Beitrag von Stephan Michaelis LL.M., Fachanwalt für Versicherungsrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

 

Wenn ich Versicherungsmakler wäre, würde ich meinen Versicherungsmaklervertrag schon wieder ändern. Bestimmt wird es auch nicht die letzte Änderung sein. Deshalb empfehlen wir ja die regelmäßige Nutzung des sich selbst aktualisierenden Versicherungsmaklervertrages über unsere Internetseite www.app-riori.de.

Wenn Sie aber nicht unseren „sich selbst aktualisierenden Maklervertrag“ verwenden, dann würde ich Ihnen folgende ergänzende Klausel in den Absatz „Haftung“ anraten:

Unseren Mitarbeitern ist es nur gestattet, über die von unserer Maklerfirma vermittelbaren Versicherungsprodukte zu beraten. Erfolgt eine Beratung nicht zu Versicherungsprodukten, so übernehmen wir weder für die Beratung, das Produkt und daraus resultierenden Vermögensnachteilen eine Haftungsverantwortung. Diese sogenannten Fremdprodukte sind von unsere Maklerfirma nicht geprüft und nicht für eine Beratung oder Vermittlung freigegeben.

Natürlich brauchen Sie eine solche Klausel nur, wenn Sie auch mit Mitarbeitern zusammenarbeiten. Dabei ist es egal, ob es Ihre Angestellten, Ihre Handelsvertreter oder Tippgeber sind. Denn juristisch entsteht das Problem, dass alle deren Beratungen Ihnen und Ihrem Unternehmen zugerechnet werden. Dies wiederrum bedeutet, dass Sie dann auch für etwaige unrichtige Erklärungen  und Beratungen in die Haftung geraten können.

Warum ich auf die Idee gekommen bin, Ihnen diese zusätzliche Klausel anzuempfehlen, ergibt sich aus einer relativ jungen Entscheidung des BGH vom 21.11.2019 (Az. III ZR 244/18).

Ein Mitarbeiter der beklagten Gesellschaft hatte seinen Kunden schon seit vielen Jahren betreut. Dieser wünschte sodann eine Altersversorgung, die bei kurzer Laufzeit eine hohe Rendite abwirft (Wer will das nicht?). Der Versicherungsvermittler hatte zunächst die klassischen Lebens- oder Rentenversicherungsprodukte angeboten und empfohlen. Diese kamen aber für den Kunden nicht in Frage. Der Kundenberater verwies sodann auf eine Anlagemöglichkeit bei einem Rechtsanwalt, der bei einer kurzen Laufzeit eine hohe Rendite versprach.

Monate später hatte sich dann der Kunde auch entschlossen, bei diesem Rechtsanwalt anzulegen. Er investierte zunächst eine Mindesteinlage in Höhe von € 10.000,00, die er auch gut verzinslich zurück erhielt. Im weiteren Verlauf – über viele weitere Jahre – investierte er insgesamt weitere € 200.000,00.

Als der Rechtsanwalt verstarb, musste ein Insolvenzverfahren eröffnet werden. Denn der Insolvenzmasse von € 400.000,00 standen Forderungen in Höhe von € 8.000.000,00 gegenüber. Damit stand fest, dass der Kunde seine Anlagebeträge nicht vollständig zurückerhalten werde. Also entschloss sich dieser gegen die Gesellschaft, für die der Versicherungsvermittler arbeitete, Schadenersatzansprüche wegen fehlerhafter Anlageberatung geltend zu machen.

Man kann es sich kaum vorstellen, aber der Bundesgerichtshof unterstützte die Argumentation des geschädigten Klägers (Bestandskunden). Im Ergebnis bedeutet dies, dass eine Gesellschaft in einem sehr weitreichenden Umfang für die Erklärungen ihrer Mitarbeiter einzustehen hat. Obwohl die Gesellschaft nicht einmal Ansatzweise einen wirtschaftlichen Vorteil durch derartige Erklärungen haben könnte, wurden ihr dennoch die Erklärungen des Vermittlers als eine haftungsrelevante Beratung zugerechnet. Im Ergebnis bedeutet dies, dass eine sehr weitreichende Zurechnung nahezu sämtliche Erklärungen der Mitarbeiter gegenüber dem Unternehmer erfolgt.

Natürlich könne Argumentiert werden, dass es sich hier um einen sehr besonderen und ungewöhnlichen Sachverhalt handelt und deshalb auch der Kläger besonders schutzbedürftig sei. Auf der anderen Seite hätte es dem geschädigten Kunden auch auffallen müssen, dass jedenfalls die Gesellschaft nicht für eine derartige Erklärung hätte haftungsrechtlich einstehen wollen.

Ob diese weitere Klausel im Maklervertrag Sie wirklich enthaftet, können wir leider auch nicht vorhersagen. Denn natürlich könne man argumentieren, dass in Durchführung einer weiteren Beratung eine Art haftungsausschließende vorrangige Individualvereinbarung konkludent vorgenommen wurde, welche die Regelungen in den allgemeinen Geschäftsbedingungen des Versicherungsmaklers verdrängt. 100 % Sicherheit kann ich Ihnen daher leider auch nicht versprechen.

Auf der anderen Seite sensibilisiert diese neue Klausel sowohl den Vermittler als auch den Kunden. Dies ist ein möglicher weiterer Ansatz, weshalb nicht sämtlichen Erklärungen eines Vermittlers von dem Kunden vertraut werden dürfe. Denn Sie machen in Versicherungen und nicht in sonstigen Kapitalanlagen.

Dem Vermittler hingegen müssen Sie auch klar machen, dass ein Regressanspruch droht, wenn er zu Fremdprodukten Beratung leistet und damit eine Haftungsgrundlage schafft, ohne entgegenstehende Einnahmen zu generieren. Wirtschaftlich macht es jedenfalls keinen Sinn, irgendwelche „Fremdprodukte“ zu empfehlen, ohne eine hinreichende Beratung und Aufklärung vorzunehmen und damit nur eine Haftungsverantwortung auszulösen. Denn der Bundesgerichtshof war der Auffassung, dass es mit der „Empfehlung alleine“ jedenfalls an einer Plausibilitätsprüfung fehlte, sodass eine haftungsbegründende Pflichtverletzung auch für die Empfehlung des Fremdproduktes angenommen wurde.

Fazit:

Den Letzten beißen die Hunde. Und dies war dann im vorliegenden Fall die Gesellschaft des Vermittlers. Der Bundesgerichtshof hält deren Haftung sogar in diesem Fall für denkbar und hat sämtliche Einwendungen „wegargumentiert“. Damit hat der BGH in seiner neuesten Entscheidung nochmals aufgezeigt, dass eine sehr weitreichende Haftungsverantwortlichkeit der Unternehmer für Ihre Mitarbeiter besteht! Darum sollten Sie den Maklervertrag ändern und ggf. Ihrer besonderen Situation anpassen. Generell sollte in Ihrem Versicherungsmaklervertrag natürlich auch beschrieben sein, welche Beratungsleistungen Sie grundsätzlich erbringen. Auch hier empfiehlt es sich noch einmal, relativ abzugrenzen, dass Sie eben keine sonstigen Finanz- und Anlageprodukte vermitteln.

 

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