Interview mit Claus-Dieter Gorr, Geschäftsführender Gesellschafter, PremiumCircle Deutschland GmbH

 

Herr Gorr, Sie sind seit vielen Jahren mit PremiumCircle Ausrichter der von Maklern, Vermittlern und Versicherern sehr geschätzten Veranstaltungsreihe „VorsorgeFachForum“. Was sind die Leitthemen in diesem Jahr?

Unter dem Motto „Transparenz und Präzision entscheiden“ beschäftigen wir uns einerseits mit der aktuellen qualitativen Positionierung der biometrischen Versicherungsprodukte, andererseits aber auch mit der politischen Bewertung der Produkt- und Vertriebswelt. Gerade bei den beiden aus politischer Sicht kritischen Sparten, der PKV und der Berufsunfähigkeitsversicherung, gibt es dringenden Handlungsbedarf für die gesamte Versicherungswirtschaft, insbesondere aber für die Unternehmen, die eine gute Startposition haben. Also die, die bei den VorsorgeFachForen dabei sind.

Gibt es auch Themen die Makler und Vermittler so bisher am Markt noch nicht gehört haben?

Ja, ganz sicher eine ganze Reihe, die wir  – manchmal noch in der Nacht vorher – einbauen. Eine echte Premiere wird allerdings unsere neue benutzerfreundlicherer PremiumSoftware BU sein. Bei der neuen Software arbeiten wir zum ersten Mal mit Transparenzkriterien. Wir identifizieren in der PremiumSoftware die Fülle unverbindlicher Formulierungen und unbestimmter Begriffe in den AVB und geben unseren Usern damit eine weitere Sicherheit in der Verbraucherberatung. Das bedeutet, dass der Kunde im Protokoll künftig auch  eine Visualisierung und  additive Darstellung aller unklar formulierten und leistungsrelevanten AVB-Merkmalen erhält. Für alle Beteiligten also die maximale Rechtssicherheit.

Welchen Mehrwert haben Ihre Teilnehmer durch die diesjährigen VorsorgeFachForen? 

Das erklärt nichts so gut wie das Feedback eines Teilnehmers der letzten VorsorgeFachForen, Zitat: „Trotz 20 Jahren in der Branche und über 5000 Kundenverbindungen habe ich mich während der Vorträge nicht einmal getraut auf die Toilette zu gehen. Ich hatte Angst etwas zu verpassen.“ Wir sind überzeugt davon, dass keine andere Veranstaltung der Versicherungswirtschaft eine so transparente, präzise und quellenbasierte Darstellung der IST-Situation auf dem biometrischen Produktmarkt leistet, und gleichzeitig auch eine vertriebliche Perspektive für die Zukunft aufzeigt. Es gibt an einem Tag  – wie immer –  eine neutral qualitative Druckbetankung.

Herr Gorr Sie haben kürzlich eine vielbeachtete Studie zum PKV-GKV Vergleich im Auftrag der Grünen/Bündnis90 erstellt. Was waren die drei wichtigsten Aussagen/Erkenntnisse der Studie?

1.)          Die  überwiegende Anzahl der PKV-TOP-Tarife hat nicht einmal die Leistungen der GKV nach SGBV

2.)          Die gravierendsten Deckungslücken gibt es im Bereich der Anschlussheilbehandlung, Reha und Kur, der häuslichen Krankenpflege und Palliativversorgung, der Psychotherapie, Transporte, Prävention und Familienplanung (d.h. nicht rechtswidriger Schwangerschaftsabbruch, Haushaltshilfe, Sozialpädiatrie, Kindernachversicherung). Also Leistungskriterien die bei Inanspruchnahme meistens sehr kostenintensiv sind und erst mit zunehmender Vertragsdauer in Anspruch genommen werden.

3.)          PKV ist nicht gleich PKV. Es gibt enorme unternehmensindividuelle Unterschiede.

Interessanterweise haben, insbesondere die in der jüngsten ASS-Compact-Umfrage beliebtesten PKV-Anbieter, in ihren  AVB erhebliche Leistungslücken. Da werden in einigen Jahren auf einige  Vermittler und manchen Pool existenzielle Forderungen wegen Fehlberatung zukommen.

Kann man die PKV wirklich mit der GKV vergleichen? Was war die Intension für Sie diese Studie herauszubringen?

Systemisch betrachtet sicher nicht, die PKV ist eine klassische Versicherung und die Gesetzlichen Krankenkassen sind Teil des politisch gesteuerten Gesundheitssystems. Man kann aber sehr wohl den aktuellen  Leistungskatalog vergleichen.

