Aufgrund des außergewöhnlichen Investmentumsatzes im ersten Quartal konnte auch für das erste Halbjahr insgesamt ein neues Allzeithoch registriert werden.

 

Mit einem Ergebnis von knapp 29,4 Milliarden Euro wurde der Vorjahreswert um rund 20 % übertroffen. Rechnet man noch die Investitionen in Wohnimmobilien (ab 30 Einheiten) hinzu, die sich auf knapp 12,7 Milliarden Euro belaufen, ergibt sich ein Gesamtumsatz von gut 42 Milliarden Euro. Dies zeigt die Analyse von BNP Paribas Real Estate. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

–  Aufgrund des außergewöhnlich guten ersten Quartals wurde mit knapp 29,4 Milliarden Euro auch im ersten Halbjahr eine neue Bestmarke aufgestellt

–  Mit rund 10,8 Milliarden Euro im zweiten Quartal wurde der vergleichbare Vorjahreswert um 19 % verfehlt

–  Paketverkäufe können mit 14,2 Milliarden Euro ihren Umsatz mehr als verdreifachen

–  Einzeldeals müssen dagegen mit knapp 15,2 Milliarden Euro Rückgänge hinnehmen (-24 %)

–  Büro-Investments mit 35 % (10,4 Mrd. EUR) weiterhin die wichtigste Assetklasse

–  Berlin bleibt beliebtester Investitionsstandort (gut 3,85 Mrd. EUR)

–  Netto-Spitzenrenditen auch zum Halbjahr unverändert

–  Anteil ausländischer Käufer mit 41 % auf durchschnittlichem Niveau

–  Über 730 erfasste Transaktionen (nur Gewerbe)

“Aufgrund der im ersten Quartal aufgestellten Bestmarke mit über 18,5 Milliarden Euro Transaktionsvolumen, das überproportional durch große Portfolioverkäufe, Übernahmen und Beteiligungen, wie etwa der Übernahme der TLG durch Aroundtown, auf die alleine rund 4 Milliarden Euro entfielen, getrieben wurde, konnte auch im ersten Halbjahr 2020 ein neuer Umsatzrekord verzeichnet und der Vorjahreswert deutlich gesteigert werden. Betrachtet man nur das durch die Corona-Pandemie und den zwischenzeitlichen Lockdown massiv beeinflusste zweite Quartal, ist gegenüber dem Vergleichszeitraum 2019 ein Rückgang um 19 % zu beobachten. Im Vergleich mit dem fünfjährigen Durchschnitt ist im zweiten Quartal ein rund 17 % niedrigeres Investmentvolumen zu verzeichnen. Damit spiegeln sich die Unsicherheiten über die weitere Entwicklung der Märkte und die umfangreichen Einschränkungen während des Lockdowns, beispielsweise kaum durchführbare Besichtigungen oder erschwerte Finanzierungsbedingungen, im Investmentumsatz deutlich wider. Es zeigt sich aber auch, dass von einem teilweise prognostizierten Stillstand der Investmentmärkte keine Rede sein kann und viele Investoren weiter an deutsche Immobilien und eine Fortsetzung der positiven Trends glauben, sobald die Pandemie überwunden beziehungsweise durch Medikamente und Impfstoffe beherrschbar ist”, erläutert Piotr Bienkowski, CEO von BNP Paribas Real Estate Deutschland.

Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass die einzelnen Asset- und Risikoklassen in ganz unterschiedlichem Umfang von den Auswirkungen der Corona-Krise betroffen sind und demzufolge auch die Investoren eine differenzierte Risikoanalyse hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung vornehmen. Weiterhin sehr gefragt sind vor allem Logistik- und Residential-Investments. In Logistikimmobilien wurde auch im zweiten Quartal mehr angelegt als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Ausschlaggebend hierfür ist die Erwartung, dass die Logistikbranche durch ein beschleunigtes Wachstum des E-Commerce und einen eventuell leicht rückläufigen Trend bei der globalen Arbeitsteilung profitieren könnte. Auch auf den Wohnungsmärkten zeichnet sich keine grundsätzliche Änderung des Nachfrageüberhangs ab. Hinzu kommt, dass die Cashflows sehr stabil und das Risiko größerer Mietausfälle erheblich geringer ist als bei gewerblichen Immobilien. “Prinzipiell stehen die Käufer auch den deutschen Büromärkten weiterhin positiv gegenüber. Zum Tragen kommt in diesem Zusammenhang auch die Einschätzung der Anleger, dass Deutschland sich im internationalen Vergleich, wie bereits nach der Finanzkrise, am schnellsten von den Folgen der Pandemie erholen wird, was zu einem relativ zügigen Anziehen der Nutzernachfrage führen sollte. Allerdings sind zwischen den einzelnen Risikoklassen deutliche Unterschiede spürbar”, fasst Bienkowski das aktuelle Stimmungsbild zusammen.

Unmittelbar am stärksten betroffen vom Lockdown und den Kontaktbeschränkungen waren weite Teile des Einzelhandels. Dabei wurden bereits vor der Corona-Krise vorhandene Entwicklungen verstärkt, vor allem durch den schnell steigenden Anteil des E-Commerce, der zu Umsatzrückgängen im stationären Einzelhandel führt. Hiervon sind bestimmte Assetklassen, wie z. B. Shoppingcenter, die auf eine starke Kundenfrequenz angewiesen sind, stärker betroffen, als andere. Vor diesem Hintergrund waren bislang kaum Shoppingcenter-Transaktionen zu beobachten. Dagegen stehen funktionierende High Street-Objekte in den absoluten Top-Lagen der großen Städte, aber auch Fachmärkte und Fachmarktzentren mit hohem Food-Anteil sowie Supermärkte unverändert ganz oben auf dem Einkaufszettel der Investoren. Dies zeigt sich u. a. auch daran, dass im Food-Segment mehrere größere Portfolios verkauft wurden, was dazu geführt hat, dass Einzelhandelsobjekte bei Paketverkäufen mit fast 5,1 Milliarden Euro klar an der Spitze liegen.

Ähnlich stellt sich der direkte Impact für Hotels dar, die aufgrund der Lockdown-Maßnahmen mit massiven Übernachtungsrückgängen zu kämpfen hatten. Hier zeigt sich nach den umfangreichen Lockerungen aber bereits wieder ein klarer Aufwärtstrend, von dem auch Hotelinvestments im zweiten Halbjahr profitieren sollten. Wie auch in anderen Assetklassen dürfte auch hier in der nächsten Zeit eine stärkere Berücksichtigung des Risikoprofils zu beobachten sein. Vor allem erprobte Konzepte an Top-Standorten mit langfristigen Mietverträgen werden aber weiterhin auf eine breite Investorennachfrage treffen.

Rund 52 % des Gesamtumsatzes entfallen auf Einzelverkäufe, die knapp 15,2 Milliarden Euro zum Ergebnis beisteuern. Im Vorjahresvergleich liegt das Transaktionsvolumen damit um rund ein Viertel niedriger. Verantwortlich hierfür ist auch, dass in einer Spontanreaktion während des Lockdowns einige Deals erst einmal “on hold” gesetzt wurden, um die weitere Entwicklung abzuwarten. Viele dieser Deals befinden sich mittlerweile wieder im Prozess und dürften im zweiten Halbjahr abgeschlossen werden. Portfoliotransaktionen kommen auf fast 14,2 Milliarden Euro (48 %) und können ihr Resultat mehr als verdreifachen. Viele M&A-Abschlüsse und Anteilskäufe an bestehenden Portfolios sowie eine ganze Reihe größerer Paketverkäufe, die bereits in der Vor-Corona-Zeit nahezu endverhandelt waren, haben für das zweitbeste Ergebnis nach 2007 gesorgt. Am meisten investiert wurde in Einzelhandelsportfolios, häufig mit einem hohen Food-Anteil, gefolgt von Büro- und Logistikpaketen.

