Strategische Neuausrichtung: Von Tech-Giganten zu traditionellen Märkten

Sowohl die Signale der Zentralbanken als auch die gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen legen nahe, dass sich das Marktumfeld in den kommenden Monaten deutlich wandeln wird. Insbesondere in der Tech-Branche könnten deutliche Korrekturen anstehen. Eine strategische Portfolioanpassung, weg von den dominierenden Technologieaktien hin zu traditionelleren Sektoren wie Energie und Werkstoffe könnte sich auszahlen. So können Portfolios gegenüber den Schwankungen der Tech-Industrie diversifizieren und besser auf zukünftige makroökonomische Veränderungen vorbereitet werden, sagt Raheel Siddigui, Senior Research Analyst, Global Equity Research bei Neuberger Berman in seinem Aktienausblick für das zweite Quartal 2024.

Trotz der Herausforderungen durch steigende Zinssätze bleibt das Wirtschaftswachstum in den USA bisher erstaunlich stabil und liegt im internationalen Vergleich weiterhin an der Spitze. Mit steigenden Anleiherenditen und sich verengenden Kreditspreads signalisiert das derzeitige Marktumfeld ein starkes Wachstum des nominalen Bruttoinlandsprodukts (BIP). Aktuelle Daten zeigen, dass das nominale BIP in den USA im letzten Quartal um 3,2 Prozent gestiegen ist. Zudem ist ein zyklischer Aufschwung in der globalen Industrieproduktion erkennbar, der in der Vergangenheit typischerweise drei bis acht Quartale anhielt und somit eine anhaltende Stärke verspricht. Ein Treiber an den Märkten war bisher weiterhin vor allem die großen Tech-Titel. Ein Blick auf die gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen legt jedoch nahe, dass sich ein verstärkter Fokus auf traditionell wertstabilere Titel in den kommenden Monaten auszahlen könnte.

Erwartete Zinspolitik unterstützt Sektorrotation

Einer der deutlichsten Indikatoren ist sicher die derzeitige Geldpolitik: Die Zentralbanken weltweit haben die Zinssätze als Reaktion auf die hohe Inflation erhöht und könnten diese aufgrund des anhaltenden Wirtschaftswachstums für länger auf hohem Niveau belassen. Das beeinflusst die Anleiherenditen und führt zu einer Neubewertung der Risikobereitschaft im Aktienmarkt. Höhere Zinssätze belasten besonders zinsintensive Sektoren wie Immobilien und Versorger, während sie für Sektoren wie zum Beispiel Finanzdienstleistungen vorteilhaft sind, da höhere Zinsen die Gewinnmargen von Banken und Versicherungsgesellschaften verbessern können.

Mit dem weltweit erwarteten Anstieg der Inflationsraten bis Mitte des Jahres zählen auch Sektoren wie Energie und Werkstoffe zu den möglichen Profiteuren. Diese Branchen sind traditionell inflationsresistent, da sie viele Wirtschaftsbereiche direkt beliefern und ihre Produkte in Zeiten steigender Preise oft an Wert gewinnen. Sektoren wie Energie, Basiskonsumgüter und Gesundheitswesen sollten Investoren also übergewichten, die traditionell niedrigere Beta-Werte und eine geringere Volatilität aufweisen. Diese Sektoren werden gerade mit einem historisch bemerkenswerten KGV-Abschlag zum S&P 500 gehandelt.

Zyklische Konsumgüter sowie Technologie- und Kommunikationsdienstleistungen sollten hingegen strategisch untergewichtet werden. Diese Sektoren tendieren dazu, in Hochinflationsphasen schlechter abzuschneiden, da die Kaufkraft der Verbraucher sinkt und Investitionen in hochpreisige technologische Produkte und Dienstleistungen zurückgehen.

Bewertungen und zukünftige Trends

Die aktuelle extreme Polarisierung auf Sektorebene bleibt weiterhin ein kritisches Thema. Dazu zählt insbesondere die Technologie- und Kommunikationsdienstleistungssektoren, die den S&P 500 seit Anfang 2023 um 40 Prozent übertroffen haben. Diese hohe Konzentration, gepaart mit einer starken Begeisterung für künstliche Intelligenz, hat zu überhöhten Bewertungen geführt. Und so weisen diese Sektoren auch das Risiko erhöhter Volatilität und möglicher Korrekturen auf. Die derzeitige extreme Positionierung deutet darauf hin, dass ein Großteil der KI-Fantasie bereits vollständig eingepreist ist.

In der Zwischenzeit hat der aktuelle Grad der Sektorkonzentration innerhalb des S&P 500 fast historische Ausmaße erreicht. So machen die beiden größten Sektoren nach Marktkapitalisierung – Informationstechnologie und Kommunikationsdienste – inzwischen fast 39 Prozent des S&P 500 aus. Ein Wert, der in den letzten 60 Jahren nur dreimal vorübergehend überschritten wurde, nämlich während des iranischen Ölschocks von 1978-79, auf dem Höhepunkt der Dotcom-Blase im Jahr 2000 und während des COVID-Tech-Booms Mitte 2021.

Die Geschichte lehrt, dass Extreme in der Sektorkonzentration eher selten und von kurzer Dauer sind. Umkehrungen zum Mittelwert markieren häufig die Höchst- oder Tiefststände in den Zyklen des Anlegeroptimismus, das Ende eines Trends und den Beginn der Underperformance, was mit einem unangenehmen Maß an Volatilität einhergehen kann.

Aktive Portfolioumstellung

In Anbetracht der aktuellen makroökonomischen Lage und der bemerkenswerten Bewertungsunterschiede zwischen den Sektoren bieten sich hervorragende Chancen für erfahrene aktive Manager. Eine gezielte Titelauswahl und Sektorrotation, basierend auf fundierten wirtschaftlichen Daten und Trendanalysen, sind unerlässlich, um das erhöhte Risiko zu managen und von den sich ändernden Trends zu profitieren. Durch eine intelligente Allokation können Anleger nicht nur kurzfristige Gewinne sichern, sondern auch langfristig stabile Renditen erzielen, indem sie sich auf Sektoren konzentrieren, die von der globalen Wirtschaftsentwicklung profitieren und gleichzeitig weniger anfällig in volatilen Märkten sind.

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