Europäischer Rechnungshof bestätigt das Scheitern des Paneuropäischen Pensionsproduktes und rügt EU-Kommission und EIOPA

Am Mittwoch wurden in Berlin die Bundestagsausschüsse besetzt, in denen die maßgebliche gesetzgeberische Arbeit des Parlaments erfolgt. Die neue Bundesregierung ist damit endgültig handlungsfähig und die anzupackenden Arbeitsthemen drängen sich auf.

Die Deutsche Rentenversicherung hat gestern erneut darauf hingewiesen, dass die Altersvorsorge dringender Reformen bedarf und ein Weiter-so fatal wäre. Wir haben hier kein Erkenntnisproblem, sondern es mangelt seit Jahren an der Umsetzung.

Die vorausgegangenen Legislaturperioden litten darunter, dass jeglichen Reformen der 2. und 3. Säule der Altersvorsorge davon abhängig gemacht wurden, dass man sich auf Reformen der gesetzlichen Rente verständigt, welche gerade von der SPD lediglich als Festschreibung aller Stellgrößen bis in die ferne Zukunft verstanden wurde.

Martin Klein, Geschäftsführender Vorstand des VOTUM Verbandes: „Diesen Fehler darf von der neuen Bundesregierung nicht wiederholt werden. Für die notwendigen Reformen in der 2. und 3. Säule liegen mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz II und dem pAV-Reformgesetz zwei Gesetzesentwürfe vor, bei denen mit wenigen Änderungen die notwendigen Reformen umgesetzt werden können. Hier heißt das Gebot der Stunde daher eindeutig 2. und 3. Säule vor der 1.. Ein solch mutiges reformerisches Handeln würde der neuen Regierung auch die Zeit geben, sich in der Rentenkommission auf echte und zukunftsweisende Änderungen verständigen zu können, insbesondere eine teilweise Kapitaldeckung zu implementieren.“

Europa bietet aktuell keine Lösung

Die Regierung muss auch deshalb voranschreiten, da sie auf diesem Gebiet aus Europa keine schnellen Impulse erwarten kann. Dies zeigt der heute veröffentlichte Sonderbericht des europäischen Rechnungshofs zum Ausbau der zusätzlichen Altersvorsorge in der EUklar auf. Schon mit der Überschrift fasst dieser sein eindeutiges Ergebnis zusammen: „EU-Maßnahmen tragen nicht wirksam zur Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge und zur Etablierung des Paneuropäischen Privaten Pensionsprodukts bei“.

Der Rechnungshof stellt hier sowohl der EU-Kommission als auch der Versicherungsaufsicht EIOPA ein versetzungsgefährdendes Zeugnis aus: „Der Hof kommt zu dem Schluss, dass die Kommission und die EIOPA – vor dem Hintergrund der ihnen übertragenen Verantwortung- bislang keine Maßnahmen ergriffen haben, die wirksam dazu beigetragen hätten, dem Binnenmarkt für die betriebliche Altersvorsorge zu vertiefen, die Rolle grenzüberschreitender Einrichtung der betrieblichen Altersvorsorge  (EbAV) zu stärken oder ein Paneuropäisches Privates Pensionsprodukt zu entwickeln“ (Ziffer 109).

Der VOTUM Verband hatte bereits zur Einführung des PEPPs darauf hingewiesen, dass es ein Irrweg ist, wenn der europäische Gesetzgeber mit Unterstützung der Aufsicht meint, der bessere Produktentwickler zu sein und auf diesem Weg die soziale Marktwirtschaft in eine Planwirtschaft zu überführen. Der Versuch ist krachend gescheitert. Die EU-Kommission hatte als Zielmarke für 2030 ein Anlagevolumen von 700 Milliarden Euro ausgegeben. Hiervon wurden bisher von dem einzigen Anbieter finax nur etwa 50 Millionen Euro erreicht. Dies entspricht einer Zielerfüllungsquote von lediglich 0,007%.

Der Rechnungshof äußert sich hierzu mit unmissverständlicher Klarheit: „Das von der Kommission vorgeschlagene Paneuropäische Private Pensionsprodukt (PEPP) hat sich weder als alternative Möglichkeit zur Altersvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger der EU erwiesen noch das Interesse von Anbietern geweckt. Dies ist in erster Linie auf Fehlen von steuerlichen Anreizen, die Kostenobergrenze von 1 % und vorhandene Alternativen zurückzuführen (Ziffer 110).“

Letztendlich ist der Bericht des Rechnungshofs ein erneuter Beleg dafür, dass mit einer Vielzahl von regulatorischen und aufsichtsrechtlichen Maßnahmen in der EU ein ausuferndes bürokratisches Regelwerk geschaffen worden ist, jedoch das Ziel klar verfehlt wurde.

Wenn es in der EU nicht gelingt, einheitliche steuerliche Anreize für betriebliche Altersvorsorgeprodukte zu entwickeln, die eine grenzüberschreitende Portabilität ermöglichen können, braucht man über die Fortentwicklung des PEPP tatsächlich nicht nachzudenken.

Martin Klein: „Die Bundesregierung kann daher nicht auf Europa warten oder von dort auf eine schnelle Verbesserung der privaten Altersvorsorge erhoffen. Sie kann nur aus den Fehlern, die in der EU gemacht worden sind, lernen und die Hinweise des Europäischen Rechnungshofs ernst nehmen. Auch bei den anstehenden Reformen der Betriebsrente und der Riester-Rente müssen daher klare steuerliche Anreize, Abkehr von renditeschädlichen Garantieverpflichtungen sowie umfassende Fördermaßnahmen im Vordergrund stehen. Darüber hinaus muss von unrealistischen Kostenobergrenzen Abstand genommen werden, da diese ansonsten dazu führen, dass der Markt kein Angebot entwickelt. Die Gesetzesentwürfe liegen vor. Es gibt daher keine Entschuldigung mehr dafür, die Arbeit nicht sofort aufzunehmen.“

Über VOTUM

Der VOTUM Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa e.V. ist der Branchenverband der unabhängigen Finanz- und Versicherungsvermittlungs-unternehmen mit Hauptsitz in Berlin. Als solcher vertritt VOTUM die Interessen seiner Mitglieder im Rahmen nationaler und europäischer Gesetzgebungsinitiativen und bietet eine Plattform zur perspektivischen Bewertung regulatorischer Rahmenbedingungen.

An die VOTUM-Mitgliedsunternehmen sind rund 100.000 unabhängige Versicherungs- und Finanzanlagenvermittler angebunden. Die Mitarbeiter und Kooperationspartner unserer Mitglieder beraten über 11 Millionen Verbraucher zu Fragen der Absicherung im Alter, der Vermögensbildung und des maßgeschneiderten Versicherungsschutzes.

Verantwortlich für den Inhalt:

VOTUM Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa e. V., Friedrichstraße 149, 10117 Berlin, Tel: +49 (0)30 28880718, www.votum-verband.de