Kommentar von Alex Wehnert zu Coinbase

 

Das Handelsdebüt der Kryptoplattform Coinbase hat die steigende Akzeptanz von Cyberdevisen in der Finanzbranche eindrucksvoll untermauert. Zum Handelsstart durch die Decke hat auch die Nasdaq beigetragen, die den Referenzpreis für die Aktien vor dem Direktlisting mit 250 Dollar überraschend niedrig angesetzt und damit viel Spielraum für Kursgewinne gelassen hatte.

Der mehrere Stunden nach der Handelseröffnung zustande gekommene Eröffnungskurs von 381 Dollar entsprach einer Marktkapitalisierung von nahezu 100 Mrd. Dollar. Die Intercontinental Exchange, die unter anderem die New Yorker Börse betreibt, kam zum gleichen Zeitpunkt nur auf 66,8 Mrd. Dollar.

Damit ergibt sich eine Parallele zur Autoindustrie, wo Tesla die Absatzriesen nach Börsenwert weit abgehängt hat. Sowohl beim E-Autobauer als auch beim Kryptobörsenbetreiber goutieren Investoren, dass die Unternehmen ein Zukunftsthema in einem frühen Stadium besetzt haben. Beide profitieren zudem von der magnetischen Wirkung, die Elon Musk auf die Märkte ausübt.

Denn der Tesla-Chef ist einer der prominentesten Krypto-Befürworter und hat mit Investitionen seines Unternehmens maßgeblich zur laufenden Bitcoin-Rally beigetragen. Davon profitiert auch Coinbase, die fast ihren gesamten Umsatz über prozentuale Beteiligungen am Kryptohandel generiert.

Damit sind die Gemeinsamkeiten mit Tesla aber fast wieder erschöpft. Denn während der E-Autobauer gegenüber den etablierten Unternehmen aus seinem Sektor mit einem technologischen Vorsprung, modernen Vertriebswegen und einem hochwertigen Design punkten kann, verfügt Coinbase nur über limitierte Möglichkeiten, sich von der Konkurrenz abzuheben.

Schließlich gibt es zahlreiche andere Handelsplattformen, die sich vom Coinbase-Börsengang einen Fingerzeig für ihre eigenen Aussichten am Markt erhofft haben dürften. Und gerade in einer so jungen Assetklasse wie den Digitalwährungen, in der sich probierfreudige Investoren tummeln, machen vor allem die Kosten die Musik. Sollte Coinbase eine Gebührenschlacht mit anderen Anbietern eingehen müssen, dürfte das auf das Unternehmensergebnis und langfristig eventuell auch auf den Aktienkurs durchschlagen.

Vorerst herrscht am Kryptomarkt angesichts des Börsengangs aber Euphorie, wie auch am erstmaligen Sprung des Bitcoin-Kurses über die Marke von 64 000 Dollar abzulesen war. Denn je stärker die Kryptowelt in den regulierten Finanzmarkt integriert ist, desto eher kann sie ihr halbseidenes Image ablegen.

 

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