Video-Interview mit Dr. Marco Metzler vom Oktober 2024

Neue Studie: LV-Qualitätsratings: Wie sicher und ertragreich sind die deutschen Lebensversicherer aktuell?

Metzler Ratings hat die Bilanzen der 30 größten deutschen Lebensversicherer für das Geschäftsjahr 2023 untersucht. Ziel der Studie war es herauszufinden, ob sie den Herausforderungen eines sich ständig wandelnden Zins-Universums gewachsen sind. Die Ergebnisse dieses Qualitätsratings zur Sicherheit und Ertragsstärke: Bei sechs Versicherern bestehen derzeit bedenkliche Sicherungslücken. Nur drei Unternehmen sind sehr gut aufgestellt: Mit einem Rating von AAA schnitt die WWK – wie im Vorjahr – am besten ab. Gefolgt von Victoria und Hannoversche, die ebenfalls ein Triple-A-Rating erreichten.

Die Leitzinsen schlagen nach jahrelangen Niedrig- und sogar Minuszinsen in den letzten Monaten eine Kapriole nach der anderen. Lag der EZB-Einlagenzins bis Ende Juli 2022 bei minus 0,5 Prozent, so schoss er bis Ende September 2023 auf vier Prozent in die Höhe – so hoch wie nie zuvor in der EZB-Geschichte. Und das nur, um anschließend wieder auf aktuell 3,5 Prozent zu sinken. Die Wende nach der Wende sozusagen. „Doch das dürfte längst nicht das Ende des Sinkflugs bei den Zinsen gewesen sein“, sagt Dr. Marco Metzler, Gründer und Chef des auf Versicherer spezialisierten Rating-Instituts Metzler Ratings GmbH. So preise der Markt für Ende des kommenden Jahres teilweise bereits einen EZB-Einlagenzins von gerade mal noch 1,75 Prozent ein. Der Grund für dieses Hin und Her bei den Zinsen: Nachdem die überschießende Inflation die EZB dazu gezwungen hatte, die Zinsen massiv zu erhöhen, sorgt nun die Angst vor einer Rezession in der EU-weit äußerst wachstumsschwachen Wirtschaft dafür, dass die Zinssätze wieder deutlich zurückgefahren werden. „Was zur Abwendung einer harten Landung der Wirtschaft – sprich einer ausgewachsenen Rezession – gut sein dürfte, stellt die Lebensversicherer erneut vor Probleme“, weiß Ratingspezialist Metzler.

Im Zuge der jahrelangen Niedrigzinsphase sanken die Zinsen klassischer Lebensversicherungen immer weiter. Waren diese Policen früher der Deutschen liebste Anlagenprodukte, wurden sie immer mehr zum Ladenhüter. „Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass neu abgeschlossene Verträge oft weniger als zwei Prozent abwarfen“, erläutert Metzler. Und dann kam die abrupte Zinswende – von minus 0,5 auf vier Prozent in etwas mehr als einem Jahr. Anstatt die Probleme zu lösen, verschärfte sie diese erst mal. Hatten sich doch im Zuge der Niedrigzinsphase bis Ende 2021 bei deutschen Lebensversicherern branchenweit stille Reserven von 155 Milliarden Euro angehäuft. Doch bedingt durch die Zinswende der Zentralbanken weltweit sank der Kurswert kaum verzinster Anleihen, die während der vergangenen zehn Jahre erworben wurden, massiv. Aus stillen Reserven waren so nur ein Jahr später stille Lasten von rund 105 Milliarden Euro geworden. Der Branche gelang es, auch dank des insgesamt positiveren Zinsumfeldes, die stillen Lasten bis Ende 2023 auf netto rund 75 Milliarden Euro zu drücken.

Dabei ist die Lage von Versicherer zu Versicherer wie im Vorjahr völlig unterschiedlich: So haben einige Unternehmen wie etwa die WWK und die Hannoversche nunmehr sogar stille Reserven in den Bilanzen stehen. Andere Versicherer hingegen wie beispielsweise LPV, LVM, und Cosmos weisen in ihren Jahresabschlüssen für 2023 Stille Lasten von 15 Prozent bis hin zu fast 25 Prozent aus. Eine Übersicht zu Stillen Lasten und weiteren Kennzahlen deutscher Lebensversicherer finden Sie unter www.metzler-ratings.com/kennzahlen.

