Verkaufsbereitschaft bleibt gering – Belebung im 1. Halbjahr 2024 nicht in Sicht

Im Jahr 2023 wurden in Deutschland Wohnimmobilien für rund 7,5 Mrd. Euro gehandelt (Transaktionen ab 50 Wohnungen). Das waren etwa 38 % weniger als im Vorjahr und zugleich das niedrigste Transaktionsvolumen seit dem Jahr 2011. Von den 7,5 Mrd. Euro entfielen rund zwei Milliarden Euro – also etwas mehr als ein Viertel des Volumens – auf Minderheitsbeteiligungen von Apollo an zwei Portfolios der Vonovia. Das Transaktionsvolumen klassischer Immobilientransaktionen fiel demnach recht überschaubar aus. Die Gesamtzahl der Transaktionen halbierte sich in etwa gegenüber dem Vorjahr und lag im Jahresverlauf relativ stabil bei etwa 20 bis 30 Transaktionen pro Monat. Karsten Nemecek, Managing Director Corporate Finance – Valuation bei Savills Germany, berichtet: „Nach einer längeren Phase großer Verunsicherung stellen wir vor allem bei neuwertigen Wohnobjekten wieder eine etwas stärkere Nachfrage von Investoren fest. Dabei treten neben Family-Offices und Privatinvestoren auch institutionelle Investoren als Bieter in Erscheinung. Angesichts der gesunkenen Preise bei gleichzeitig sehr robusten Fundamentaldaten und der Aussicht auf weiter steigende Mieten sehen Investoren derzeit ein günstiges Einstiegsfenster. Auch die absehbar hohen Gestehungskosten sprechen dafür, dass die Kapitalwerte perspektivisch wieder steigen werden.“

Mieten rauf, Leerstand runter – keine Trendwende am Mietmarkt in Sicht

Am Mietwohnungsmarkt dürfte sich die Lage aus Nutzersicht weiter verschärfen, wie Matti Schenk, Associate Director Research bei Savills Germany, berichtet: „Im vergangenen Jahr gab es kräftige Mietsteigerungen und die Leerstandsraten werden vielerorts abermals gesunken sein. Angesichts rückläufiger Baugenehmigungszahlen und rekordhohen Stornierungsquoten bei Wohnbauprojekten auf der einen sowie einer weiter steigenden Zahl der Haushalte auf der anderen Seite deutet derzeit nichts auf eine Trendumkehr hin. Die Wohnungsknappheit wird in den nächsten Jahren noch zunehmen. Die meisten Eigentümer können von weiter steigenden Mieten ausgehen. Weil die Differenz zwischen Bestands- und Neuvertragsmieten immer größer wird, sind Umzüge für Mieter:innen in vielen Fällen mit immer größeren Kostensprüngen verbunden, sodass die Fluktuationsrate am Wohnungsmarkt weiter sinken dürfte und Wohnraum in Deutschland noch ineffizienter verteilt wird.“

Preise bei Neubauten dürften bald ihren Boden erreicht haben

Während die fundamentalen Rahmenbedingungen am Wohnungsmarkt aus Sicht von Investoren sehr attraktiv sind, haben die Preise im vergangenen Jahr stark nachgegeben. Es handelt sich dabei um die schärfste Preiskorrektur der jüngeren Geschichte. Dieser Rückgang ist nach Lesart von Savills rein zinsinduziert. Dem Zinseffekt wirkt entgegen, dass sich die fundamentale Angebotsknappheit kurzfristig weiter verschärfen wird. Dies könnte dazu führen, dass der aktuelle Abschwung am Wohnungsmarkt kürzer ausfällt als vergangene Perioden fallender Preise.

Bei Neubauten deutet sich bereits an, dass die Preise langsam ihren Boden erreicht haben. Marco Högl, Director und Head of Residential Capital Markets bei Savills Germany, kommentiert: „Vor Beginn der Zinswende erzielten neuwertige Wohnobjekte in gefragten Wohnstandorten Verkaufsfaktoren von zum Teil dem 35-Fachen der Jahresnettomiete und mehr. Mittlerweile bewegen sich die Faktoren für solche Objekte typischerweise zwischen dem 23- und 25-Fachen. Damit ist ein Preisniveau erreicht worden, bei dem verschiedenste Investorengruppen bereit sind zu kaufen. Wir gehen davon aus, dass die Preise sich zunächst auf diesem Niveau einpendeln werden.“ Die Spitzenrendite bewegte sich laut Savills im vierten Quartal seitwärts und lag bei 3,6 %.

