Hamsterkäufe aufgrund der Pandemie: Wer hätte gedacht, dass das auch auf Aktien zutrifft?

 

Experten beobachteten vor allem 2020 einen starken, aber kurzlebigen Aktionärsboom. Mittlerweile stellt sich für Broker die Frage, wie sie ihre Kunden im stark umkämpften Wettbewerbsumfeld engagiert auf ihrer Plattform halten. Max Biesenbach und Jakob Dipoli-Wieser von der globalen Strategie- und Marketingberatung Simon-Kucher & Partners kennen dafür die Antwort:

2020 erlebte Deutschland einen wahren Aktionärsboom. Im Vergleich zum Jahr davor sparten rund 2,7 Millionen mehr Menschen in Aktien, Aktienfonds oder aktienbasierte ETFs, insgesamt hatte damit zu diesem Zeitpunkt etwa jeder Sechste in Aktien investiert. Zu schön, um lange wahr zu sein? Leider ja, spätestens seit Mitte 2021 stagnieren die Nutzerzahlen und die Handelsaktivität auf den Plattformen geht stark zurück.

Die fünf Kernfragen effektiver Treueprogramme

Das stellt (Online-)Broker vor große Probleme: Kunden wandern vermehrt zum nächsten, noch günstigeren Wettbewerber ab oder stellen ihre Handelsaktivität ein. Insbesondere inaktive Kunden verursachen weiterhin wiederkehrende Kosten für die Broker, etwa für die Depotführung und Verwahrung ihrer Wertpapiere, aber generieren keine Umsätze mehr. Um Profite zu schützen und vom Corona-Boom langfristig zu profitieren, benötigen Online-Broker daher funktionierende Programme zur Kundenbindung, sogenannte Loyalty Schemes, die Kunden zu Verbleib und Steigerung der Handelsaktivität motivieren. Hierbei sollten sich Broker auf diese fünf Themen fokussieren:

  1. Wie verhalten sich meine Kunden und welche Handlungsweisen möchte ich fördern? Optimal ausgestaltete Loyalitätsprogramme fördern Verhaltensweisen, von denen auch der Broker profitiert. Deshalb sollten diese in einem ersten Schritt identifizieren, welche Herausforderungen ihr Kundenstamm mitbringt. Werden Depots werden von Neukunden zwar eröffnet, aber dann nicht mit Geldmitteln versehen (“gefunded”)? Sind Bestandskunden seit längerer Zeit nicht mehr auf der Plattform aktiv und müssen deshalb mit Angeboten angespornt werden? Oder geht es vielleicht darum, die Handelsaktivität der Kunden über mehrere Wertpapier-Klassen auf der eigenen Handelsplattform zu konsolidieren?
  1. Wie motiviere ich meine Kunden, das gewünschte Verhalten zu zeigen? Sind die gewünschten Verhaltensweisen der Kundschaft identifiziert, sollten Broker in einem nächsten Schritt herausfinden, mit welchen Mehrwerten die Kunden für das erwünschte Verhalten “belohnt” werden wollen. Dabei bereitet insbesondere die weit verbreitete Zero-Cost-Strategie, bei der Broker die Transaktionspreise für ihre Kunden auf ein Minimum reduzieren, den Plattformen besondere Probleme: Wer seinen Kunden beim Preis schon maximal entgegenkommt, hat nicht mehr viel Spielraum für zusätzliche Benefits. Davon abgesehen können Broker grundsätzlich auf drei unterschiedliche Anreize zurückgreifen: direkte monetäre Incentives wie Free Trades oder ausgeschüttete monetäre Boni, nicht-monetäre Incentives wie Zugang zu bevorzugtem Kundenservice oder Echtzeit-Marktdaten und indirekt monetäre Benefits wie kostenlose Aktien, die kostenlose Bereitstellung eines Netflix-Accounts, oder ähnliches.
  1. Wie mache ich Incentives so früh wie möglich erlebbar? Damit ein Loyalty Scheme bestmöglich funktioniert, muss eine große Anzahl an Kunden auch in den Genuss der darin angebotenen Benefits kommen. Top-Kunden sollten belohnt, Einstiegs- und Durchschnittskunden aber auch bei der Stange gehalten werden. Deshalb ist es für Broker vorteilhaft, unterschiedliche Statuslevel einzuführen, bei denen die nächste Stufe mit ihren Incentives auch erreichbar ist. Der Zeitraum bis zum Erreichen des nächsten Statuslevels kann mit weiteren ad-hoc Benefits ausgestaltet werden, um jederzeit eine erreichbare Belohnung für die Kundschaft im Angebot zu haben.
  1. Wie binde ich durch Gamification und Verhaltensökonomie Kunden besser ein? Gaming- und Fitness-Apps machen es vor: Mit einem spielerischen Ansatz sind Kunden länger und engagierter bei der Sache. Dieses Prinzip funktioniert auch bei Loyalitätsprogrammen von Finanzdienstleistern. Datenanalysen zu Kunden und ihren Statuspunkten in Loyalitätsprogrammen zeigen die Ausreißer bzw. Höchstwerte der Kundenanzahl jeweils direkt hinter den Statusgrenzen: Statuslevel führen also bewiesenermaßen zur Anpassung des Kundenverhaltens. Dieses Muster gilt es optimal auszunutzen. Broker müssen demnach spielerisch und durch vielfaches Setzen von relevanten “Meilensteinen” dafür sorgen, Kunden zu zusätzlicher Aktivität zu motivieren.
  1. Wie balanciere ich bei den Belohnungsstufen Engagement und Relevanz aus? Beim Design des Kundenbindungsprogramms müssen Broker darauf achten, einerseits bei ihren Kunden möglichst viel Handlungsdruck und Engagement zu erzeugen, andererseits aber weiterhin eine möglichst breite Masse anzusprechen. Daher gilt es, bei den Belohnungsperioden die richtige Balance zwischen sehr kurzem und extrem langem Zeitraum zu finden. Die erfolgreichsten Loyalitätsprogramme der Welt, beispielsweise die von Flug- und Hotellinien, sehen den optimalen Qualifikationszeitraum bei zwölf Monaten.

Broker, die sich an diese Grundprinzipien halten, sind so in der Lage, ein effektives Kundenbindungsprogramm zu entwerfen. Und es ist höchste Zeit – denn nur so können sie sicherstellen, vom Corona-Boom langfristig zu profitieren und die Kunden, die gewonnen wurden, zu halten, zu aktivieren und profitabel zu bewirtschaften.

Simon-Kucher & Partners, Strategy & Marketing Consultants: Die Beratungsarbeit von Simon-Kucher & Partners ist ganz auf TopLine Power® ausgerichtet. Laut mehrerer Studien unter deutschen Top-Managern (manager magazin, Wirtschaftswoche, brand eins) ist Simon-Kucher bester Marketing- und Vertriebsberater und führend im Bereich Pricing und Wertsteigerung. Die Unternehmensberatung ist mit über 1.700 Mitarbeitern in 42 Büros weltweit vertreten.

 

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