„Das ist zwar insgesamt eine positive Entwicklung, jedoch kann noch keine Entwarnung gegeben werden, da von institutionellen Anlegern wie Unternehmen, Pensionskassen und Stiftungen immer häufiger Einmalanlagen bei den Lebensversicherern gekündigt und kaum neue abgeschlossen werden“, weiß Ratingspezialist Metzler. Der Grund: Die Banken können aktuell deutlich bessere Zinskonditionen bieten – und das obwohl die Lebensversicherer ihre Überschuss-Deklaration 2024 deutlich angehoben haben. Das führte unterm Strich dazu, dass die Lebensversicherer im Jahr 2023 mit 89 Milliarden Euro insgesamt vier Prozent weniger Prämien kassierten als im Jahr zuvor.

Hinzu kommt: Wegen der niedrigen Zinsen haben Versicherer in den vergangenen Jahren die Immobilienquote in ihren Portfolios kräftig erhöht. Dann stiegen die Zinsen massiv und damit für Projektentwickler und Bauträger die Finanzierungskosten. Folge: Vergangenes Jahr gingen fast 600 dieser Firmen pleite. Bekanntestes Beispiel: Die Signa-Gruppe von René Benko. Allein bei Signa hatten laut Aufsichtsbehörde Bafin 46 Versicherer Kapital angelegt. Bei neun Versicherern betrug das Signa-Engagement mehr als ein Prozent des gesamten Portfolios. Der Spitzenwert liegt laut Bafin bei 2,2 Prozent.

Zwar sieht die Bafin darin für keinen Versicherer eine wesentliche Bedrohung, da die Branche insgesamt nur rund fünf Milliarden Euro in inzwischen insolvente Bauträger und Projektentwickler investiert hat. „Doch anders als bei Anleihen können diese Verluste nicht als stille Lasten verbucht werden, sondern müssen sofort abgeschrieben werden“, weiß Ratingexperte Metzler. „Diese Verluste sind zusätzlich zu den rund 75 Milliarden Euro an stillen Lasten zu schultern. Was dazu geführt hat, dass einige Lebensversicherer selbst mit Auflösungen der Zinszusatzreserve (ZZR) im vergangenen Jahr unterm Strich lediglich auf eine Netto-Rendite von weniger als zwei Prozent kamen.“ Übrigens: Die ZZR war in der Niedrigzinsphase aufgebaut worden, damit die Versicherer jederzeit ihre Verpflichtungen den Kunden gegenüber erfüllen konnten.

Und als ob das alles nicht genug wäre, hat die EZB inzwischen damit begonnen, die Leitzinsen wieder zu senken. Siehe oben. Zwar sind – verglichen mit den Minuszinsen der vergangenen Jahre – aktuell 3,5 Prozent durchaus ansehnlich. „Wir erwarten jedoch, dass die EZB in den kommenden Monaten die Zinsen weiter senkt, was die Anleihenmärkte verstärkt unter Druck setzen dürfte“, prognostiziert Dr. Metzler. Jedoch erwartet er nicht, dass dies branchenweit zu einem erneuten Aufbau der ZZR führt. „Allerdings ist die Situation bei jedem Versicherer anders. Sie hängt unter anderem davon ab, wie viele Altverträge mit hohen Zinsgarantien in nächster Zeit auslaufen. Dies kann die Effekte aus sinkenden Zinsen mehr als ausgleichen“, sagt Instituts-Chef Metzler.