Nur Private-Equity-Fonds und Family-Offices steigern ihr Ankaufsvolumen spürbar

Im Hinblick auf das Transaktionsvolumen waren Fondsmanager bzw. Immobilien-Fonds mit einem Anteil von rund 43 % die aktivste Käufergruppe des vergangenen Jahres. Vor allem aufgrund der Beteiligungen durch Apollo standen Private-Equity-Fonds mit 32 % auf Rang 2, wobei die Kapitalquelle in diesen Fällen keine opportunistischen Renditeanforderungen hatte. Auf den dritten Rang kamen Wohnungsbaugesellschaften der öffentlichen Hand mit einem Volumenanteil von rund 9 %, gefolgt von Family-Offices und Privatinvestoren mit zusammen etwa 6 %. Private-Equity-Fonds und Family-Offices / Privatinvestoren waren die einzigen Investorengruppen, die ihr Ankaufsvolumen gegenüber dem Vorjahr und auch gegenüber dem fünfjährigen Mittel steigerten. So investierten Private-Equity-Fonds mit ca. 2,2 Mrd. Euro etwa doppelt so viel wie im Jahr 2022. Family-Offices und Privatinvestoren gaben 81 % bzw. rund 175 Mio. Euro mehr aus als im Vorjahr. Die Wohnungsbaugesellschaften der öffentlichen Hand erhöhten im Vergleich zum Vorjahr leicht ihr Ankaufsvolumen um 12 % bzw. um rund 60 Mio. Euro. Demgegenüber investierten alle anderen Investorengruppen deutlich weniger als im Vorjahr. Högl kommentiert: „Typische Eigenkapitalkäufer wie Family-Offices hatten aufgrund von Off-Market-Deals und angesichts des volatilen Zinsumfeldes im vergangenen Jahr Vorteile gegenüber Investoren mit Fremdkapitalnutzung, welche aufgrund des teilweisen negativen Leverage-Effektes deutlich weniger aktiv waren. Die Ankaufsstrategien und Risikoprofile sind unterschiedlich, üblicherweise zielen die Family-Offices auf gute bis sehr gute Lagen, wenig Instandhaltungsstau und Transaktionsgrößen im hohen einstelligen bis maximal mittleren zweistelligen Millionenbereich ab. Neben den langfristig orientierten Eigenkapitalkäufern stehen auch viele opportunistische Akteure in den Startlöchern. Allerdings haben diese bisher kaum Käufe getätigt, da nur wenige Akteure bereit sind, zu den Kaufpreisvorstellungen dieser Investoren zu verkaufen.“

Ausblick 2024: Kein baldiger Anstieg der Transaktionsaktivität

Während die Zahl der Investoren, die ein günstiges Einstiegsfenster gekommen sehen, steigt, ist die Verkaufsbereitschaft bei vielen Eigentümern nach wie vor gering. Savills geht deshalb davon aus, dass die Marktaktivität zumindest in der ersten Jahreshälfte weiter recht verhalten bleibt. Nemecek blickt voraus: „Bei den meisten Bestandshaltern von Wohnimmobilien ist die Verkaufsbereitschaft gering und sie profitieren von langsam, aber stetig steigenden Mieteinnahmen. Auch die Erwartung bald wieder steigender Kapitalwerte lässt viele Eigentümer derzeit von einem Verkauf absehen. Seitens der Finanzierung erwarten wir ebenfalls keine signifikante Zunahme des Verkaufsdrucks, zumal die Kreditzinsen zuletzt wieder gesunken sind. Am höchsten dürfte die Verkaufsbereitschaft auch im laufenden Jahr bei Projektentwicklern und börsennotierten Unternehmen sein.“

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