Aktuelle Studie von HEUTE UND MORGEN untersucht Bedeutung und Einfluss des Themas Nachhaltigkeit für Bürger und Konsumenten und analysiert spezielle Potenziale und Handlungsoptionen für Versicherer, Banken und Krankenkassen

 

Wie kann unsere Wirtschaft nachhaltiger und verantwortungsbewusster werden? Diese Frage beschäftigt nicht nur die Politik und große Investmentgesellschaften in ihren Entscheidungen, sondern zunehmend auch „Otto Normalverbraucher“. Der Ruf nach mehr Nachhaltigkeit – ökologisch, sozial und ökonomisch – erscheint als Massenbewegung und Megatrend. Unternehmen müssen darauf Antworten finden – und zwar solche, die mehr als nur marketingmodisch oder „Greenwashing“ sind. Im Unterschied zu anderen Branchen – allen voran Lebensmittel, Energie und Haushalt & Hygiene – achten die meisten Kunden von Versicherern, Banken und Krankenkassen bis dato zwar erst wenig konkret auf deren Nachhaltigkeit.

Dennoch wünschen rund 80 Prozent hierzu ein größeres Engagement und eine stärkere Kommunikation. Die Wechselbereitschaft zu besonders nachhaltigen Finanzdienstleistern ist – bei sonst vergleichbaren Konditionen – zudem groß.

Dies zeigt die aktuelle Trendstudie «Nachhaltigkeit: Dos und Dont´s für Versicherer, Banken und Krankenkassen» des Marktforschungs- und Beratungsinstituts HEUTE UND MORGEN.

Über 1.000 Bundesbürger ab 18 Jahren wurden im Februar 2020 repräsentativ zu ihren Einstellungen und Verhaltensweisen in puncto Nachhaltigkeit befragt, speziell mit Blick auf ihr Verhalten in Finanz- und Versicherungsangelegenheiten und auf die FDL-Branche.

Das Thema Nachhaltigkeit lässt nur wenige Deutsche kalt

Für mehr als ein Viertel der Bundesbürger (28%) spielt nachhaltiges Handeln in ihrem Leben bereits eine gewichtige Rolle. Und lediglich für jeden Zehnten hat das Thema Nachhaltigkeit bisher keine nennenswerte Bedeutung. Verbunden werden mit dem Begriff „Nachhaltigkeit“ im Alltag primär der Umwelt- und Klimaschutz, bisher seltener auch soziale und ökonomische Dimensionen (Fair Pay, ethisches Wirtschaften, Corporate Social Responsibility, Fair Trade etc.).

Insgesamt erscheint die Grundhaltung der Verbraucher zur Nachhaltigkeit noch ambivalent und widersprüchlich: Eigenes nachhaltiges Handeln verschafft einerseits ein gutes Gefühl, andererseits werden damit teils auch verbundene Aufwände, Verzichte und Kosten oft noch gescheut. Zugleich gibt man die eigene Mit-Verantwortung gerne projektiv an Politik und Unternehmen ab. Beäugt werden deren Aktivitäten dann wiederum kritisch; man sieht dort oft noch mehr reine Symbolhandlungen („Greenwashing“) als echtes und ehrliches Engagement. Im Generationenvergleich überdurchschnittlich interessiert, aufgeschlossen und anspruchsvoll bei Nachhaltigkeitsthemen zeigen sich jüngere Menschen; insbesondere die Altersgruppe der unter 30-Jährigen.

Drei verschiedene Nachhaltigkeitssegmente in der Bevölkerung

Typologisch lässt sich die Bevölkerung in drei Nachhaltigkeitssegmente klassifizieren: die aktiven „Nachhaltigen“ bzw. besonders Nachhaltigkeitsaffinen (34%), die „Mitläufer (45%) und die „Kritiker“ bzw. Skeptiker (21%). Diese unterscheiden sich deutlich in ihren Profilen, ihren Einstellungen und Verhaltensweisen und auch in ihren Erwartungen Unternehmen gegenüber:

– „Nachhaltige“ sind beispielsweise eher jung, gut gebildet und häufiger weiblich. Sie machen sich vermehrt Sorgen um den Klimawandel, setzen sich aktiv für Umweltschutz ein, kaufen häufiger und konsequenter nachhaltige Produkte, wobei ihr Haushaltsnettoeinkommen etwas geringer als im Durchschnitt ist. Unternehmen, die sich für mehr Nachhaltigkeit einsetzen, sind sie dankbar und freuen sich über deren Engagement. Damit einhergehend besteht eine hohe Wechselbereitschaft zu besonders nachhaltigen Unternehmen. Ihre Erwartungen an diese sind zugleich hoch.

