Rauf, runter, rauf – viele US-Technologieaktien haben seit Beginn der zweiten Amtszeit von US-Präsident Donald Trump eine wahre Achterbahnfahrt hinter sich.
Inzwischen – nachdem zahlreiche der Titel wieder ihr Ausgangsniveau erreicht haben – schwanken die Kurse nicht mehr ganz so kräftig. Dennoch fragen sich viele Anleger, wie es nun weitergehen könnte.
Aktuelle Markteinschätzung von Nermin Aliti, Leiter Fonds Advisory der LAUREUS AG PRIVAT FINANZ
Was für eine Vernichtung von Vermögenswerten. Nach der Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, eine Vielzahl von Ländern mit willkürlichen, sehr hohen Zöllen zu belegen, gingen die Börsenindizes weltweit auf Talfahrt. Im Nu lösten sich Hunderte Milliarden an Börsenwert in Luft auf. Weil sich die USA und China in den Folgetagen mit immer höheren und geradezu absurden Zöllen überboten, China und das ebenfalls betroffene Taiwan aber die wichtigsten Lieferanten von Halbleitern weltweit sind, waren die Technologie-Titel in den USA besonders stark betroffen. So verlor der US-Technologieindex Nasdaq 100 in den Tagen nach den Zollankündigungen Trumps mehr als 13 Prozent seines Wertes. Seit seinem letzten Höchststand hatte er damit insgesamt mehr als 23 Prozent verloren.
Mittlerweile hat sich die Lage aber wieder ein wenig beruhigt. Vor allem seit sich die USA und China am 11. Mai auf ein Zollmoratorium für 90 Tag einigten, ging es an der Technologiebörse steil aufwärts. Wer im Crash seine Tech-Aktien verkauft hat, dürfte sich daher heute schwarzärgern, weil er die anschließende Rally verpasst hat. Anleger, die bereits wieder eingestiegen sind oder noch einsteigen wollen, fragen sich hingegen, ob der Albtraum vorbei ist – und wie es mit den US-Technologieaktien nun weitergeht? Lohnt es sich noch, einzusteigen? Sollten Gewinne lieber mitgenommen werden? Oder sollten Anleger nun besser, so wie einst von Börsenikone André Kostolany empfohlen, Schlaftabletten nehmen und ihr Depot über Jahre keines Blickes würdigen?
Reinigendes Gewitter
Dass diese Fragen nicht einfach zu beantworten sind, liegt in der Natur der Sache. Aber: Schon lange vor Trumps Zoll-Furor argwöhnten zahlreiche Analysten und Fondsmanager, dass die US-Technologiewerte nach dem Hype um Künstliche Intelligenz (KI) klassischen Bewertungsmaßstäben weit entrückt seien. Kritiker dieser Sicht betonten hingegen unverdrossen, die Aktienkurse seien gemessen am gigantischen Geschäftspotenzial von KI-Anwendungen weiterhin fair bewertet – und böten noch erhebliches Aufwärtspotenzial. Diese Markteinschätzung erhielt jedoch einen kräftigen Dämpfer, als mit Deepseek Ende Januar eine chinesische KI die Bühne betrat, die zu den US-Modellen konkurrenzfähig ist, aber deutlich geringere Kosten beim Trainieren der künstlichen Intelligenz verursacht. Die Aussicht auf neue Konkurrenz aus China sorgte zunächst für Verunsicherung und belastete die Kurse zahlreicher US-Techwerte spürbar. In der Folge gewannen jedoch auch positive Aspekte an Gewicht: Einige Marktteilnehmer sahen in der technologischen Weiterentwicklung und Kostenoptimierung ein Signal für die zunehmende Skalierbarkeit von KI-Anwendungen – was langfristig als Rückenwind für die gesamte Branche interpretiert wurde. Die Zollankündigungen von Donald Trump verschärften die Abwärtsbewegung an den Märkten jedoch erneut und schickten viele Titel weiter auf Talfahrt.
Die kräftige Nasdaq-Korrektur sorgte auch dafür, dass die zum Teil kräftigen Überbewertungen etwas zurückkamen. Es war quasi ein reinigendes Gewitter, dem wieder eine Sonnenschein-Phase folgen konnte. Dank des Zollmoratoriums müssen die Technologiewerte nun vorerst nicht mehr mit Importschranken und höheren Kosten für ihre Versorgung mit Halbleitern und IT-Hardware kalkulieren, ihre Geschäftsperspektiven haben sich deutlich aufgehellt. Entsprechend ist die Nasdaq wieder in etwa auf die vorherigen Niveaus gestiegen: Vom Tiefpunkt am 8. April ging es innerhalb von sechs Wochen um rund 25 Prozent nach oben.
US-Technologieaktien bleiben für Anleger attraktiv
Doch Vorsicht: Noch weiß niemand, was passiert, wenn das Zollmoratorium im August endet. Der Trump-Administration und der chinesischen Regierung ist zuzutrauen, dass sich beide Seiten erneut mit gegenseitigen Zollerhöhungen den Handelskrieg erklären. Andererseits ist es mindestens ebenso wahrscheinlich, dass sich die USA und China im Handelsstreit einigen und die US-Industrie mit weniger schlimmen Belastungen zu kämpfen hat als zunächst befürchtet. US-Techaktien gänzlich abzuschreiben, wäre daher wohl nicht allzu klug.
Diversifikation ist und bleibt das A und O
Zusammengenommen sind die Perspektiven für US-Techwerte aktuell eher positiv. Zumal zahlreiche US-Technologieunternehmen häufig weltweit führend in ihrem Metier sind – und das sowohl technologisch als auch nach Marktanteilen. Daher verfügen viele US-Technologiekonzerne auch über eine Preissetzungsmacht, die es ihnen erlaubt, steigende Kosten an die Kunden weiterzugeben. Auch sind sie in der Regel nicht allein abhängig vom zukunftsträchtigen KI-Geschäft, sondern verdienen den Großteil ihrer Einnahmen mit etablierten Produkten wie Bürosoftware, Suchmaschinen, Smartphones, Social Media oder Elektroautos. Hinzu kommt: Viele dieser Unternehmen verfügen über enorme Liquiditätsreserven, die es ihnen ermöglichen, diese entweder über verschiedene Varianten an die Aktionäre auszuschütten oder kontinuierlich in Forschung und Entwicklung zu investieren – ein entscheidender Wettbewerbsvorteil in einem innovationsgetriebenen Umfeld. Kurzum: Viele US-Technologiekonzerne überzeugen durch ihre guten Produkte, hohe Marktanteile, attraktive Margen und die Fähigkeit, zukünftige Wachstumspotenziale frühzeitig erschließen zu können.
Auf der anderen Seite gilt: Wer einen langfristigen Vermögensaufbau anstrebt und dabei die Risiken reduzieren und die Chancen maximieren möchte, sollte seine Ersparnisse stets auf viele verschiedene Anlageklassen wie Aktien, Rohstoffe, Anleihen oder alternative Investments verteilen und niemals alles auf eine Karte setzen. Allzu hoch sollte daher auch nicht der mögliche Depotanteil von US-Technologiewerten ausfallen.
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