Büroobjekte konnten ihre Spitzenposition behaupten und kommen mit knapp 10,4 Milliarden Euro auf einen Umsatzanteil von 35 %. Der im Vergleich zu den Vorjahren geringere Anteil resultiert unter anderem daraus, dass gerade großvolumige Objekte während des Lockdowns häufig “on hold” gesetzt wurden, da eine detaillierte Prüfung des Investments aufgrund der Kontaktbeschränkungen nicht möglich war, sodass an einer Verschiebung des Prozesses kein Weg vorbeiging. Auf Platz zwei folgt der Einzelhandel mit gut 7,1 Milliarden Euro, was einem Anteil von 24 % entspricht. Ihre Beteiligung gesteigert haben Logistik-Investments, die für rund 13 % (3,7 Mrd. EUR) verantwortlich sind. Hoteltransaktionen fallen mit knapp 1,4 Milliarden Euro (5 %) erwartungsgemäß geringer aus als im Vorjahr. In einer vergleichbaren Größenordnung bewegen sich Healthcare-Objekte, die mit 1,6 Milliarden Euro rund 5,5 % zum Umsatz beitragen und auch in der Krise auf weiterhin großes Investoreninteresse treffen.

Aufgrund des hohen Portfolioanteils liegt der Anteil ausländischer Anleger mit knapp 41 % höher als in den letzten beiden Jahren, da gerade diese Investoren hier traditionell besonders stark sind. Knapp an die Spitze gesetzt haben sich erneut europäische Anleger mit einem Anteil von gut 14 %. Nur unwesentlich weniger haben Käufer aus Nahost investiert (knapp 14 %). Nordamerikanische Käufer belegen mit 10 % Platz 3 und können ihren Anteil im Vorjahresvergleich leicht steigern.

“In den deutschen A-Standorten (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart) beläuft sich das Investitionsvolumen im ersten Halbjahr auf knapp 14,4 Milliarden Euro. Im Vorjahresvergleich entspricht dies sogar einer Steigerung um gut 4 %. Bei der Interpretation dieses Ergebnisses ist allerdings eine detaillierte Analyse notwendig. Verantwortlich für den hohen Umsatz sind überproportional hohe Beiträge anteilig eingerechneter Portfoliotransaktionen. Insgesamt entfallen rund 38 % des Resultats der A-Standorte auf diese Kategorie. Im ersten Halbjahr 2019 waren es dagegen nur gut 8 %. Betrachtet man nur Einzelobjekte, kommen die großen Metropolen aktuell auf knapp 9 Milliarden Euro, was einem Rückgang um 29 % entspricht, wofür vor allem die großvolumigen Deals, die vorübergehend ‘on hold’ gesetzt wurden, verantwortlich sind”, erläutert Marcus Zorn, Deputy CEO von BNP Paribas Real Estate Deutschland. Am meisten investiert wurde mit 3,85 Milliarden Euro (-27 %) erneut in Berlin, gefolgt von Frankfurt mit gut 2,9 Milliarden Euro (+24 %) und Hamburg mit knapp 2,2 Milliarden Euro (+92 %). In der Hansestadt wurden mit dem von BNP Paribas Real Estate vermittelten Ericus-Contor und dem Neuen Dovenhof trotz Corona-Krise zwei großvolumige Core-Transaktionen abgeschlossen. München verzeichnet mit knapp 2,1 Milliarden Euro einen leichten Rückgang (-4 %), wohingegen Düsseldorf um 58 % auf gut 1,8 Milliarden Euro zulegen konnte. Auch Köln (702 Mio. EUR, -10 %) und Stuttgart (833 Mio. EUR, -15 %) weisen lediglich moderate Umsatzrückgänge auf.

