Liebe Versicherungsmaklerinnen und Versicherungsmakler, liebe Mandantinnen und Mandanten,

 

aus unserer Sicht gibt es einen klaren Trend, dass immer mehr Versicherungsmakler auch sehr gerne eine Online-Vermittlung von Versicherungsverträgen anbieten möchten. Dabei stellt sich dann natürlich die juristische Frage, wie ein Online-Vergleich, eine Bewertung und ein erteilter Rat des Maklers inhaltlich genau ausgestaltet sein müssen?

Eine „Online-Plattform“ für die Vermittlung von Versicherungsprodukten erhielt zu diesen Fragen eine konkrete Antwort durch das Landgericht Leipzig (Az. 05 O 1789/19), welche recht frisch am 09.09.2020 verkündet wurde und gerade rechtskräftig wurde. Das vollständige Urteil können Sie hier nachlesen.

Was war geschehen:

Der Online-Anbieter von Versicherungsschutz hatte einen Vergleich für Haftpflichtversicherungen auf seiner Internetseite. Die Angebote wurden in einer Ergebnisliste mit einem (sehr schlecht) bis zu fünf (sehr gut) Sternen bewertet. Blickt der Verbraucher auf die Sterne unterhalb des jeweiligen Anbieternamens, erscheint eine Übersicht. Wird weiter auf das „i“ vor dem jeweiligen Bewertungskriterium geklickt, öffnet sich ein weiteres Fenster, das die Bewertungskriterien erläutert. Danach sind diesem, sich weiter öffnenden Fester Kriterien zu entnehmen, die bewertet werden können (z. B. die Zuverlässigkeit und dem Service beim Anfordern individueller Angebote zum Kriterium „Angebotswesen“).

Dem hiesigen Kläger waren diese Informationen aber nicht genug. Er rügt, dass es keine weiteren Hinweise oder Erläuterungen zum Zustandekommen der Sterne-Bewertungen gab. In einer Rubrik „so werden die Tipps ermittelt“ sei jedenfalls damals kein weiterer Hinweis erfolgt, welche Kriterien für die „Sterne-Bewertungen“ herangezogen worden.

Nun stellt sich natürlich die erste rechtliche Frage, ob die Sterne-Bewertungen von sehr schlecht bis sehr gut ausreichend sind, um dem Kunden das Ergebnis der vergleichenden Betrachtung der unterschiedlichen Versicherungsprodukte vorzustellen? Oder ist nur das Ergebnis der Bewertung des Versicherungsmaklers nicht ausreichend? Muss der Online-Vergleich ggf. selber seine eigenen Bewertungskriterien, auf denen das Vergleichsergebnis basiert, offenlegen? Offensichtlich war auch nicht ganz klar, wer denn nun die Sternebewertungen und die Einteilungen vorgenommen habe. Der Online-Vermittler habe darauf hingewiesen, er selbst habe die Einteilung in die unterschiedlichen Sterne-Bewertungen vorgenommen. Die Klägerseite hatte noch gerügt, dass nicht erkennbar sei, welche Personen unter welchen Bedingungen und nach welchen Kriterien wie viele Bewertungen abgegeben hatten.

Der Online-Vermittler (die Beklagte), war der Ansicht, dass die Verbraucher hinreichend informiert waren, von wem und wie die Sterne-Bewertungen vorgenommen wurden. Die Verbraucher seien auch über die Person des Bewertenden und die Bewertungsart – „Bewertung nach der Erfahrung des Betreibers des Vergleichsrechners“ – informiert worden.

Für das Gericht stellte sich also die Frage, ob eine ausreichende Information durch die vom Online-Vermittler vorgenommene „Sterne-Bewertung“ für die Online-Versicherungsvermittlung vorgenommen worden war?

Die wettbewerbsrechtliche Grundlage in einem solchen Fall könnte § 5a Abs. 2 UWG sein. Nach dieser Norm handelt unlauter, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält, die dieser je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen und deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte. Als Vorenthalten gilt auch das Verheimlichen wesentlicher Informationen und die Bereitstellung wesentlicher Informationen in unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise. Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher des angesprochenen Verbraucherkreises abzustellen (§ 3 Abs. 4 UWG).

