Analyse Policen Direkt: 30 Lebensversicherer können gesetzliche Reserven nicht primär bedienen

 

Bei 30 von 84 Lebensversicherern reichen die 2018 (2017: 39) erwirtschafteten Erträge aus der Kapitalanlage nicht aus, um die Garantieverpflichtungen zu erfüllen und die gesetzlich vorgeschriebene Reserve zu bedienen. Diese Unternehmen müssen dafür Erträge aus Risiko und Verwaltung in die Rechnung einbeziehen. Das zeigt die Policen Direkt-Analyse der aktuell veröffentlichten Zahlen zur Mindestzuführungsverordnung.

Nur ein Versicherer (2017: 5) schafft es auch mit Verwaltungs- und Risikogewinnen nicht, die Anforderungen zu erfüllen und zehrt damit von der Substanz. Die Reform der Zinszusatzreserve (ZZR) hat damit die erhoffte Wirkung gezeigt.

Garantieanforderungen um 24 Prozent gesenkt

„Die Zinszusatzreserve zur Absicherung der Garantien ist nützlich und sinnvoll. Für viele Versicherer wäre sie aber in der alten Form existenzbedrohend geworden,“ erklärt Henning Kühl, Chefaktuar von Policen Direkt und Versicherungsmathematiker (DAV). Ohne eine Änderung der Berechnungsmethode hätte der zusätzliche Kundennutzen durch die weiteren Reservierungen in keinem Verhältnis mehr zur zusätzlichen Belastung für die Versicherer gestanden. „Durch den nun langsameren Aufbau der Reserve haben die Lebensversicherer jetzt Luft, Strategien zur Verbesserung ihrer Zukunftsfähigkeit weiterzuentwickeln.“

Die Finanzstärke als Quote aus den Kapitalerträgen im Verhältnis zu den Rechnungszinsanforderungen hat sich nach der Anpassung auf durchschnittlich 114,03 Prozent verbessert (2017: 105,24 %). Nimmt man sämtliche Erträge in die Rechnung, dann ist die Steigerung noch deutlicher. Die Gesamt-Ertragsstärke verbessert sich so von 126,02 auf 141,75 Prozent. Ein Grund dafür: Lebensversicherer mussten statt 20 Milliarden Euro im Vorjahr lediglich 6 Milliarden Euro neu in die Reserve einzahlen.

Die Garantieanforderungen konnten so um rund 24 Prozent gesenkt werden auf den damit niedrigsten Stand seit 5 Jahren[1].

Ein weiteres Ergebnis der Analyse: Die Kennzahl der Finanzstärke alleine reicht nicht, um sichtbar zu machen, wie ein Lebensversicherer aktuelle Herausforderungen angeht. Der Markt ist längst weniger homogen als noch vor Beginn der Niedrigzinsphase. Mit Blick auf die Gesamt-Ertragsstärke wird klar, dass unter den 29 Gesellschaften, die über Risikogewinne und übrige Gewinne die Garantieanforderungen querfinanzieren, mittlerweile zahlreiche Biometriespezialisten sind – die zwar tendenziell geringere Kapitalerträge erwirtschaften, dafür aber vergleichsweise höhere Risikogewinne.

Welche Versicherer bei der Überschussbeteiligung 2020 überhaupt noch Spielräume haben

Die verbesserte Ertragslage spiegelt sich ebenfalls in der Überschussbeteiligung für 2019 wider, bei der der Abwärtstrend zumindest kurzzeitig unterbrochen werden konnte. Im Schnitt lag die laufende Verzinsung deutscher Versicherer dieses Jahr wie im Vorjahr bei 2,34 Prozent[2].

