Weltweit verursachten Naturkatastrophen Schäden von 210 Mrd. US$, 82 Mrd. US$ waren versichert

 

Die Naturkatastrophenschäden des Jahres 2020 lagen deutlich über denen des Vorjahres. Rekorde bei relevanten Gefährdungen machen nachdenklich. Ob die besonders heftige Hurrikansaison, extreme Waldbrände oder Gewitterserien in den USA: Bei all diesen Gefahren wird langfristig der Klimawandel eine zunehmende Rolle spielen. Vor fünf Jahren hat sich die Welt in Paris das Ziel gesetzt, die Erderwärmung deutlich unter 2°C zu halten. Es ist Zeit zu handeln.

Im Überblick

Die weltweiten Schäden durch Naturkatastrophen betrugen 2020 rund 210 Mrd. US$, wovon etwa 82 Mrd. US$ versichert waren. Damit lagen die Gesamtschäden ebenso wie die versicherten Schäden deutlich über denen des Vorjahres (166 Mrd. US$ und 57 Mrd. US$).

Hoch war der US-Anteil an den Schäden: Von den Gesamtschäden entfielen 95 Mrd. US$ (Vorjahr 51 Mrd. US$) und von den versicherten Schäden 67 Mrd. US$ (Vorjahr 26 Mrd. US$) auf Naturkatastrophen in den USA.

Etwa 8.200 Menschen kamen bei den Naturkatastrophen des Jahres ums Leben.

Insgesamt lag der nicht versicherte Anteil bei Naturkatastrophenschäden 2020 bei rund 60%. Erneut zeigte sich, dass gerade in den aufstrebenden Ökonomien Asiens nur ein geringer Teil der Schäden abgesichert ist: Die teuerste Naturkatastrophe des Jahres war ein schweres Hochwasser in China während des Sommermonsuns. Die Gesamtschäden betrugen rund 17 Mrd. US$, nur etwa 2% waren versichert. Privatwirtschaftliche und öffentlich-private Absicherungslösungen (Public Private Partnerships) könnten dazu beitragen, die Resilienz zu stärken, also die Fähigkeit, den Status vor Eintritt der Naturkatastrophe schnell wieder zu erreichen.

Serie heißer Jahre geht weiter – Extremtemperaturen am nördlichen Polarkreis

Fünf Jahre nach dem Klimaabkommen von Paris reihte sich 2020 in die Serie sehr warmer Jahre ein. Die globale Mitteltemperatur von Januar bis November lag um etwa 1,2°C höher als im vorindustriellen Vergleichszeitraum (1880-1900) – nur 0,01°C entfernt von 2016, dem bislang wärmsten Jahr. Einen besonders starken Zuwachs erlebten Regionen nördlich des Polarkreises, wo der Anstieg der Mitteltemperatur mehr als doppelt so hoch war wie im weltweiten Durchschnitt. Besonders betroffen war Nordsibirien. Dort kam es zu ausgedehnten Waldbränden und Temperaturen jenseits von 30°C.

Ernst Rauch, Chef-Klima- und Geowissenschaftler von Munich Re, sagte: „Auch wenn Wetterextreme eines Jahres nicht direkt auf den Klimawandel zurückgeführt werden können und zur Einordnung ein längerer Zeitraum betrachtet werden muss: Diese Extremwerte passen zu den erwartbaren Folgen eines jahrzehntelangen Erwärmungstrends von Atmosphäre und Ozeanen, der sich auf Risiken auswirkt: Zunehmende Hitzewellen und Dürren heizen Waldbrände an, starke tropische Wirbelstürme werden häufiger, Gewitter ebenso. Forschungsarbeiten zeigen, dass Hitzewellen wie zuletzt in Nordsibirien 600 Mal wahrscheinlicher sind als früher.“

Nordamerika mit den höchsten Schäden

Von den zehn teuersten Naturkatastrophen entfielen sechs auf die USA. Schadenträchtigstes Ereignis war der Kategorie-4-Hurrikan Laura, der am 27. August bei Lake Charles im Westen Louisianas mit Windgeschwindigkeiten von 240 km/h auf Land traf. Laura verursachte erhebliche Wind- und Sturmflutschäden sowie ausgedehnte Überschwemmungen auch im Landesinneren. Der Gesamtschaden betrug 13 Mrd. US$, 10 Mrd. US$ waren versichert.

Insgesamt übertraf die Hurrikansaison im Nordatlantik mit 30 Stürmen (davon 13 Hurrikane) sogar das Rekordjahr 2005 (28 Stürme, davon 15 Hurrikane). Hinzu kam, dass noch nie so viele Wirbelstürme (12) in einer Saison auf die US-Küste trafen. Der bisherige Höchstwert lag bei 9. Insgesamt betrugen die Schäden durch die Hurrikansaison in Nordamerika 43 Mrd. US$, davon waren 26 Mrd. US$ versichert.

Mehrere Faktoren haben die Hurrikanaktivität beeinflusst. Neben hohen Wassertemperaturen, bei denen der Klimawandel schon eine Rolle spielt, waren auch La-Niña-Bedingungen im Äquatorialpazifik ein Treiber: Eine La-Niña-Phase ist die kühle Ausprägung der natürlichen Klimaschwankung ENSO (El Niño-Southern Oscillation); sie begünstigt das Entstehen von Wirbelstürmen im Nordatlantik.

Auffallend war, wie schnell einige der Wirbelstürme vor Landfall an Stärke gewannen – ein Phänomen, das seit einigen Jahren verstärkt zu beobachten ist. Ungewöhnlich waren auch die starken Hurrikane zum Ende der Saison, wenn normalerweise die Sturmaktivität abnimmt. Sieben Wirbelstürme entwickelten sich im Oktober und November, darunter fünf Hurrikane. Der letzte Hurrikan der Saison, Iota, war als Kategorie-5-Sturm im November zugleich der stärkste.

