Die US-Zinsstrukturkurve wird steiler

 

Nachdem die Demokraten die Senatsstichwahlen in Georgia Anfang Januar gewonnen haben, stieg auch die Wahrscheinlichkeit für zusätzliche Staatsausgaben, was sich zugleich in den Markterwartungen für steigende US-Zinsen widerspiegelte. Wenn die Coronakrise endlich vorbei ist, so die Erwartung, wird die expansive Fiskalpolitik nicht nur das Wachstum, sondern auch die Inflation erhöhen – und vielleicht wird dann auch die lockere Geldpolitik der Federal Reserve (Fed) schneller gestrafft.

Das Wachstum und Inflation und damit auch die Zinsen, dürften von Tempo, Ausmaß und Struktur des neuen Konjunkturprogramms abhängen, das der Kongress vermutlich verabschieden wird. Der Vorschlag der Republikaner sieht zwar nur 618 Milliarden US-Dollar Hilfen vor, doch können die Demokraten nun ihr 1,9 Billionen-Paket trotzdem durchs Parlament bringen. Geplant sind unter anderem Konsumschecks im Wert von 1.400 US-Dollar pro Person und eine Anhebung des Mindestlohns auf 15 US-Dollar pro Stunde.

Sollte dieses derart große Paket tatsächlich verabschiedet werden, müsste das Finanzministerium vermutlich mehr Anleihen emittieren. Wachstum und Inflation dürften ebenfalls stärker zulegen. Und dann ist auch mit einer rascheren Normalisierung der Langfristrenditen zu rechnen.

Anzeichen einer Reflation

Es ist davon auszugehen, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in der zweiten Jahreshälfte und Anfang 2022 stark wächst. Das 935 Milliarden US-Dollar schwere Paket aus dem Dezember dürfte dann ebenso wirken wie die umfangreichen neuen Hilfen, über die der Kongress zurzeit debattiert. Hinzu kommt ein beachtlicher Nachfragestau. Wenn wir durch die Impfungen der Herdenimmunität näherkommen, werden die Verbraucher, vielleicht gegen Jahresmitte, wohl auch ihre Ausgaben erhöhen.

Schon jetzt gibt es in den USA Anzeichen für eine Reflation. Wenn die Arbeitslosigkeit in den kommenden Wochen zurückgeht, steigen vermutlich auch die Mieten wieder. Diese Komponente des Verbraucherpreisindex war zuletzt sehr schwach. Hinzu kommen Basiseffekte. Etwa zur Jahresmitte dürfte sich die niedrige Inflation des Vorjahres in den Zahlen bemerkbar machen. Die große Frage ist aber, warum steigen die Realrenditen nicht parallel zu dieser Reflationsdynamik?

Die Realrenditen gehen meist dann zurück, wenn die Schuldenstandsquote steigt, also der Quotient aus Staatsschulden und BIP. Die Anleihenmärkte reagieren auf konkrete Zahlen. Man unterstellt, dass eine hoch verschuldete Regierung nichts gegen eine höhere Teuerung aufzubringen hat und Staatsschulden wachstumsfördernde Investitionen verdrängen – es sei denn, das BIP zeigt das Gegenteil.

Umgekehrt könnten die Realrenditen allmählich steigen, wenn an der Unterstützung seitens Fiskalpolitik kein Zweifel mehr besteht und die Impfkampagnen problemlos ablaufen. Die Wirtschaft kann dann wieder geöffnet werden und über den Langfristtrend wachsen. Dann ist davon auszugehen, dass die nominalen Renditen schnell reagieren werden – und damit auch die realen. Zu guter Letzt werden sich auch die höheren Staatsanleihenemissionen zur Finanzierung der beispiellosen Konjunkturprogramme in den Kursen zeigen.

Höhere Laufzeitprämien in Aussicht?

Die Nachfrage ausländischer Investoren nach US-Staatsanleihen könnte den Renditeanstieg aber begrenzen. Wenn die Fed schließlich auf die neue Inflationsdynamik reagiert, wird sie wohl entschlossener handeln als am Markt vermutet. Dennoch liegen die Marktteilnehmer wohl richtig, wenn sie dies erst in einigen Jahren erwarten. Dieses Jahr könnten niedrige Kurzfristzinsen und längere Durchschnittslaufzeiten von US-Staatsanleihen aber für eine deutlich steilere US-Zinsstrukturkurve sorgen.

Diese steilere Kurve könnte ausländischen Investoren in den USA eine deutlich höhere Laufzeitprämie bieten, als sie wahrscheinlich an ihren eigenen Anleihemärkten erhalten würden und das bei einer recht günstigen Währungsabsicherung des US-Dollars. Die Frage ist, ob die Zuflüsse von Nicht-US-Anlegern in US-Staatsanleihen ausreichen, um einen erheblichen Anstieg der Renditen von Anleihen mit langer Laufzeit zu verhindern.

Die Nachfrage aus dem Ausland könnte die Laufzeitprämie in den USA dämpfen. Sie ändert aber nichts an der wirtschaftlichen Entwicklung und der Haltung der Fed – und damit auch nichts an der Erwartung steigender Renditen. Wir bevorzugen deshalb inflationsindexierte Titel und setzen in unseren Portfolios im weiteren Verlauf des Jahres auf eine unterdurchschnittliche Duration.

 

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