Einen starken Rückgang bei der Überschussbeteiligung erwartet Henning Kühl für 2020 nicht, auch wenn die Ertragslage sich erneut verschärfen sollte:

„Bei der Verzinsung sind die Gestaltungsmöglichkeiten weitgehend ausgeschöpft. Der Spielraum nach unten ist aufgrund der Garantieverzinsungen im Bestand bei den meisten Versicherern eng begrenzt.“ Henning Kühl stellt erneut klar: „Für den Großteil der Versicherer geht es auch mit der geringeren zusätzlichen Belastung durch die Zinszusatzreserve weiterhin darum, die garantierten Leistungsversprechen langfristig erfüllen zu können.“ Wer es schafft mit dem aktuellen Geschäft starke Erträge zu erwirtschaften, kann seinen Kunden darüber hinaus überdurchschnittliche Überschussbeteiligungen bieten. Das gilt auch für Gesellschaften von besonders starker Substanz.

Schnell-Check für Verbraucher: Was erwirtschaftet mein Lebensversicherer

Um in Zeiten der Unsicherheit auf die gestiegene Nachfrage der Versicherten nach transparenten Informationen zu reagieren, bietet Policen Direkt auch 2019 den Online-Schnell-Check an. Henning Kühl: „Jeder Versicherte findet hier deutliche Hinweise, wie sein Lebensversicherer wirtschaftet.“ Die Finanzstärke als erste Kennzahl sollte dauerhaft über 100 Prozent liegen. Mindestens aber sollte die Gesamt-Ertragsstärke über 100 Prozent liegen.

Hinweis: Ein negatives Kapitalergebnis darf mit einer anderen positiven Ergebnisquelle wie zum Beispiel den Risikogewinnen und Gewinnen aus Verwaltungskosten subventioniert werden.

Ertragslage alleine ist kein Grund für vorzeitige Beendigung des Vertrages

Fakt ist: einzelne Kennzahlen können ein umfassendes und qualifiziertes Rating nicht ersetzen. Gerade für Gesellschaften, die keine Ratings bestellen, liefern sie aber aufschlussreiche Einblicke, wie erfolgreich ein Lebensversicherer mit den Herausforderungen umgeht, die hohen garantierten Zinsverpflichtungen zur erfüllen und sich gleichzeitig zukunftsfähig aufzustellen. Dies gilt vor allen Dingen für die Kombination der Angaben zu den Ertragsquellen mit weiteren Veröffentlichungspflichten wie den Solvenzberichten inklusive der Solvenzquoten. Wer wissen will, ob sein Versicherer auch transparent und aussagekräftig über den tatsächlichen Wert der Lebensversicherung informiert, sollte sich auch die Transparenzstudie zu den Standmitteilungen ansehen.

Die Policen Direkt-Studien und Analysen finden sich unter www.policendirekt.de/studien

Kühl: „Sämtliche Transparenzpflichten gelten für Erstversicherer wie auch für Run-off-Versicherer und werden weiter an Bedeutung gewinnen.“ Policen Direkt beobachtet, dass viele Kunden aufgrund der Nachrichtenlage eine Kündigung ihrer Police in Betracht ziehen. Eine Verschlechterung der Finanzstärke stellt für sich genommen keinen hinreichenden Grund für die vorzeitige Beendigung des Vertrages dar. „Wenn Lebensumstände es aber erfordern, dann ist in jedem Fall der Verkauf der Police auf dem Zweitmarkt, bei Anbietern wie Policen Direkt, die beste Alternative“, erklärt Henning Kühl.

Der Online-Schnell-Check von Policen Direkt:

Policen Direkt hat die Übersichtstabellen zur Mindestbeteiligung der Versicherten an den Erträgen zusammengestellt. Sämtliche Lebensversicherer müssen diese Pflichtangaben nach Mindestzuführungsverordnung (MindZV §15) bis spätestens Ende September des Folgejahres veröffentlichen. Bei Policen Direkt finden Kunden und Makler die Daten der vergangenen fünf Jahre und können damit – anders als auf der Website des Versicherers – mögliche Trends im zeitlichen Verlauf erkennen.

Die Tabellen stehen auf www.policendirekt.de/ertragslage zur Verfügung.

 

[1] Seit 2014 besteht die gesetzliche Pflicht zur Veröffentlichung der Ertragslage.

[2] Vgl. Policen Direkt-Analyse der Gewinnbeteiligungen unter www.policendirekt.de/studien

 

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