Bereits zum neunten Mal haben die Versicherungsunternehmen ihre SFCR-Berichte veröffentlicht.
Im Zuge der angeordneten Neuberechnung des Rückstellungstransitionals (Übergangsmaßnahmen nach Solvency II) kam es insbesondere bei den Lebensversicherern zu einem deutlichen Rückgang der Bedeckungsquoten. Im Gegensatz dazu blieben die Basisquoten ohne Berücksichtigung von Übergangsmaßnahmen bei Lebens- und Krankenversicherern im Vergleich zum Vorjahr weitgehend stabil. Positiv entwickelten sich die Beitragseinnahmen: Nach drei Jahren rückläufiger Tendenz verzeichneten die Lebensversicherer wieder ein Beitragswachstum. Auch in der Krankenversicherung legten die Prämieneinnahmen weiter zu.
Die Lebensversicherer und privaten Krankenversicherer wurden vom map-report erneut einer Analyse der Solvabilitätsquoten nach dem Solvency-II-Regime unterzogen. Neben der Größe des Unternehmens und der Marktlage im jeweiligen Segment, ist auch das individuelle Risikoprofil zu berücksichtigen. Individualisierungsmöglichkeiten, wie die Nutzung von unternehmensspezifischen Parametern oder internen Modellen, wirkten sich dabei ebenfalls auf die Höhe der Bedeckung aus. In der Neuauflage der Untersuchung wird die Entwicklung der Eigenmittelquoten über die vergangenen zehn Jahre grafisch dargestellt.
Neuberechnung mit Folgen
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat die Versicherer im Sommer 2024 aufgefordert, das Rückstellungstransitional neu zu berechnen. Damit will die Aufsicht die Unternehmen anspornen, die Anforderungen unter Solvency II so schnell wie möglich zu erfüllen. Das Rückstellungstransitional sollte Versicherern insbesondere aufgrund der außergewöhnlich niedrigen Zinsen den Übergang auf Solvency II erleichtern.
Der Zinsanstieg seit 2022 hat bei deutschen Versicherern zu deutlich niedrigeren versicherungstechnischen Rückstellungen unter Solvency II und damit zu höheren Eigenmitteln geführt. Auch die Solvenzkapitalanforderungen gingen zurück – die Bedeckungsquoten stiegen 2022 und 2023 entsprechend an. Ende 2023 lagen die Rückstellungen nach Solvency II meist unter denen nach Solvency I. „Die ursprünglich zur Entlastung gedachte Übergangsmaßnahme des Rückstellungstransitionals ist damit in ihrer bisherigen Form nicht mehr notwendig und kann inzwischen sogar Fehlanreize schaffen. Denn sie soll zwar Marktverwerfungen abfedern, zugleich aber zur raschen Anpassung an die Solvency-II-Anforderungen motivieren“ kommentiert Michael Franke, Geschäftsführer der Franke und Bornberg GmbH und Herausgeber des map-report, die Anordnung der Versicherungsaufsicht.
„Die von der BaFin veranlasste Neuberechnung soll diesem Problem entgegenwirken und das Rückstellungstransitional an die aktuellen Rahmenbedingungen anpassen. Bei den meisten Versicherern hat es inzwischen keinen finanziellen Effekt mehr – es beträgt faktisch null. Für Versicherer, die das Rückstellungstransitional nutzen, führt die Neuberechnung dadurch zu niedrigeren Bedeckungsquoten“, ergänzt Reinhard Klages, Analyst des map-report.
Solvenzquoten der Lebensversicherer
Die aufsichtsrechtlich relevante SCR-Quote der LV-Branche (anrechenbare Eigenmittel der Branche im Verhältnis zum SCR der Branche inklusive Übergangsmaßnahmen) beläuft sich auf 340,3 %. Im Vergleich zum Jahresende 2023 (663,6 %) ist die Kennzahl damit um rund 323,3 Prozentpunkte gesunken. Hier zeigen sich deutlich die Auswirkungen der von der BaFin angeordneten Neuberechnung der Übergangsmaßnahme bei den versicherungstechnischen Rückstellungen. Zwar wurde von der Aufsicht keine pauschale Abschaffung des Rückstellungstransitionals angeordnet, aber mit der Neuberechnung dafür gesorgt, dass bei vielen Versicherern der Übergangseffekt spürbar reduziert oder gar eliminiert wurde. In diesem Durchschnittswert nicht enthalten sind Lebensversicherer, die auf Übergangsmaßnahmen verzichten.