„DIE“ PKV wird in der medialen Darstellung eher kritisch betrachtet. Unsere Studie sollte aufzeigen, inwieweit sich die Angebote der PKV-Unternehmen voneinander inhaltlich unterscheiden, und ob die selbstbewussten Werbeaussagen der PKV  – sinngemäß „alles besser“ – tatsächlich faktenbasiert sind. Diesem Auftrag sind wir nachgekommen.

Was antworten Sie auf die Kritik des PKV Verbandes und Politikern wie Herrn Lauterbach von der SPD, die genau diese Vergleichbarkeit der beiden System so nicht nachvollziehen wollen?

Der PKV-Verband sprach in seiner seiner ersten und später redigierten Pressemitteilung davon, die Kriterien seien nicht relevant gewesen und im Übrigen gäbe es eine nebenvertragliche Regulierungsmöglichkeit. Wir haben den Verband aufgefordert, uns die konkreten Rechts- und Kalkulationsgrundlagen für mögliche Kulanzleistungen zu benennen. Diese Informationen sind mangels Rechtsgrundlage bis heute ausgeblieben. Und genau das ist das Problem der PKV: es besteht eben nur ein Anspruch auf das, was vertraglich garantiert ist. Und genau das steht in der Studie drin. Sie legt transparent offen wozu die einzelnen Unternehmen offenbar bislang nicht selbst in der Lage waren, nämlich die unter Umständen für Versicherte existenziell relevanten Leistungsdifferenzierungen innerhalb der PKV-Tarifwelt. Herr Lauterbach mag ein guter Mediziner sein, mit dem Versicherungsystem scheint er sich nicht  so detailliert beschäftigt zu haben.

Bei den VFF im vergangenen Jahr haben Sie erstmals eine professionelle Leistungsfallbegleitung bei BU vorgestellt. Wie hat sich dieses Thema in den letzten Monaten entwickelt, wie groß ist die Nachfrage von Versicherungskunden?

Frau Maurath arbeitet eng mit unserem Haus zusammen und hat Ihren Firmensitz inzwischen nach Friedberg in unser Geschäftsgebäude verlegt. Durch die Nähe zu den Mitgliedern im Maklernetzwerk des PremiumCircles, aber eben auch durch die intensive Zusammenarbeit mit Fachanwälten, Kliniken und Ärzten, ist die Leistungsfallbegleitung ein prosperierender Geschäftszweig geworden. Gerade für kranke Menschen ist die Unterstützung im BU-Fall existenziell. Durch die gemeinsame Arbeit von Frau Maurath und dem Team von PremiumCircle sind Berufsunfähige im Leistungsfall auf Augenhöhe mit ihrem BU-Versicherer. Oftmals lässt sich so eine prozessuale Auseinandersetzung vermeiden.

Welche Qualifikation benötigen professionelle Leistungsfallbegleiter(in) für BU-Fälle? Kann das jeder Makler anbieten?

Durch die Vielzahl der unverbindlichen Formulierungen in den AVB, den komplexen Risiken einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung sowie der Darstellung und Nachweise der tatsächlichen Tätigkeiten und Qualifikationen, ist bei einer kundenorientierten  Leistungsfallbegleitung ein komplexes medizinisches und juristisches Wissen sowie eine empathische Herangehensweise und Durchsetzungskraft gegenüber den Versicherern erfolgsentscheidend. Die Regulierung eines BU-Falls ist kein Kfz-Schaden.  Für Makler ist die Leistungsfallbegleitung in erster Linie eine Haftungsfrage. Ich kann alle Makler nur davor warnen, sich auf dieses Glatteis zu begeben. Sie sollten direkt auf professionelle Leistungsfallbegleiter verweisen.

Wie reagieren die Versicherer auf dieses externe Dienstleistungsangebot?   

Die Versicherer verkürzen durch die professionelle externe Unterstützung erheblich die BU- Leistungsfallprozesse und optimieren ihren eigene Kostenstruktur. Gerade durch die medizinische Kompetenz von Frau Maurath und ihre jahrelange Regulierungserfahrung bei einem großen BU-Versicherer ist sie in der Lage, Leistungsanträge präzise, nachvollziehbar und entscheidungsreif aufzubereiten. Inzwischen gibt es erste Gespräche zu Pilotprojekten mit BU-Versicherern mit dem Ziel die Leistungsfallbegleitung outzusourcen. Der Vorteil für die Kunden liegen auf der Hand: eine neutrale Stelle ist zwischengeschaltet und wirkt so effizient bei der Entscheidung mit.

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