“Bezüglich der Preisentwicklung sind die unterschiedlichen Marktsegmente zu differenzieren. Im Core-Segment sind aufgrund des weiterhin sehr großen Investoreninteresses kaum Preisanpassungen zu beobachten, und wenn, dann in der Regel nur im Zusammenhang mit verteuerten Finanzierungen. Die Netto-Spitzenrenditen bleiben insgesamt in den großen Städten aber unverändert. Mit 2,60 % liegen sie in Berlin und München weiterhin am niedrigsten. Gemeinsam auf dem dritten Platz folgen Frankfurt und Hamburg mit jeweils 2,80 %. Außerhalb der vier absoluten Top-Standorte, also in Köln, Düsseldorf und Stuttgart, sind bislang unverändert 3,00 % anzusetzen”, stellt Marcus Zorn fest. Etwas anders stellt sich die Situation im Value Add-Segment dar, wo Investoren aufgrund der Unsicherheit über die zukünftige Marktentwicklung durchaus spürbare Risikoabschläge kalkulieren. Gleichzeitig sind viele Käufer aber nicht bereit, zu deutlich niedrigeren Preisen zu verkaufen, da sie davon ausgehen, dass die Märkte nach der Corona-Krise ihren grundsätzlich positiven Aufwärtstrend fortsetzen werden. Vor diesem Hintergrund werden in diesem Marktsegment aktuell relativ wenige Transaktionen getätigt, da noch kein abschließendes ‘Markt-Agreement’ zwischen Verkäufern und Käufern zu angemessenen Kaufpreisniveaus gefunden wurde. Der momentane Findungsprozess dürfte im zweiten Halbjahr noch weiter anhalten.

“Die Investmentumsätze und die Kaufpreisentwicklung des zweiten Quartals zeigen, dass auf den Investmentmärkten erwartungsgemäß natürlich ein erheblicher Corona-Effekt zu beobachten ist. Bestehende Unsicherheiten darüber, wann es einen Impfstoff beziehungsweise wirksame Medikamente gibt, ob die Krise zu strukturellen Verhaltensänderungen bei den Nutzern führt und wie schnell sich die wirtschaftliche Erholung vollziehen wird, haben Einfluss auf das Investitionsverhalten. Es zeigt sich aber auch, dass zwischen einzelnen Assetklassen erhebliche Unterschiede bestehen. Gleichzeitig zeichnet sich immer deutlicher ab, dass Deutschland auf Käuferseite erneut als der sichere Hafen angesehen wird. Die meisten Investoren gehen davon aus, dass Deutschland analog zur Finanzkrise die schnellste Recovery hinlegen dürfte und die Rezession 2020 geringer ausfallen wird als in den meisten anderen Ländern. Hierfür spricht auch, dass die geschnürten finanziellen Hilfen nicht nur absolut, sondern auch bezogen auf das BIP teilweise deutlich über dem vergleichbaren Niveau anderer Länder liegen. Auch der traditionell großen Rechtssicherheit und stabilen politischen Situation kommt gerade in schwierigen und unsicheren Zeiten eine besondere Bedeutung zu”, erläutert Piotr Bienkowski.

Zusammenfassend lässt sich damit festhalten, dass sich die Situation aufgrund der Corona-Krise zwar spürbar eingetrübt hat, die Märkte aber gleichzeitig von Stillstand oder kompletten Einbrüchen weit entfernt sind. Berücksichtigt man weiterhin, dass sich das Stimmungs-Sentiment in den vergangenen Wochen Schritt für Schritt aufgehellt hat und sich eine Reihe großer Transaktionen, die “on hold” gesetzt wurden, wieder voll im Prozess und auf der Zielgeraden befinden, spricht vieles dafür, dass bereits im dritten Quartal wieder eine messbare Marktbelebung zu spüren sein wird. “Da Restrisiken, wie eine zweite Infektionswelle, noch nicht vollständig gebannt sind, bleibt es unverändert schwierig, eine Prognose für das Gesamtjahr abzugeben. Es deutet aber vieles darauf hin, dass ein Investmentumsatz über 50 Milliarden Euro möglich ist, womit der zehnjährige Schnitt spürbar übertroffen werden könnte. Für die Preisentwicklung stellt eine stabile Situation im Core-Segment sowie ein noch anhaltender Findungsprozess im Value-add-Bereich das aus heutiger Sicht wahrscheinlichste Szenario dar”, fasst Piotr Bienkowski die Aussichten zusammen.

 

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