Kommentar von Luca Beldi, Portfoliomanager bei TwentyFour Asset Management

Am vergangenen Freitag wurde die letzte Umfrage vor den italienischen Parlamentswahlen veröffentlicht, die am 4. März stattfinden werden. Das Bild, das sie malt, ist eines von mehreren offenen Szenarien, bei denen 30 bis 40% der Wähler noch unentschieden sind.

Die derzeit an der Macht befindliche Mitte­Links­Koalition unter der Führung des ehemaligen Premierministers Matteo Renzi scheint dazu verdammt zu sein, in die Fußstapfen der sozialistischen Parteien Frankreichs und Deutschlands zu treten. Ihr Stimmanteil wird dabei auf nur 29% geschätzt und ist damit weit von den 40% entfernt, die für die Bildung einer Regierung erforderlich sind.

Wer wird also das vierte und bald (nach Brexit) das drittgrößte Land nach BIP in der EU anführen?

Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass keine der Koalitionen, die derzeit um die Macht ringen, genügend Sitze für eine stabile Regierung gewinnen wird, so dass eine Pattsituation im Parlament höchstwahrscheinlich ist. In diesem Fall könnte entweder eine Übergangsregierung wie die derzeitige gebildet werden oder es könnten zwei sehr unterschiedliche Parteien einen Mittelweg finden. Theoretisch könnte sich die Mitte­Linksbewegung mit der Rechten zusammenschließen, oder, noch radikaler, die Fünf­Sterne­Bewegung könnte Unterstützung bei den rechtsextremen Parteien finden.

Es ist schwierig zu sagen, ob diese Ergebnisse realistische Möglichkeiten darstellen, da die Wähler auf beiden Seiten mit keiner dieser beiden Optionen übermäßig zufrieden sein dürften.

Ein weiteres Szenario, das von den meisten unterschätzt worden sein dürfte, ist ein glatter Sieg der Mitte­Rechts­ Parteien. In den Umfragen sind sie nur noch wenige Prozentpunkte davon entfernt, die absolute Mehrheit der Sitze zu erreichen. Die kombinierte Anziehungskraft des ehemaligen Premierministers Silvio Berlusconi und der Partei der immigrationsfeindlichen Lega Nord könnte sie angesichts der Zahl der noch unentschlossenen Wähler, vor allem im Süden des Landes, an die Spitze bringen. Darüber hinaus könnte der enge Wettbewerb innerhalb der rechten Koalition die größte Überraschung bei diesen Wahlen sein. Berlusconis Partei und Salvinis fremdenfeindliche Lega sind in den Umfragen gleichauf, und sollte sich bei der Wahl letztere als die größte Partei der Koalition herausstellen, könnte sich Italien als das größte, moderne westliche Land erweisen, das einen rechtsextremen Premierminister wählt.

Auch wenn es nach Bekanntgabe der Wahlergebnisse zu einer gewissen Volatilität kommen könnte, insbesondere im Falle eines Triumphes der Lega Nord, so ist es doch am wahrscheinlichsten, dass es in diesem Wahlgang wirklich nicht viel geben sollte, worüber man sich übermäßig freuen könnte. Unser Basiszenario geht von einer Regierung der Großen Koalition ohne eine große Persönlichkeit im Fahrersitz aus, die die gleiche grundsätzliche politische Haltung der letzten Jahre beibehält und die Wahrscheinlichkeit von verfassungsmäßigen, sinnvollen Wirtschafts­ oder Arbeitsreformen verringert. Damit hätten die Wahlen nur geringe kurzfristige Auswirkungen auf die Kreditmärkte, aber möglicherweise könnte sich hierdurch langfristig die Produktivität von Italien verschlechtern.

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