Da sich die Lage jedoch bei jedem Versicherer anders darstellt, ist ein genauer Blick in deren Bilanzen unerlässlich. Wobei der Fokus auf den vorhandenen Sicherungsmitteln und der (zukünftigen) Ertragskraft liegen sollte. Auf Basis der Jahresabschlüsse 2023 der 30 größten deutschen Lebensversicherer hat Metzler Ratings daher Kennzahlen wie Substanzkraft, Bewertungs- und Zinszusatzreserve sowie Netto-Rendite für ein Qualitätsrating zur Sicherheit und Ertragsstärke der jeweiligen Versicherer analysiert. Im nächsten Schritt wurden – in unterschiedlicher Gewichtung – Sicherungsmittel und (künftige) Ertragskraft bewertet. Diese beiden Bewertungen bündelte Metzler Ratings anschließend zu einer Gesamtnote von 1,0 bis 7,0. Zu guter Letzt wurden jeweils fünf benachbarte Zehntelnotenstufen in speziellen Sicherheitsratings von AAA (beste Wertung) bis hin zu C (schlechteste Wertung) zusammengefasst. (Hinweis: Diese sind nicht mit üblichen Bonitätsratings für Investoren und/oder Anleger identisch.)

Mit einem Triple A-Rating (AAA) und der Note 1,0 konnte sich die WWK an die Spitze des Teilnehmerfeldes setzen. „Die WWK ist aus unserer Sicht damit am besten für die Schwierigkeiten des derzeitigen Zinsumfeldes gerüstet“, erläutert Studienleiter Dr. Metzler. Ebenfalls mit Triple-A-Rating folgen dicht dahinter auf den Plätzen zwei und drei die Lebensversicherer Victoria (Note 1,1) und Hannoversche (1,3). Am unteren Ende der Rangliste landeten Gothaer, Generali, LPV (vormals PB Leben), Zurich, Cosmos und LVM. Diese sechs Lebensversicherer können selbst unter Hinzurechnung der Zinszusatzreserve ihre jeweiligen stillen Lasten nicht kompensieren. Ihre Sicherheitsquote liegt damit unter null.

Die Spanne bei den Versicherern ist also deutlich: Es gibt Versicherer, die bestens für schwierige Zeiten gewappnet sind, während andere durchaus Schwierigkeiten bekommen könnten. „Wer eine klassische kapitalbildende Lebensversicherung abgeschlossen hat, sollte mit Hilfe unserer Studienergebnisse leicht herausfinden, ob sein Versicherer gut für die bevorstehenden schwierigen Zeiten gewappnet ist“, sagt Dr. Metzler. Dies gelte insbesondere dann, wenn die Realverzinsung – also unter Berücksichtigung der Inflation, die 2023 bei 5.9 Prozent lag – negativ ist. Auch Besitzer von Fondspolicen sollten laut Dr. Metzler „überlegen, in Sachwertefonds mit positiver Realverzinsung umzuschichten.“ Wer dagegen mit dem Gedanken spiele, eine kapitalbildende Lebensversicherung abzuschließen, „ist gut beraten, sich für einen Versicherer zu entscheiden, der in unserer Studie mindestens ein gutes Qualitätsrating aufweist“, sagt Institutsleiter Metzler.

Ergebnisübersicht Qualitätsrating

Mehr Informationen zu den Ergebnissen des Ratings finden Sie unter https://www.metzler-ratings.com

Über Metzler Ratings GmbH

Metzler Ratings GmbH (vormals DMSA) befindet sich im Eigentum der Investoren-Familie Metzler und ist ein unabhängiger Datendienst, der marktrelevante Informationen zu Unternehmen, Produkten und Dienstleistungen sammelt und bewertet. Wir verstehen uns als Anwalt der Verbraucher, Privatkunden und mündigen Investoren. Unser Anspruch: Unternehmen und Anbieter, Produkte und Dienstleistungen immer mit den Augen der Kunden zu betrachten. Die Kunden stehen im Mittelpunkt unserer Arbeit. Für sie bündeln wir wichtige, entscheidungsrelevante Informationen und stellen diese als Marktscreenings dar. Unser Ziel: Für Verbraucher mehr Transparenz bei der Auswahl von Produkten, Investments und Dienstleistungen zu schaffen.

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Metzler Ratings GmbH, Wichertstraße 13, 10439 Berlin, Dr. Marco Metzler Geschäftsführer, info@dmsa-agentur.de, www.metzler-ratings.com