Unwetter im Mittleren Westen der USA

Eine der teuersten Katastrophen mit Schäden von 6,8 Mrd. US$ war ein „Derecho“, eine schnell fortschreitende Linie schwerer Gewitter, der am 10. August über den Mittleren Westen der USA zog. Besonders betroffen war Iowa, wo mehrere Millionen Hektar Mais- und Sojabohnenkulturen zerstört wurden. Der Derecho war nur eines von vielen Schwergewitterereignissen in einer aktiven Gewittersaison. Insgesamt waren die Schwergewitterschäden in den USA deutlich höher als im Vorjahr: 40 (Vorjahr 30) Mrd. US$, davon waren 30 (Vorjahr 20) Mrd. US$ versichert.

Trockenheit begünstigt Waldbrände in Kalifornien, Colorado und Oregon

Im Westen der USA wütete erneut eine Reihe enormer Waldbrände, darunter die größten, die sich je in Kalifornien und Colorado ereignet haben. Begünstigt wurde die Entwicklung durch Dürre vor allem in Nordkalifornien und an der Nordwest-Pazifikküste. Insgesamt 47 Menschen fielen den Flammen zum Opfer.

In Kalifornien wurden bis Anfang Dezember rund 9.600 Waldbrände gezählt. Viele der Feuer waren klein und verursachten keine Schäden, aber bei einigen sehr großen Bränden wurden alleine rund 10.500 Gebäude beschädigt oder zerstört. Die verbrannte Fläche war mehr als viermal so groß wie im Durchschnitt von 2015 bis 2019. Unter den größten Bränden in Kalifornien seit den 1930er Jahren liegen die Einzelbrände von 2020 auf den Rängen 1 sowie 3 bis 6.

Bemerkenswert war, dass sich die zerstörerischen Waldbrände nicht auf Kalifornien beschränkten, sondern den gesamten Westen der USA betrafen. In Colorado fanden die drei größten Brände alle 2020 statt. Außergewöhnlich war die Waldbrandaktivität auch in Washington sowie in Oregon, wo rund 4.000 Wohngebäude in Flammen aufgingen – eine der schlimmsten Naturkatastrophen in dem Bundesstaat bisher.

Die Gesamtschäden durch die Waldbrände im Westen der USA betrugen rund 16 Mrd. US$, davon waren rund 11 Mrd. US$ versichert.

Asien: Folgenreiche Wirbelstürme und Überschwemmungen

In Asien verursachten Naturkatastrophen geringere Schäden als im Vorjahr, obwohl ein Sommerhochwasser in China 2020 das teuerste Einzelereignis weltweit war. Die Gesamtschäden in Asien betrugen 67 (Vorjahr 77) Mrd. US$, davon waren rund 3 (Vorjahr 18) Mrd. US$ versichert.

Im nördlichen Indischen Ozean war Zyklon Amphan der teuerste tropische Wirbelsturm. Er traf am 20. Mai an der Grenze zwischen Indien und Bangladesch auf Land. Die Schäden beliefen sich auf etwa 14 Mrd. US$. Versichert davon war nur sehr wenig. Auch dieses Ereignis zeigt die in Entwicklungs- und Schwellenländern unverändert hohe Versicherungslücke, die immer wieder die wirtschaftliche Entwicklung hemmt.

Im nordwestlichen Pazifik entwickelte sich Haishen zum ersten Super-Taifun der pazifischen Saison 2020. Er zog zunächst am Südwesten Japans vorbei und verursachte starke Regenfälle, Sturmfluten, Überschwemmungen und Erdrutsche. Am 7. September traf er an der Küste Südkoreas auf Land. Die Gesamtschäden betrugen 1,2 Mrd. US$, wovon 0,8 Mrd. US$ versichert waren.

In der Region Kyushu im Süden Japans führten Anfang Juli rekordhohe Niederschläge zu Überschwemmungen, Erdrutschen und Schlammlawinen. Deiche brachen, Brücken wurden weggespült. Mehr als 80 Personen starben, über eine Million Menschen mussten die Region verlassen.

Glimpfliche Naturkatastrophen-Bilanz in Europa

In Europa fiel die Naturkatastrophen-Bilanz 2020 einigermaßen glimpflich aus. Die Schäden betrugen rund 12 Mrd. US$ (10,6 Mrd. €), davon waren 3,6 Mrd. US$ (3,1 Mrd. €) versichert.

Lokal extreme Schäden lösten – für den Herbst typische – Starkniederschläge entlang der Mittelmeerküste in Südfrankreich und Italien aus. In einigen Orten fielen binnen sechs Stunden bis zu 400 mm (Liter/m²) Regen. Anfang Oktober waren es in der Grenzregion an einem Tag bis zu 600 mm. Sturzfluten zerstörten hunderte Häuser, Brücken und Straßen.

In Kroatien ereignete sich am 29. Dezember das stärkste Erdbeben in dem Land seit 140 Jahren. Das Epizentrum des Bebens mit einer Magnitude von 6,4 lag nahe der Kleinstadt Petrinja, rund 50 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Zagreb. Lokal gab es schwere Schäden, mindestens sieben Menschen kamen nach Medienberichten ums Leben. Wegen der geringen Bevölkerungsdichte nahe des Bebenherdes dürften die Schadenssummen insgesamt begrenzt bleiben. Für eine Schätzung ist es aber zu früh.

Bereits im März hatte ein Beben der Magnitude 5,3 die Region nördlich von Zagreb erschüttert. Das Epizentrum lag nur rund 10 Kilometer von Zagreb entfernt. Die Sachschäden betrugen rund 1,8 Mrd. US$ (1,6 Mrd. €).

 

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