– Rund die Hälfte der Deutschen lässt sich in puncto Nachhaltigkeit der Gruppe der «Mitläufer» zuzuordnen; sie bilden die Gesamtbevölkerung auch soziodemographisch gut ab. Mitläufer sehen die Relevanz des Themas, sind offen für nachhaltige Angebote, neigen zugleich allerdings zur Bequemlichkeit und wollen ungern den aktiven Part übernehmen. Stattdessen sehen sie häufiger Staat und Unternehmen in der Verantwortung. Überzeugen lassen sie sich von nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen insbesondere dann, wenn diese für sie auch einen unmittelbaren persönlichen Nutzen stiften.

– „Kritiker“ stehen dem Thema Nachhaltigkeit distanziert, skeptisch und auch reaktant gegenüber. Sie sind wenig bereit, ihr gewohntes Verhalten zu verändern bzw. sich auf Neues einzulassen; schon gar nicht, sich etwas vorschreiben zu lassen. Sie glauben, selbst nichts verändern zu können. Kritiker sind im soziodemografischen Profil meist älter (oft auch bereits in Rente), häufiger männlich und sie verfügen meist über mittlere Bildung und Einkommen. Für nachhaltig ausgerichtete Produkte / Dienstleistungen sind sie in aller Regel nur schwer zu erreichen.

Große Potenziale für Positionierung und substanzbasiertes Marketing

Insgesamt ergibt sich für die Anbieter im Bereich der Nachhaltigkeit ein sehr großes Potenzial: Rund vier Fünftel der Deutschen sind grundsätzlich empfänglich für nachhaltige Angebote, Maßnahmen und Botschaften der Unternehmen. Wirklich überzeugen können diese aber nur, wenn sie entsprechende Substanz vorweisen können, die Aktivitäten also selbst „nachhaltig“ und glaubhaft sind. Der Kauf bei besonders nachhaltigen Unternehmen gehört zwar im Alltag bisher noch nicht zu den Top-Aktivitäten der Bundesbürger, rund ein Viertel (23%) plant aber, in Zukunft (noch) stärker darauf zu achten, ob Unternehmen, bei denen man etwas kauft, nachhaltig sind.

Die Wechselbereitschaft zu als nachhaltig identifizierten Anbietern ist insgesamt sehr groß, die Bereitschaft dafür ggf. auch mehr zu bezahlen allerdings nicht. „Nachhaltigkeit wird von Unternehmen und deren Angeboten zunehmend als Zukunftsstandard bzw. Selbstverständlichkeit erwartet“, sagt Dr. Michaela Brocke, Geschäftsführerin bei HEUTE UND MORGEN. „Die Aufpreisbereitschaft ist in der Regel gering, die Wechselbereitschaft bei vergleichbaren Kosten ist aber sehr hoch – insbesondere in der strategisch wichtigen Gruppe der jüngeren Generation.“

Differenzierter Blick auf die FDL-Branche und verschiedene Segmente

Speziell bei der Auswahl von Anbietern oder dem Abschluss einzelner Produkte im FDL-Bereich achten bisher erst sehr wenige Verbraucher proaktiv auf deren Nachhaltigkeit (etwa 3 Prozent). Dennoch ist es für Versicherer, Banken und Krankenkassen – auch jenseits „absoluter“ Verantwortung und jenseits des Drucks von Politik oder Investoren – wichtig, den Trend zu mehr Nachhaltigkeit aktiv aufzunehmen, zu gestalten und sich entsprechend zu positionieren. Es ist also elementar, nicht nur passiv hinterherzulaufen, oder sich gegenüber Kunden in nur kurzfristigen symbolischen Handlungen zu verlieren.

Fokus Versicherer

Die große Mehrheit der Bundesbürger (86%) kann – auch bei gestützter Abfrage – nicht angeben, welche Versicherer aus ihrer Sicht besonders nachhaltig sind. Top 3 der diesbezüglich bekanntesten (am häufigsten genannten) Versicherer sind „Ökoworld“, „Grün versichert“ und „Bessergrün“, allerdings bei bisher jeweils nur geringer Kenntnis (4%). Dennoch sehen rund 80 Prozent der Deutschen die Versicherer in puncto Nachhaltigkeit in der Verantwortung und wünschen von diesen eine stärkere Kommunikation zum Thema. Die grundsätzliche Wechselbereitschaft zu einem „nachhaltigen Versicherer“ ist hoch (47% im Durchschnitt – bei der Gruppe der „Nachhaltigen sogar 70%). Die Akzeptanz damit ggf. verbundener höherer Kosten (Zahlungsbereitschaft) ist allerdings deutlich geringer (durchschnittlich 7%; Nachhaltige: 15%).

Als passend für die Versicherer werden insbesondere ökologisch und sozial orientierte Engagements erlebt. Unter den im Rahmen der Studie untersuchten zahlreichen möglichen Maßnahmenfeldern kommen unter anderem gut an: faire Kundenberatung, Absicherung von Nachhaltigkeitsrisiken, Investition in nachhaltige Anlageobjekte bei Kapitalanlagen sowie eine transparente und nachvollziehbare Kommunikation. Oberflächliche Kommunikation zu als selbstverständlich angesehenen Maßnahmen oder als rein „kosmetisch“ erlebte Aktivitäten schüren hingegen Misstrauen.

