Die Schwellenländermärkte hatten es in jüngster Vergangenheit nicht leicht:

 

Der Handelskrieg zwischen den USA und China, Währungsschocks durch die Aufwertung des US-Dollars und das Zurückfahren der lockeren Geldpolitik der Notenbanken trübten 2018 den Blick. Das Jahr 2019 stand folglich im Zeichen eines schwachen Wachstums, das durch die anhaltenden Diskussionen zwischen den USA und China beeinträchtigt wurde. Zusätzlich bremsten verschiedene Entwicklungen in Ländern wie Indien, Brasilien, Mexiko, Argentinien oder Südafrika die Märkte aus. Für 2020 erwarten die Experten von AXA Investment Managers (AXA IM) nun zumindest eine gewisse Erholung.

Grund hierfür ist zum einen die zunehmend proaktive Politik. Sowohl die Fiskalpolitik und auch die Zentralbanken haben die Zügel gelockert, beobachtet Irina Topa-Serry, Senior Economist Emerging Markets bei AXA Investment Managers. Den größten Einfluss auf die Performance der Emerging Markets 2020 sieht sie aber in der Entwicklung der US-Wirtschaft und des Dollars sowie der chinesischen Konjunktur. „Zwar wird sich das globale Wirtschaftswachstum im kommenden Jahr nicht signifikant verbessern, dennoch gehen wir davon aus, dass die lockerere Geldpolitik und politische Maßnahmen zur weiteren Stabilisierung beitragen werden und sich das reale Wirtschaftswachstum der Emerging Markets von 3,8 auf 4,3 Prozent erholen wird.“

Rückblick: Wachstum 2019 bleibt hinter Erwartungen zurück

Das globale Wachstum zeigte sich in diesem Jahr durchgehend schwach. Sowohl der Welthandel als auch Investitionen wurden durch enorme Produktionsengpässe beeinträchtigt, gepaart mit höheren Zöllen und einer anhaltend unsicheren Situation der Handelspolitik. Zusätzlich litt die Automobilindustrie unter neuen Emissionsnormen im Euroraum und in China. Mitteleuropa beispielsweise bekam die verlangsamte Produktion in der deutschen Autoindustrie zu spüren. Abgefedert werden konnte dies durch eine robuste Inlandsnachfrage und öffentliche Ausgaben, darunter starke EU-Strukturfonds – so bleibt das Wachstum in Mitteleuropa mit rund 3,9 Prozent dennoch solide. Der globale Technologiezyklus erlebte einen Abschwung, was vor allem Südkorea und Taiwan zu spüren bekamen. Südafrika sah sich unterdessen mit steigenden Schuldendiensten konfrontiert. Öffentliche Einnahmen wurden durch Eventualverbindlichkeiten staatlicher Unternehmen belastet und private Investitionen reduzierten sich in diesem Jahr aufgrund einer gesunkenen globalen Nachfrage. Argentinien litt unter den Folgen der Schuldenumstrukturierung und Mexiko unter einer sinkenden Investitionsbereitschaft.

Ein besseres 2020: Die Nachzügler feiern ihr Comeback

Die derzeit niedrigen Niveaus der lateinamerikanischen Märkte sollten sich langsam normalisieren – problematisch bleiben jedoch auch im Jahr 2020 die wachsenden sozialen Unruhen, die die politische Stabilität der Länder beeinträchtigen. In Chile, Bolivien und Ecuador brechen immer wieder Straßenproteste aus, und auch Argentinien und Venezuela befinden sich weiterhin in einer schwierigen Lage. Verbesserungen sehen wir auch in Brasilien, das seine Reform-Agenda über die Reform für mehr soziale Sicherheit hinaus weiter fortsetzt. Die wirtschaftliche Flaute dürfte dank weiterer Investitionen und einer Lockerung der Geldpolitik verringert werden. Mexikos Haushalt zeigt sich für das kommende Jahr diszipliniert. Die allmähliche Erholung von einem zuletzt sehr gedämpften Niveau der Inlandsnachfrage sollte 2020 dabei unterstützend wirken. Vor allem der Bau- und Bergbausektor Mexikos wird dank einer besseren Kommunikation der Wirtschaftspolitik von Präsident Obrador Luft holen dürfen; zusätzlich werden Rücküberweisungen und ein positives Reallohnwachstum den Konsum stützen. Irina Topa-Serry prognostiziert für die Region Lateinamerika vorsichtig ein Wachstum von 1,7 Prozent im Jahr 2020.

