Banken stehen von zwei Seiten unter Druck

 

Gute Rendite, geringes Risiko und hohe Liquidität allein reichen Anlegern nicht mehr. Auch das grüne Gewissen soll beruhigt werden. Aber obwohl das Interesse groß ist, haben bislang erst 14 Prozent der Deutschen in nachhaltige Geldanlagen investiert. 83 Prozent wünschen sich, dass Banken dazu verpflichtet werden, ihre Kunden aktiv zum Thema nachhaltige Produkte zu beraten. Dies zeigt eine bevölkerungsrepräsentative Studie, für die die Unternehmensberatung Cofinpro mehr als 1.000 Bundesbürger ab 18 Jahren befragte. Diesem Wunsch kommt die Kommission der EU bald nach – und setzt damit die Anbieter zusätzlich unter Druck.

“Zu erwarten ist, dass Anbieter ihre Kunden ab 2020 verpflichtend auf nachhaltige Investments hinweisen müssen. Mit den Ergänzungen zur EU-Anlegerschutzrichtlinie MiFID II verfolgt die EU das Ziel, Investitionen in ein ökologisch nachhaltiges Wirtschaftssystem zu stärken”, sagt Cofinpro-Expertin Melanie Konrad. “Nachhaltigkeit wird damit neben Sicherheit und Rendite ein größeres Gewicht zugesprochen.” Banken sollten jedoch nicht warten, bis die neuen Bestimmungen in Kraft getreten sind, sondern jetzt bereits auf Anlegerwünsche reagieren, passende Produkte zusammenstellen und Erfahrungen sammeln. Die aktuellen Richtlinienergänzungen zur Geeignetheitsprüfung empfehlen ebenfalls, diese nicht-finanziellen Kundenpräferenzen proaktiv zu berücksichtigen.

Die Cofinpro-Studie belegt ein aus Investorensicht aufrichtiges Interesse an nachhaltigen Geldanlagen. 48 Prozent der befragten Studienteilnehmer gaben sogar an, auf Rendite zu verzichten, wenn nachhaltig investiert wird. “Im Beratungsgespräch sollte dieses Thema deshalb nicht länger vernachlässigt werden. Vor allem bei jungen Anlegern trifft es immer mehr den ‘Lifestyle’, neben Ökostrom oder Bio-Lebensmitteln auch bei der Geldanlage auf ein grünes Gewissen zu setzen”, so Konrad. “Banken stehen damit von zwei Seiten unter Zugzwang: Sie müssen den Auflagen des Regulierers gerecht werden und zeitgleich stärker auf die Interessen des Kunden eingehen.”

Aktuell spielt das Thema Nachhaltigkeit in vielen Instituten noch eine untergeordnete Rolle. Einen Grund dafür macht Konrad in fehlenden einheitlichen Standards aus. Wenige Institute haben bisher einen eigenen Standard definiert und diesen beispielsweise in ihren Beratungsprozess integriert. Für diese “First Mover” gilt es zu prüfen, inwieweit ihre Prozesse konform mit dem Vorhaben der EU sind. Noch sei insbesondere nicht geklärt, wie Nachhaltigkeit gemessen wird. “Es gibt kein allgemeingültiges grünes Gütesiegel, auf das sich Berater und Kunden verlassen können”, räumt Konrad ein. “Zudem ist der Nachhaltigkeitsbegriff nicht einheitlich definiert, sodass unterschiedliche Ausprägungen und Schwerpunkte von nachhaltigen Anlageformen existieren.”

Die Branche braucht das EU-weit geltende Klassifikationssystem, das nun auf europäischer Ebene durch eine Expertengruppe erarbeitet wurde und in rechtliche Vorgaben einfließen wird.

Anhand harmonisierter Kriterien sollte sich beurteilen lassen, welche Tätigkeiten als ökologisch nachhaltig gelten: “Nachhaltig bezieht sich nicht allein auf eine ökologisch ausgerichtete Produktion. Auch soziale Aspekte und die Governance von Unternehmen fließen in die Klassifikation mit ein. Es muss einheitliche und vergleichbare Kriterien geben, damit Unternehmen nicht zu große Freiheiten bei ihren Angaben genießen. Sonst ist die Gefahr eines ‘Greenwashings’ gegeben”, so Konrad. Da weder Anleger noch Bankberater in Eigenregie die Angaben zur Nachhaltigkeit überprüfen können, müssen sie sich auf ein Gütesiegel verlassen können. “Dabei liegt die Kunst nun darin, Verständlichkeit und Praxistauglichkeit sicherzustellen, um aus der Nachhaltigkeitsbewegung nicht noch ein weiteres ‘Regulatorik-Monster’ zu machen”, sagt die Cofinpro-Expertin.

 

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