Fokus Banken

Bei Banken erleben die Kunden häufig noch einen Widerspruch zwischen Nachhaltigkeit und Gewinnorientierung. Diesen gilt es, glaubwürdig zu lösen. Immerhin jeder Vierte (24%) kennt eine als nachhaltig angesehene Bank. Ganz vorne liegt hier die GLS Bank (13%); besonders bei Personen unter 30 Jahren (21%). Auch von Banken erwartet die große Mehrheit der Bundesbürger eine größere Verantwortungsübernahme und mehr Informationen, wie und wo genau sich diese nachhaltig einsetzen. Aktuell bezweifelt fast jeder Dritte (30%) die Glaubwürdigkeit nachhaltiger Aktivitäten der Branche und fast die Hälfte (45%) sieht noch grundlegende Widersprüche zum Gewinnstreben. Potenzial sehen die Kunden für die Positionierung der Banken in allen zentralen Feldern der Nachhaltigkeit: ökologisch, sozial und ökonomisch. Breitere Begeisterung stiften hier beispielsweise ein nachgewiesen fairer Umgang mit Kunden und günstigere Kreditvergaben für nachhaltig ausgerichtete Projekte. Auch für Banken gilt zudem: Die Wechselbereitschaft zu anderen Banken, die (bzw. deren Produkte) als nachhaltiger erlebt werden ist hoch, eine höhere Zahlungsbereitschaft jedoch auch hier meist nicht gegeben.

Fokus Krankenkassen

Chancen für Krankenkassen liegen aus Mitgliederperspektive vor allem im Bereich der sozialen Nachhaltigkeit, da diese schon durch den Solidargedanken als soziale Akteure wahrgenommen werden. Aktuell bringt aber erst weniger als jeder Fünfte eine bestimmte Krankenkasse spontan mit dem Thema Nachhaltigkeit in Verbindung.

Mit Abstand am besten (Top-Bewertung: 90%) kommt mit Blick auf konkrete nachhaltige Maßnahmen eine umfassendere Kostenübernahme von Vorsorgeuntersuchungen an. Auch die Kostenübernahme von alternativen Heilmethoden stößt auf große Zustimmung. Insgesamt wird nachhaltiges Engagement von Krankenkassen gewünscht und ist für die große Mehrheit der Bundesbürger auch glaubwürdig. Auffällig ist hier zudem: Auch die Gruppe der „Kritiker“, die dem Nachhaltigkeits-Engagement von Unternehmen und auch Krankenkassen insgesamt skeptisch gegenüber stehen – beurteilt ein verstärktes Engagement der Krankenkassen im Präventivbereich sehr positiv. Hier ergeben sich also Begeisterungspotenziale in allen Bevölkerungsgruppen.

Ausblick

Generell akzeptiert die Mehrheit der Bundesbürger, wenn Unternehmen zunächst einmal einzelne konkrete nachhaltige Maßnahmen umsetzen – dies aber dann auch konsequent und glaubwürdig tun; nicht nur aus puren Imagegründen. Knapp jeder Dritte – und insbesondere die besonders Nachhaltigkeitsaffinen – fordert in der Umsetzung mehr. Sie vertreten oft einen strengeren „Ganz-oder-gar-nicht“-Ansatz.

„Jenseits gesetzlich einzuhaltender Vorschriften muss letztlich jedes Unternehmen selbst entscheiden, wie es das Thema ´Nachhaltigkeit´ in seinen Wertekanon und in konkrete geschäftliche und gesellschaftliche Aktivitäten aufnimmt und einlöst“, sagt Vanessa Precht, Studienleiterin bei HEUTE UND MORGEN. „Fest steht: Nachhaltigkeit ist keine vorübergehende Modeerscheinung und wird die kommenden Jahre und Jahrzehnte in entscheidender Weise mitprägen – für viele Kunden und auch für viele Investoren.“

Weitere Studieninformationen und Studienbestellung

Die komplette rund 110-seitige Nachhaltigkeit-Trendstudie für Finanzdienstleister ist in drei verschiedenen Versionen erhältlich: 1. für Versicherer, 2. für Banken und 3. für Krankenkassen; jeweils mit einem Vergleich der drei Branchen. Insgesamt erhalten die Studienreports umfangreiche weitere inhaltliche Ergebnisse und Analysen, viele Differenzierungen nach unterschiedlichen soziodemographischen Gruppen und den verschiedenen Nachhaltigkeitstypen sowie praktischen Tipps für die Anbieterpositionierung und für mögliche konkrete Maßnahmen in einzelnen Handlungsfeldern. Weitere Informationen zu den Studieninhalten und zur Studienbestellung: https://heuteundmorgen.de/studien/finanzmarkttrends/

 

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