Die Spannweite zwischen den einzelnen Anbietern ist dabei noch immer sehr breit. Den höchsten Wert verzeichnete die LV 1871 mit einer Quote von 716,4 %. Und auch die WGV (701,6 %), SV Sparkassenversicherung (673,9 %), Ideal (671,0 %) und Provinzial (643,3 %) notierten über dem Sechs- bis Siebenfachen der geforderten Bedeckung. Die niedrigsten Quoten unter Berücksichtigung sämtlicher Übergangsmaßnahmen veröffentlichten Concordia Oeco (103,9 %), LPV (122,9 %) und Athora (145,1 %).
Mit dem überwiegenden Wegfall und den deutlichen Reduzierungen der Übergangsmaßnahmen für die versicherungstechnischen Rückstellungen, haben die Übergangshilfen den Solvenzquoten auch nicht mehr den Auftrieb der vergangenen Jahre gegeben. In den Vorjahren betrug der Unterschied zwischen der Basisquote (ohne VA und/oder ÜM) und dem aufsichtsrechtlichen Nachweis vielfach mehr als 300 Prozentpunkte, nicht selten sogar weit über 500 bis hin zu 1.100 Prozentpunkten. Marktdurchschnittlich lag die Abweichung im Jahr 2023 noch bei 342,9 Prozentpunkten. Zum Jahresende 2024 notierte die Basis-SCR-Quote mit 308,6 % nur noch rund 32,0 Prozentpunkte niedriger.
Marktweit fielen die Quoten nach Abzug der VA und ÜM geringfügig. In der Berechnung ohne Maßnahmen ging es für die Solvenzquote des Marktes von 320,8 % im Vorjahr auf 308,6 % bergab. Auch bei dieser Kennzahl zeigte sich eine enorme Streuung der Ergebnisse. Die höchste Quote hatte die LVM mit 730,1 % (2023: 767,5 %), gefolgt von der LV 1871 mit 715,7 % (Vorjahr 599,2 %).
Drei Lebensversicherer erreichten zum 31.12.2024 die Bedeckungsquote ohne Hilfs- und Übergangsmaßnahmen von 100 % nicht. Bei der erstmaligen Berichterstattung nach Solvency II zum Jahresende 2016 waren es noch 21 Gesellschaften, denen es nicht gelang eine SCR-Bedeckung von 100 % zu erzielen. Aber genau für diese Situation wurden die Hilfsmaßnahmen installiert, um den Gesellschaften den Übergang vom alten ins neue Aufsichtsregime zu erleichtern.
Auch PKV gut gerüstet
Die privaten Krankenversicherer zeigten sich bei ähnlich breiter Streuung der Ergebnisse wie in der Lebensversicherung durchweg solvent. Die Ergebnisse schwanken zwischen 990,7 % (UKV) und 191,1 % (Ergo). Die PKV ist dank anderer Spielregeln als in der Lebensversicherung gut gerüstet. Hier können die Beiträge angepasst werden. Dadurch wird ein Großteil des Risikos von den Kunden getragen. Insgesamt hat der Markt die SCR-Bedeckung ohne VA und ÜM von 527,4 % in 2023 auf 483,0 % in 2024 reduziert. Dabei variieren die Ergebnisse der einzelnen Unternehmen recht deutlich. Ein sehr hoher Wert kann in der Krankenversicherung auch bedeuten, dass es für einen Anbieter gilt, eine schlechte Risikosituation innerhalb und zwischen den Tarifwerken zu kompensieren.
