In seinem neuen Marktkommentar erklärt Erik Knutzen, Chief Investment Officer Multi-Asset Class bei Neuberger Berman, welche Auswirkungen ein eskalierender Zollkrieg zwischen den USA und Europa auf das globale Wirtschaftswachstum haben könnte.

 

Die Einführung eines 25-prozentigen Zolls auf europäische Autos ließe die Kosten der Hersteller steigen und der damit einhergehende Nachfrageschock könnte das gesamte Weltwirtschaftswachstum schwächen.

Sturmwarnungen über dem Atlantik: Zollkonflikt zwischen USA und Europa droht zu eskalieren

  • Ängste um Zollkonflikt zwischen USA und Europa steigen
  • Im Mittelpunkt steht Europas Automobilindustrie: US-Zölle könnten Weltwirtschaftswachstum um bis zu einem halben Prozentpunkt schwächen
  • „Selbst ein komplett ungeordneter Brexit würde kaum einen derartigen Schaden anrichten“

Obwohl nicht alle Risiken, die es auf die Titelseiten der Zeitungen schaffen, tatsächlich Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum und die Inflation haben, kommt es bisweilen vor, dass ein weltpolitisches Thema die Märkte ernsthaft bedroht. 2018 war dies vor allem der eskalierende Handelskonflikt zwischen den USA und China, der gleichzeitig mit einem Abschwung in China zusammenfiel.

Dieser Handelskonflikt scheint sich momentan zu beruhigen. Doch es ist zu befürchten, dass Europa und der riesige global vernetzte Automobilsektor zum nächsten Ziel der Trump’schen Handelspolitik werden könnten. Diese Befürchtungen verfestigten sich letzte Woche und über dem Atlantik könnte sich jetzt ein Sturm zusammenbrauen.

Erfreuliches…

Es ist zunehmend davon auszugehen, dass die expansivere Haltung der führenden Notenbanken und die sich abzeichnende Stabilisierung der chinesischen Konjunktur eine weiche Landung in den USA und ein wieder stärkeres Wirtschaftswachstum in anderen Ländern möglich machen können.

Vor zwei Wochen lösten die guten chinesischen Einkaufsmanagerindexdaten (PMI) einen neuen Aufschwung risikoreicher Titel aus. Die Handels- und Automobilabsatzzahlen von letzter Woche sprechen zwar für eine noch immer zurückhaltende Binnennachfrage, doch beim Economic Surprise Index der Citigroup ist China jetzt eines der wenigen Länder mit einem positiven Wert. Und als der Internationale Währungsfonds jüngst seine neuen BIP-Prognosen für 2019 vorlegte, war China die einzige große Volkswirtschaft, deren Wachstumsausblick nach oben revidiert wurde, auf 6,3 Prozent. Zugleich äußerten sich US-Regierungsvertreter optimistisch bezüglich einer für beide Seiten akzeptablen Vereinbarung zum Außenhandel und geistigen Eigentums.

… und weniger Erfreuliches

Doch die neuen Risiken für Europa brachten die Kursrallye letzte Woche zum Stillstand. Diesmal waren es aber nicht die üblichen Verdächtigen, weder der Brexit oder Italien noch die Wahlerfolge der Populisten oder die Nachfolgeregelungen für Mario Draghi. Auch nicht Angela Merkel, kein katalanischer Separatismus und keine Gelbwestenproteste in Frankreich.

Es war die Wiederkehr einer 15 Jahre alten Beschwerde der USA über europäische Airbus-Subventionen, mit neuer Vehemenz. Die USA zitierten die Welthandelsorganisation mit der Aussage, die Subventionen hätten „negative Auswirkungen auf die USA“ gehabt – und drohten Importzölle auf europäische Güter im Wert von 11 Milliarden US-Dollar an, sollten die Subventionen beibehalten werden.

Dies ist eigentlich keine große Sache, wenn man nicht gerade mit Käse, Wein oder Skianzügen handelt – abgesehen von Flugzeugen und Motorrädern finden sich auch diese Produkte auf der Liste betroffener Waren. Doch die Europäische Union hat das Thema aufgebauscht, indem sie über Vergeltungszölle sprach. Und es könnte tatsächlich noch größer werden, wenn sich im sogenannten Section-232-Bericht des US-Handelsministeriums über Automobilimporte ein Hinweis darauf findet, dass europäische Autobauteile ein Sicherheitsrisiko für die USA darstellen. Der Bericht wurde dem Weißen Haus im Februar vorgelegt, aber noch nicht veröffentlicht.

Dies würde Zöllen Tür und Tor öffnen. Ein 25-prozentiger Zoll auf europäische Autos und Automobilteile hätte sofort weltweite wirtschaftliche Folgen. Die Kosten der Automobilhersteller könnten um acht Prozent steigen – und der damit einhergehende Nachfrageschock könnte das Weltwirtschaftswachstum um bis zu einem halben Prozentpunkt schwächen.

Selbst ein komplett ungeordneter Brexit würde kaum einen derartigen Schaden anrichten.

Erwarten wir nun, dass der Sturm losbricht?

Nein, tun wir nicht. Das Asset Allocation Committee von Neuberger Berman bleibt bei einer leichten Übergewichtung Europas. Wir gehen davon aus, dass die Fortschritte in China letztlich auch anderen Exportnationen wie Deutschland und Italien helfen. Die EU-Minister haben der Europäischen Kommission gerade grünes Licht für Handelsgespräche mit den USA gegeben. Vielleicht kommt es dann auch zu einer verbalen Abrüstung.

Dennoch sollten Anleger vor Risiken und Volatilität gewarnt werden. Auf die Frage, welche politischen Risiken die größten sind, steht jetzt der Handelskonflikt der US-Administration und dem europäischen Automobilsektor weit oben. Der Konflikt mit China rückte dafür in den Hintergrund. Weitere Marktrisiken sind außerdem schwache Unternehmensgewinne im ersten Quartal, neue enttäuschende Zahlen aus China oder anderen Ländern und die allgemeine Nervosität zum Ende eines Konjunkturzyklus.

 

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