Kommentar von Kerstin Hottner, Head of Commodities, Vontobel
Investoren drängen weiterhin zum Gold, wie man am heutigen Tag sehen kann: Erstmals in der Geschichte hat das Edelmetall einen Preis von 3.500 US-Dollar pro Unze erreicht.
Die beeindruckende Rallye, die die Erwartungen der meisten Analysten für das gesamte Jahr übertrifft, bedeutet, dass wir uns nun in unbekanntem Gebiet befinden. Traditionelle Faktoren, die einst den Goldpreis beeinflusst haben, wie die US-Inflation und die Zinssätze, sind nicht mehr die Haupttreiber. Stattdessen heizen die Unsicherheit über die Zölle und die Sorgen um das globale Wirtschaftswachstum, kombiniert mit der Marktreaktion auf die Kritik an der Fed, die Nachfrage nach sicheren Anlagen an.
Zuflüsse in Gold-ETFs noch unter Höchstständen
Dieses Kaufinteresse zeigt sich auf dem Gold-Futures-Markt und sogar bei den Zuflüssen in Gold-ETFs, die in letzter Zeit deutlich zugenommen haben (8% seit Jahresbeginn). Sie liegen jedoch immer noch rund 20% unter ihren Höchstständen von 2020, so dass noch viel Spielraum für eine Aufholjagd besteht. Zudem ist die Nachfrage der Zentralbanken, insbesondere aus Schwellenländern, nach wie vor solide. Mit einem durchschnittlichen US-Zollsatz, der von 2,4% im Jahr 2025 auf über 20% Anfang April gestiegen ist, sind die Inflationsrisiken nach oben gerichtet, während die Wachstumsperspektiven eher nach unten gerichtet sind.
In einem solchen Umfeld sollte Gold profitieren, und wir glauben, dass jeder Rückgang des Goldpreises ein attraktiver Einstiegspunkt ist. Wenn die Nachfrage nach sicheren Anlagen in den kommenden Monaten stark bleibt, könnte Gold bis Mitte des Jahres, wenn nicht sogar früher, die Schwelle von 3.700 US-Dollar überschreiten. Die Unabhängigkeit der Fed ist bedroht. Es steht eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im Zusammenhang mit der Entlassung von Direktoren anderer unabhängiger Behörden an. Wenn diese Entscheidung zugunsten solcher Entlassungen ausfällt, könnte sie auch auf die Fed übertragen werden. Dieses Risiko wird derzeit unterschätzt und könnte zu weiteren Goldkäufen führen, falls es eintritt.
Preis dämpft Schmucknachfrage
Dabei ist zu berücksichtigen, dass Gold auch einigem Gegenwind ausgesetzt sein könnte. Wenn der Preis eines Rohstoffs so hoch und so schnell steigt, kommt in der Regel irgendwann ein Nachfrageeinbruch. Der Schmuckverkauf schwächt sich bereits angesichts der Rekordpreise ab, was die Goldnachfrage beeinträchtigt. Das Nachfragevolumen des Schmuckmarktes ist etwa doppelt so groß wie das der Zentralbanken im Jahr 2024 und daher ein wichtiger Treiber. Wenn Sie Schmuck kaufen, machen Sie das normalerweise mit einem festen Budget und nicht, weil Sie an einen bestimmten Goldanteil denken. Das reduziert die Menge an gekauftem Gold. Auch einige Zentralbanken, die in den letzten Jahren die Hauptquelle der Goldnachfrage waren, verfolgen einen taktischeren Ansatz und halten weitere Käufe in Erwartung eines Preisrückgangs zurück.
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