Das Wachstum in den südostasiatischen Volkswirtschaften dürfte sich im kommenden Jahr weiter abschwächen, wenn auch nur langsam. Zu einem Investitionseinbruch wird es wohl nicht kommen – das Teilabkommen zwischen China und den USA sowie die jüngste Wende im Technologiezyklus und eine von den Regierungen eingeführte antizyklische Finanzpolitik könnten diese abschwächen. Das Sorgenkind der Region war zuletzt Indien, dessen Konjunktur sich zum dritten Mal in Folge verlangsamte. „Im Jahr 2020 dürfte sich das aber dank energischer Reformen – wie der Arbeitsmarktreform -, einer Lockerung der Geldpolitik und von der Zentralbank gesenkten Zinssätze ändern. Für Indien erwarten wir daher eine Verbesserung des BIP-Wachstums auf 6,2 Prozent“, so Topa-Serry.

Mitteleuropa weist weiterhin ein robustes Wirtschaftswachstum auf. Zwar bleibt die Region vom Konjunkturabschwung der Eurozone nicht unbeeindruckt, aber die Inlandsnachfrage kann die Verlangsamung des verarbeitenden Gewerbes abdämpfen. Das Verbrauchervertrauen ist dank der strukturell angespannten Arbeitsmärkte hoch, da diese für ein starkes Lohnwachstum und eine weiterhin verhaltene Inflation sorgen. Die Staatshaushalte sind solide, und die Regierungen können im Falle eines abrupten Konjunkturabschwungs weitere Impulse geben. EU-Strukturfonds dürften auch 2020 für eine robuste Investitionsaktivität sorgen. Auch in der Türkei ist mit einer Bodenbildung des Wachstums zu rechnen. Die Investitionen brachen nach der starken Abwertung der Währung im Jahr 2018 ein, wodurch der Leistungsbilanzsaldo ausgeglichen und die Inflation zurückgingen. Die Zentralbank senkte die Leitzinsen in diesem Jahr massiv um 1.000 Basispunkte, während die Regierung erhebliche fiskalische Impulse auslöste. „Die meisten politischen Hebel scheinen jetzt erschöpft zu sein. Das Risiko einer Übererfüllung unter dem Druck von Präsident Recep Tayyip Erdoğan ist nicht zu vernachlässigen, aber die bisherigen Stimuli dürften für die Erholung der türkischen Binnennachfrage im Jahr 2020 sorgen“, so Topa-Serry.

Der Blick auf 2021

Mit Blick auf das Jahr 2021 dürfte das Tempo des Konjunkturabschwungs in den USA ein wesentlicher Treiber für die Performance der Schwellenländer und Finanzmärkte bleiben, und zwar über Risiko-On / Risiko-Off-Perioden. Im asiatischen Raum ist es die anhaltende Verlangsamung der chinesischen Wirtschaft, die die Handelsverbindungen und Rohstoffpreise belasten wird. Grund dafür ist, dass ein Großteil des fiskalischen und geldpolitischen Spielraums bis dahin genutzt sein wird, sodass die Region zunehmend anfällig für externe Faktoren und Ereignisse ist. „Für das Jahr 2021 prognostizieren wir daher ein leicht verlangsamtes Wachstum in den Schwellenländern von 4,3 Prozent auf 4,2 Prozent“, schließt Irina Topa-Serry.

 

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