Viele Aktienmärkte bewegen sich in der Nähe ihrer historischen Höchststände. Was 2020 noch als alternativlos galt, weckt 2021 Ängste.

 

Zurecht, denn auf die stabilisierende Wirkung realer Bewertungsmaßstäbe ist wenig Verlass. „Wer sich der Illusion hingibt, seine kompletten Bestände zum Rekordpreis der letzten gehandelten Aktie verkaufen zu können, wird eine böse Überraschung erleben“, sagt Ivan Mlinaric, Geschäftsführer der Quant.Capital Management GmbH.

Doch genau so werden Bestände in der Regel bewertet, auch von institutionellen Anlegern. „Diese Form der Bewertung ist immer nur eine Näherung, denn natürlich könnte etwa Elon Musk Tesla am Markt nicht für den Preis verkaufen, der heute auf der Marktkapitalisierung steht“, sagt Mlinaric. Was aber bei Wachstumswerten noch hingenommen wird, gilt mehr und mehr auch für Value-Titel. „Anleger müssen sich fragen, ob diese Mark-to-market-Bewertung ihres Portfolios in der gegenwärtigen Marktphase noch passt“, sagt Mlinaric. „Wer könnte sein gesamtes Aktienportfolio zum aktuellen Marktpreis verkaufen?“ Es ist jetzt ein guter Zeitpunkt, über Risikoabschläge nachzudenken und die Risikovorsorge zu stärken.

Jetzt, weil die Märkte sich gerade im Blasenmodus befinden. „Warum aber sollte man vor einer Blase Angst haben? Schließlich soll man doch tanzen, solange die Musik spielt“, sagt Mlinaric. „Und werden die Kurse mangels Alternativen nicht weiter steigen?“ Es ist ja nicht etwa so, dass die derzeit hohen Bewertungen an den Märkten per se schlecht sind. Wenn Staatsanleihen und Spareinlagen keine oder gar negative Zinsen liefern, können rein rechnerisch unendliche Kurs-Gewinn-Verhältnisse noch günstig sein. Wenn Investoren grundsätzlich bereit sind, solche Bewertungen zu akzeptieren, könnten Aktienmärkte ja tatsächlich „ein permanent hohes Plateau erreicht haben“, wie der US-Ökonom Irving Fisher im Oktober 1929 konstatierte.

Doch Blasen bergen ein Problem: In normalen Phasen gibt es an den Märkten einen stabilisierenden Ausgleich. Steigt der Kurs einer Aktie, wird jemand zu höheren Kursen verkaufen wollen. Die Kurse steigen daher nicht exponentiell an. Fällt der Kurs einer Aktie, wird jemand zu günstigeren Preisen kaufen wollen. Die Kurse fallen daher nicht ins Bodenlose. Bewertungen spielen dabei eine Rolle. „In der aktuellen Marktphase beobachten wir aber eine grundsätzlich andere Dynamik“, so Mlinaric. „Exponentielle, ja geradezu explosive Kursbewegungen allerorten, von Tesla über Gamestop zu Bitcoin, deuten darauf hin, dass viele Kurse kaum noch von bewertungsorientierten Investoren bestimmt werden.“ Oft steigen die Kurse, obwohl die Gewinne der Unternehmen gerade sinken oder von vornherein keine Renditen vorhanden sind, wie bei Bitcoin.

Diese Käufer steigen nicht ein, weil die Preise günstig erscheinen, sondern weil sie die Papiere in Zeiten der Kursmanie kurzfristig zu noch höheren Preisen weiterverkaufen wollen. Bewertungen spielen in solch einer Marktphase daher kaum noch eine Rolle. Der steigende Kurs wird zur Rechtfertigung für weiter steigende Kurse. „Die meisten Investoren bewerten ihre gesamten Aktienbestände anhand der aktuellen Kurse, also Mark-to-market“, sagt Mlinaric. Sie vertrauen dabei auf die klassische Marktdynamik. Wenn sie Bestände verkaufen müssen, werden sich bewertungsbewusste Käufer finden und die Auswirkungen auf die Marktpreise bleiben gering. In Zeiten überschwänglicher Bewertungen und spekulativer Exzesse droht die Bewertung der eigenen Bestände anhand aktueller Kurse aber zu einer Marktkapitalisierungsillusion zu verkommen. Wenn die spekulativen Käufer nicht mehr an steigende Kurse glauben und bewertungsbewussten Käufern die Aktien zu teuer sind, droht eine ungebremste Abwärtsspirale. „In der Panik wollen dann alle durch die gleiche Tür – und diese wird sehr schnell sehr schmal“, sagt Mlinaric.

 

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