Ein Kommentar von Christian Wieschnewski, Portfoliomanager beim Bankhaus Bauer:

 

„Der Nasdaq-100 schloss am gestrigen 27. April fast wieder auf dem gleichen Stand wie zu Beginn des Jahres, als von „Corona“ noch keine Rede war. Die Coronakrise löste zwar auch beim US-amerikanischen Technologie-Leitindex schwere Kursverluste aus, diese sind mittlerweile aber weitgehend wieder aufgeholt. Diese Erholung vollzog sich als Teil einer klaren Differenzierung, die unter Investoren seit Mitte März zu beobachten ist. Seit diesem Zeitpunkt haben Aktien von Unternehmen, welche von der Corona-Pandemie nur wenig betroffen sind oder durch diese letztendlich sogar profitieren könnten, teilweise wieder deutlich an Wert gewonnen. In extremen Fällen handeln diese Werte sogar deutlich höher als noch Mitte Februar.

Ist die Technologiewerte-Rallye nach dem Ausverkauf damit vorbei? Oder finden Anleger nach wie vor attraktive Einstiegsmöglichkeiten vor? Kurzfristige Korrekturen nach der Erholung der letzten vier Wochen sind nicht auszuschließen. Langfristig allerdings sind die Perspektiven im Segment der Informationstechnologie eindeutig positiv. So dürfte die aktuelle Situation des „Social Distancing“ dazu führen, dass sich der langfristige Trend hin zu mehr Onlinehandel nochmals beschleunigt. Der bargeldlose Zahlungsverkehr dürfte hiervon ebenso wie von einer verstärkten Nutzung im stationären Handel profitieren. Zugleich eröffnet der Ausbau des Homeoffice auch Anbietern von cloud-basierten IT-Lösungen- und Infrastrukturen sowie Plattformen für Videotelefonie gute Perspektiven.

Technologieunternehmen im Gesundheitssektor dürften ebenfalls langfristig zulegen: Die Corona-Pandemie zeigt in vielen Staaten und Einrichtungen auf, welche Lücken noch hinsichtlich der Digitalisierung des Sektors bestehen. Dies fängt bei der IT-Infrastruktur von Krankenhäusern an, geht über einen digital einfacheren Austausch zwischen verschiedenen Ärzten und Gesundheitseinrichtungen und führt bis zur Telemedizin und zur auf künstlicher Intelligenz basierten Diagnostik.

Zwar dürfte eine längerfristige Konjunkturschwäche auch IT-Unternehmen treffen, wenn beispielsweise der Konsum sinkt, Unternehmen ihre Werbebudgets reduzieren oder Investitionen in ihre IT-Infrastruktur zunächst verschieben. Aufgrund der geringen Fixkosten ist ihre Liquiditätsposition jedoch deutlich stabiler. Gerade Softwareunternehmen haben weitaus weniger mit stillgelegten Fabriken, Kurzarbeit und abgebrochenen Lieferketten zu kämpfen. Sie arbeiten kaum kapitalintensiv, müssen also nicht erst in großem Maße in finanzielle Vorleistung treten, um ihre Produkte und Dienstleistungen anzubieten und können das Geschäftsvolumen somit viel schneller und flexibler steuern.

Fazit: Die kurzfristige Entwicklung ist an den Kapitalmärkten kaum vorhersehbar. Grundsätzlich können fundamental gut positionierte Aktien für Anleger je nach ihrem individuellen Risiko-Rendite-Profil aber sehr interessante Einstiegsmöglichkeiten bieten. Technologieaktien stehen hier besonders im Fokus.

 

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