Marktkommentar von Christian Bender, CEFA, SIGNAL IDUNA Asset Management GmbH

 

Die Inflation hat sich weltweit etabliert – aber in unterschiedlicher Ausprägung. Unterschiedlich fallen auch die zu beobachtenden Reaktionen der Notenbanken und ihre Kommunikation aus. Gerade letztere nimmt auch Einfluss auf die Entwicklung der Wechselkurse der einzelnen Währungspaare. Denn die Marktteilnehmer versuchen, bei der Währung dabei zu sein, die am ehesten die Chance auf – reale – Aufwertungen bzw. Gewinne bietet. Wer also wird die Inflation in den Griff bekommen?

Die FED schafft sich bereits Spielraum für künftige Zinssenkungen

Am beherztesten geht – zumindest was die Größe und Frequenz der Zinsschritte in diesem Jahr anbelangt – die US-amerikanische Notenbank vor. Der jüngste Zinsschritt um erneute 0,75 % vermittelt den Eindruck, dass die FED sich schnellstmöglich nach oben arbeiten will. Damit sendet sie nicht nur in puncto Inflationsbekämpfung deutliche Signale hinsichtlich ihrer Ernsthaftigkeit. Darüber hinaus steckt sie sich bereits für die nähere oder auch fernere Zukunft Pfeile in den Köcher, wenn es darum gehen wird, einem schwächelnden Arbeitsmarkt bzw. einer über Gebühr einbrechenden Konjunktur mit Zinssenkungen psychologisch wie materiell entgegenzutreten. Und die Kommunikation lässt bereits heute explizit vernehmen, dass die nächsten Zinsschritte bevorstehen.

Eher zögerlich tritt die EZB auf. Über Jahre hinweg hatte diese sich in einer Forward-Guidance geübt, die Marktteilnehmern das Gefühl vermittelte, man würde sie als Partner begreifen und ihnen nicht überraschend auf die Füße treten. Doch die Guidance kam an ihre Grenze, als sich die Inflationszahlen dem Gesundbeten aus Frankfurt entzogen, unkontrollierbar nach oben schossen und sich auf den neuen Niveaus einzurichten begannen. So wurde die Forward-Guidance über Nacht zu Grabe getragen. Gleichzeitig wurde angekündigt, die bestehenden Ankaufprogramme für Staatsanleihen schneller auslaufen zu lassen als gedacht. Doch nur wenige Wochen später die – faktische – Kehrtwende: Wohl wurden die bestehenden Ankaufprogramme beendet – aber dafür wurde das neue „Transmission Protection Instrument“ (TPI) mit noch flexibleren, politisch leichter instrumentalisierbaren Bedingungen ausgestattet.

Auch Nachbarn gewinnen an Vertrauen – zumindest relativ

Hätte die EZB nicht im selben Atemzug alle relevanten Zinssätze um 0,5 % erhöht und damit unter anderem den negativen Einlagenzins beendet, wäre der seit Monaten fallende Außenwert des Euros zum US-Dollar endgültig unter die Parität gerutscht. Denn die Wechselkurse sind nicht zuletzt ein Ausdruck der relativen Entwicklung des Vertrauens in Wirtschaft und Politik der beiden hierüber jeweils verbundenen Nationen bzw. Währungsräume. Und das Vertrauen in die EZB bzw. Europa erodiert so besehen seit geraumer Zeit stärker als das in die FED bzw. USA.

Trotzdem hätte das den einen oder anderen Politiker diesseits des Atlantiks nicht weiter gestört. Denn niedrige Wechselkurse gelten auch als konjunkturelle Stimulanz, da sie den Export erleichtern. Allerdings ist diese Unterstützung nicht zwingend notwendig, wie ein Blick in die Schweiz und auf den Außenwert des Schweizer Franken zeigt. Dieser notierte noch im August 2008, am Vorabend der Finanzmarktkrise, 60 Prozent schwächer gegenüber dem Euro als heute. Gemessen an den wirtschaftlich relevanten Kennziffern stehen die Eidgenossen gleichwohl besser da als ihre europäischen Nachbarn – bis hin zu niedrigeren Inflationsraten.

Die Schweizer Nationalbank (SNB) hat dieses Jahr dennoch gehandelt – und bereits vor der EZB überraschend die Zinsen erhöht. Die SNB unterstreicht damit, dass sie Preisstabilität als ihre Kernkompetenz begreift. Der Franken hat deshalb weiter gewonnen – auch über die Zinserhöhung der Frankfurter Kollegen hinweg. Das gleiche gilt selbst für die Briten und ihr Pfund – obwohl die Insulaner nicht nur einen in seiner Plötzlichkeit dann doch unerwarteten Wechsel an der Regierungsspitze bewerkstelligen müssen, sondern auch an den Folgen des Brexits zu knabbern haben sollten.

Diversifikation bei Währungen bleibt zwingend

Fremdwährungen sein Eigen zu nennen, ist also und bleibt voraussichtlich das Gebot der Stunde für uns in Euro rechnende Investoren. Da Devisenhaltung für sich genommen allerdings ein hohes spekulatives Moment innewohnt, ist die Verbindung mit einem Aktien- oder Anleihen-Investment die substanziellere Form: Die Beteiligung an unternehmerischen Perspektiven und Zinszahlungen solventer Schuldner sorgt für den langfristigen Ertrag. Gerade in diesem Jahr haben sich dabei die Währungseffekte als heilende Komponente erwiesen, da sie die durch die Kehrtwende in der Zinspolitik beförderten Wertminderungen der eigentlichen Assetklassen zumindest in Teilen ausgleichen konnten. Dass das auch in der zweiten Jahreshälfte der Fall sein kann, dafür spricht die Inflation. Diese wird die Notenbanken noch zu der einen oder anderen Zinsanhebung treiben. Darüber wird die EZB leider kaum vom Zauderer zum Führer werden – mit allen Konsequenzen für den Außenwert und die Kaufkraft des Euros.

 

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