Für den Umbau des Geschäfts gemäß der Solvency II-Vorgaben dürfen die Versicherer zwar Übergangsmaßnahmen nutzen. Diese laufen im Jahr 2032 aus, was die Branche unter Zeitdruck setzt. Sieben Jahre erscheinen zunächst als ein recht langer Zeitraum. Doch es gilt Milliardenbestände umzuschichten und das braucht Zeit. „Ob die anstehenden Herausforderungen, sei es auf weltpolitischer, demografischer, regulatorischer oder zinstechnischer Ebene, von allen Anbietern bewältigt werden können, ist zweifelhaft. Insofern dürfte die Konsolidierung vor allem unter den Lebensversicherern nicht nur anhalten, sondern sich weiter beschleunigen“, prognostiziert Michael Franke.
Trendumkehr der LV-Beitragseinnahmen
Neben den Bedeckungsquoten enthält die Auswertung auch Übersichten zu den verdienten Beitragseinnahmen. In der Lebensversicherung beliefen sich die verdienten Bruttobeiträge gemäß SFCR-Berichten im Jahr 2024 auf 90,46 Mrd. € (Vorjahr 87,73 Mrd. €). Das entspricht einem Plus von 3,1 %; und nach drei Jahren in Folge mit rückläufigen Beitragseinnahmen der erhofften Trendumkehr. 40 Gesellschaften gelang es die Beitragseinnahmen zu steigern, sieben Anbieter lagen mit Veränderungen zwischen +1,0 % und -1,0 % in etwa auf Vorjahresniveau und 29 Versicherer verloren zwischen -2,0 und -33,8 %. Relativ betrachtet brachen die Beitragseinnahmen bei der BL die Bayerische um 33,8 % auf 408,7 Mio. Euro € am deutlichsten ein. Ausschlaggebend dafür war laut SFCR-Bericht der BL im Wesentlichen der Rückgang aus den Altersvorsorgeprodukten gegen Einmalbeitrag. Dahinter folgen die Cosmos mit einem Rückgang von 17,8 % auf 1,40 Mrd. €, die im Run-Off befindliche Frankfurter (-14,8 %), R+V a.G. (-11,5 %) und Ideal (-11,1 %).
Mit einem Plus von 315,3 % auf 337,03 Mio. € deutlich zulegen konnte hingegen die seit dem 1. Juli 2024 wieder mit aktiven Neugeschäft agierende und unter neuem Namen auftretende BY die Bayerische Vorsorge, ehemals BBV. Ebenfalls deutlich im Plus war die noch neue Signal Iduna AG (46,6 %), myLife (30,2 %), VPV (24,5 %), Dortmunder (21,0 %) und HanseMerkur (20,3 %).
Die privaten Krankenversicherer haben im Jahr 2024 ihre verdienten Bruttobeiträge um 4,3 % auf 50,49 Mrd. € gesteigert. Auch in der Gesundheitsvorsorge haben die einzelnen Marktteilnehmer an dem Zuwachs einen sehr unterschiedlichen Anteil. Auf die Beitragsentwicklung der PKV-Anbieter wirken mehrere Einflussfaktoren. Neben Kündigungen, Neuabschlüssen und Tarifwechseln innerhalb der privaten Krankenversicherung, wirken sich auch Übertritte zur und von der gesetzlichen Krankenversicherung, Geburten, Todesfälle und natürlich die oft kritisierten Prämienanpassungen auf die Entwicklung der Beitragseinnahmen aus. Welche Anteile diese Variablen an den Prämien der einzelnen Versicherer haben, lässt sich den SFCR-Berichten nicht entnehmen. Ottonova, als jüngste Gesellschaft, wuchs ausgehend von einem niedrigen Niveau mit 33,2 % relativ am stärksten. Unter dem Top-Dutzend mit über einer Milliarde Euro Beitragseinnahmen konnten die Hallesche (7,6 %), Huk-Coburg (5,7 %), Barmenia (5,6 %), HanseMerkur (4,9 %), Debeka (4,7 %) und Signal Iduna (4,3 %) die Bruttobeiträge relativ am deutlichsten steigern.
Verantwortlich für den Inhalt:
Franke und Bornberg GmbH, Prinzenstraße 16, 30159 Hannover, Telefon +49 (0) 511 357717 00, Telefax +49 (0) 511 357717 13, www.franke-bornberg.de