Aufgrund dieser Rechtsgrundlage erkannte das Landgericht Leipzig einen Verstoß gegen § 5a Abs. 2 UWG. An den Bewertungen kann sich ein Verbraucher jedoch nur dann in sachlich nachvollziehbarer Weise orientieren, wenn er Informationen darüber erhält, wer die Bewertungen abgegeben hat und welche sachbezogenen Kriterien den Bewertungen zu Grunde liegen.

Damit ist eigentlich auch schon alles Relevante für die Anforderungen an ein eigenes Bewertungssystem des Versicherungsmaklers gesagt. Danach ergibt sich für Versicherungsmakler als erstes die klare Verpflichtung, konkret mitzuteilen, dass man als Versicherungsmakler einen solchen Online-Vergleich vornimmt.

Im Weiteren ist es auch nicht ausreichend, wenn als Bewertungskriterium nur die Zuverlässigkeit und der Service beim Anfordern individueller Angebote zum Kriterium „Angebotswesen“ für die Sterne-Bewertung zur Verfügung gestellt wird. Vielmehr müssen vernünftige Grundlagen für die Bewertung auf der Internetseite mitgeteilt werden, sodass sachbezogene Kriterien den Bewertungen zugrunde liegen.

Das Gericht war daher der Auffassung, dass weder Kriterien für die Nachvollziehbarkeit der Bewertungen noch Angaben zum Bewertenden (dem Online-Vergleicher) entnommen werden konnten. Mangels Vorliegen besonderer Umstände ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Vorenthalten einer wesentlichen Information, die der Verbraucher nach den Umständen für eine informierte Entscheidung benötigt, auch geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er bei der gebotenen gewesenen Information nicht getroffen hätte (BGH, GRUR 2016, 403, Rd. 25).

Fazit:

Ein Versicherungsmakler ist also grundsätzlich berechtigt, eine eigenes Bewertungssystem für den Vergleich von Versicherungen aufzubauen. Eine erste selbstverständliche Information, die die Internetseite zu enthalten hat, ist, in welchem Rechtsstatus der Versicherungsvermittler agiert. Ein Versicherungsmakler hat also zunächst einmal klar darzulegen, dass er als Versicherungsmakler tätig ist.

Wenn ein Versicherungsmakler dann ein eigenes Bewertungssystem aufbaut, dann hat er die Art und Weise, wie er zu der eigenen Bewertung gekommen ist, nachvollziehbar darzulegen. Für die Differenzierung bedarf es auch sachbezogener Kriterien zu den Bewertungen. Nach meiner Auffassung sind auch subjektive individuelle Bewertungen des Versicherungsmaklers sachbezogene Kriterien, die zur Differenzierung des Bewertungsergebnissen herangezogen werden können.

Eine vom Makler selbst geschaffene Sterne-Bewertung muss jedoch darlegen, auf welcher genauen Grundlage die Bewertungen und deren Ergebnis erfolgten. Natürlich darf eine solches Bewertungssystem auch nicht irreführend sein. Es muss klar zu erkennen sein, dass es sich nicht um Kundenbewertungen handelt, sondern um ein eigenes Bewertungssystem des Versicherungsmaklers.

Jedenfalls hat der Versicherungsmakler sein „Geschäftsgeheimnis“ dahingehend zu offenbaren, dass er seine individuellen Bewertungskriterien für den Produktvergleich über die Internetseite offenzulegen hat. Denn für einen potenziellen Kunden muss es schon nachvollziehbar sein, auf welchen Bewertungsgrundlagen die Sterne-Bewertungen ihr Ergebnis gefunden haben.

Ein solches Informationssystem entspricht nur dann den gesetzlichen Anforderungen, wenn es die wesentlichen Informationen zu den Bewertungskriterien beinhaltet, um einen Verbraucher hinreichend zu informieren. Dementsprechend dürfen auch keine Informationen vorenthalten werden. Die wesentlichen Informationen sind in klarer, verständlicher und eindeutiger Weise bereitzustellen.

Ansonsten droht Ihnen möglicherweise eine Unterlassungsklage, gegen eine derartige Online-Vermittlung mit einen eigenen Bewertungssystem, wie in dem vorliegenden Rechtsstreit beim LG Leipzig.

Herzliche Grüße!

Ihr,

Stephan Michaelis LL.M.

Fachanwalt für Versicherungsrecht

Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

 

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