Bain-Studie zur digitalen Transformation der Kreditwirtschaft

 

Trotz hoher Investitionen profitieren bislang nur wenige europäische Banken ertrags- und kostenseitig im erhofften Umfang von der Digitalisierung

– Bei manchen Häusern ist lediglich jeder dritte Kunde für Online- und Mobile-Banking freigeschaltet

– Weniger als die Hälfte des Bankpersonals in Europa nutzt die hauseigenen Mobile-Services

– Werden Kunden und Mitarbeiter mobilisiert, führt dies zu den dringend erforderlichen Effizienzsteigerungen

Die europäischen Kreditinstitute haben in den vergangenen Jahren bis zur Hälfte ihrer Transformationsbudgets in digitale Projekte gesteckt. Doch der erhoffte Erfolg auf der Ertrags- und Kostenseite stellt sich vielerorts nur zögerlich ein. Je nach Bank ist teilweise nur ein Drittel der Kunden für das Online- und Mobile-Banking freigeschaltet. Und davon nutzt wiederum lediglich jeder Zweite regelmäßig die digitalen Zugangswege. Die Studie “As Banks Pursue Digital Transformation, Many Struggle to Profit from It” der internationalen Unternehmensberatung Bain & Company zeigt auf, warum sich das Kundenverhalten derart langsam ändert und wie Kreditinstitute die Migration beschleunigen können.

Banken müssen jetzt handeln

“Viele Banken haben sich bislang zu sehr auf den Ausbau ihrer digitalen Infrastruktur konzentriert und es versäumt, ihre Kunden und Mitarbeiter mit dem gleichen Engagement zu mobilisieren”, konstatiert Dr. Dirk Vater, Bain-Partner und Leiter der Praxisgruppe Banken in Deutschland, Österreich und der Schweiz. “Sie haben den Erfolgsfaktor Mensch unterschätzt.” Mittlerweile sind Mobile-First-Kunden in Deutschland, der Schweiz und in vielen anderen Ländern die loyalere und wirtschaftlich attraktivere Klientel. Für Branchenexperte Vater steht daher fest: “Die Banken müssen jetzt alles daransetzen, mehr Kunden für das Online- und vor allem das Mobile-Banking zu begeistern.”

Gelingen kann dies in zwei Wellen. Den Anfang machen Kommunikationskampagnen gerade über klassische Medien wie Print oder Fernsehen, um auch Kontoinhaber mit geringer Internetaffinität zu erreichen. Banken sollten dabei auf die Sicherheitsbedenken dieser Kunden eingehen. Einige Finanzhäuser überzeugen Skeptiker beispielsweise mit dem Versprechen, Verluste aus digitalem Betrug zu ersetzen. Vorreiter schaffen zudem finanzielle Anreize in Form von zumindest temporär kostenlosen digitalen Konten oder Rückvergütungen bei digitalen Zahlungsvorgängen.

Im Dialog Verständnis für den Wandel schaffen

“Wer seinen Kunden digitale Kanäle schmackhaft machen will, muss dafür genügend Zeit und finanzielle Mittel einplanen”, betont Bain-Partner und Bankenexperte Dr. Jens Engelhardt. “In der Vergangenheit waren viele Institute an dieser Stelle entweder zu ungeduldig oder zu zurückhaltend.” In einer zweiten Welle könnten Banken zu härteren Maßnahmen greifen, etwa für einzelne Dienstleistungen in den Filialen zusätzliche Gebühren verlangen.

Bei der Mobilisierung der Kunden spielen die Mitarbeiter eine entscheidende Rolle. Auch hier gibt es noch großes Potenzial. Denn nach Bain-Schätzungen nutzt bislang nicht einmal jeder zweite Bankangestellte in Europa die Mobile-Services des eigenen Hauses. Verständnis für den Wandel lässt sich nur im Dialog schaffen. Nimmt die Akzeptanz zu, wächst die Bereitschaft in der Belegschaft, sich weiter zu qualifizieren und neue Arbeitsweisen zu testen.

Organisatorische Hürden überwinden

In vielen Instituten gibt es organisatorische Hürden. “Banken propagieren das Mobile-Banking und untersagen beispielsweise die Verwendung privater Smartphones im Büro”, erklärt Branchenkenner Engelhardt. “Das versteht niemand und steht dem erfolgreichen Wandel im Weg.” Wer solche Hürden beseitigt und dabei die Beschäftigten einbindet, motiviert sie, die eigenen Mobile-Services zu nutzen.

Alle Kreditinstitute müssen handeln. “Wenn die Banken ihre Kunden nicht systematisch in die digitalen Kanäle migrieren und ihre Mitarbeiter mobilisieren, werden sie niemals die Früchte der digitalen Transformation ernten”, warnt Bain-Partner Dr. Vater. “Und das kann sich angesichts des Margendrucks kein Haus leisten.”

 

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