Die steigende Inflation und die Reaktion der Notenbanken darauf war das bestimmende Thema des ersten Halbjahres 2022.

 

Die Aktienmärkte ließen sich von Inflationsängsten treiben und verloren deutlich. „Steigende Zinsen gingen einher mit fallenden Kursen“, sagt Benjamin Bente, Geschäftsführer der Vates Invest GmbH. „Im zweiten Halbjahr wird diese enge Verbindung aufgebrochen, die Rezession ersetzt die Inflation als Grund für Kursverluste.“

Statt auf die geldpolitischen Indikatoren wird sich der Blick auf die konjunkturellen richten. „Die zentrale Frage wird sein: Rutschen die USA in eine Rezession?“, sagt Bente. Denn wo das erste Halbjahr 2022 an den Aktienmärkten von einem wesentlichen Makrofaktor geprägt war, der Reaktion der Notenbanken auf die Inflation, wird sich das Thema jetzt verschieben. „Immer, wenn die Fed auf die Inflationsängste mit noch größerer Restriktivität reagierte, resultierten daraus die wesentlichen Abwärtsbewegungen an den Aktienmärkten“, sagt Bente. „Die eigentliche Lage der Konjunktur geriet darüber etwas aus dem Blick.“ Doch genau darum wird es im zweiten Halbjahr gehen.

„Möglicherweise stecken wir bereits in einer Rezession, auch wenn es die offiziellen BIP-Daten noch nicht widerspiegeln“, sagt Bente. „Sobald die Indikatoren aber auch offiziell eine US-Rezession signalisieren, ist nochmals eine größere Abwärtswelle an den Aktienmärkten zu erwarten.“ Diese könnte durchaus zu neuen Tiefs führen. In einer solchen Phase würden sich dann auch die Korrelationen wieder verändern zwischen Aktien und Anleihen, zwischen Aktien und Zinsen.

„Im ersten Halbjahr fielen die Aktienmärkte, wenn es parallel wegen der Reaktion der Notenbanken Zinsanstiege gab“, sagt Bente. „Jetzt wäre in einer Rezessionsphase, wenn die Rezessionsängste gegenüber geldpolitischen Befürchtungen überhandnähmen, das Gegenteil zu erwarten.“ Fallende Aktien-, aber steigende Anleihekurse und damit sinkende Renditen sind zu erwarten, Aktien- und Anleihemärkte laufen auseinander. Das liegt wie so oft in rezessiven Phasen daran, dass in einer Rezession die Gewinnaussichten der Unternehmen heruntergerechnet werden und gleichzeitig das von Anleihen befriedigte Sicherheitsbedürfnis steigt. „Dies könnte zu einer Verschnaufpause an den Anleihemärkten, aber nicht an den Aktienmärkten führen“, sagt Bente. Neue Kursverluste sind möglich, nur aus anderen Gründen.

„Die Frage, ob wir in eine Rezession abgleiten oder vielleicht schon mittendrin sind, wird das zentrale Thema im zweiten Halbjahr sein“, so Bente. Dabei wird es umso weniger darum gehen, ob sich die Fed nun restriktiv oder sehr restriktiv verhält, je näher die Rezession schon ist. „Die Hypothekenzinsen sind derart explodiert, dass bereits deutliche Bremsspuren im US-Häusermarkt zu erkennen sind“, so Bente. „Und das völlig losgelöst davon, wie sich die Fed in der kommenden Zeit verhält.“

Hier ist bereits ein massives Problem vorhanden. Dementsprechend liegt das Heft des Handelns primär nicht mehr bei der Fed. Stattdessen stellt sich die Frage, was allein schon an makroökonomischen Schäden durch das passiert ist, was die Notenbanken angekündigt beziehungsweise bereits vollzogen haben. „Später werden sich die Notenbanken wieder einmal um 180 Grad drehen und als Reaktion auf eine Rezession weniger restriktiv und irgendwann sogar wieder stimulativ agieren“, sagt Bente. „Spätestens dann ist es Zeit, an steigende Kurse zu denken.

 

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