaktionsvolumen umfasst Büro-, Einzelhandels-, Logistik – und Industrieimmobilien, Hotels, Grundstücke, Spezialimmobilien, gemischt genutzte Immobilien sowie die Asset-Klasse Living mit Mehrfamilienhäusern und Wohnportfolios ab 10 Wohneinheiten und 75 Prozent Wohnnutzung, Verkauf von Unternehmensanteilen mit Übernahme einer Kontrollmehrheit (ohne Börsengänge), Appartementhäuser, Studentenwohnen, Senioren-/Pflegeimmobilien und Kliniken

 

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