Um US-amerikanische Technologieunternehmen gibt es wohl immer genügend Gesprächsstoff.

 

Zuletzt drehte sich aber alles um ein sehr makroökonomisches Thema: Der starke Anstieg der Renditen amerikanischer Staatsanleihen habe dem Tech-Sektor einen schmerzhaften Jahresauftakt beschert, sagt Lars Kreckel, Global Equity Strategist bei Legal & General Investment Management (LGIM) – geht aber davon aus, dass Technologiewerte 2022 insgesamt weiter überdurchschnittlich abschneiden werden:

„Schon im vergangenen Jahr reagierten US-Tech-Aktien sehr empfindlich auf Veränderungen der Renditen von US-Staatsanleihen. Technologie ist allerdings nicht die einzige Branche, deren relative Wertentwicklung von den Entwicklungen am Anleihemarkt abhängt. Dies trifft ebenso auf Real Estate Investment Trusts (REITs), Versorger und andere zu, die traditionell als Quasi-Ersatz für Anleihen – also als „Bond Proxies“ – angesehen werden.

Es gibt gute Gründe dafür, dass der Technologiesektor in gewissem Maße auf Veränderungen der Anleiherenditen reagiert. Die Erträge in dieser Branche weisen eine längere Duration als in anderen Branchen auf. Das bedeutet, dass Tech-Aktien eher auf der Grundlage von Gewinnen gehandelt werden, die sie in der Zukunft erwirtschaften könnten, als auf Basis der heutigen Cashflows – ganz im Gegensatz etwa zu wachstumsschwachen Versorgungsunternehmen. Wenn diese weiter in der Zukunft liegenden Gewinne jedoch mit einem höheren Zinssatz abgezinst werden, wirkt sich das unverhältnismäßig stark auf ihren heutigen Wert aus.

Ein weiterer Aspekt: Wenn stark steigende Anleiherenditen einen größeren Optimismus hinsichtlich des künftigen Wirtschaftswachstums widerspiegeln, profitieren Technologieunternehmen möglicherweise weniger davon als andere. Das Gewinnwachstum im Technologiesektor ist eher langfristig angelegt und weniger konjunkturabhängig, so dass ein Wirtschaftsboom – zumindest relativ gesehen – zyklische Unternehmen stärker begünstigt als Technologieunternehmen. Letztere sind zudem kaum verschuldet. In einem inflationären Umfeld ist das quasi ein Wettbewerbsnachteil.

Allerdings weisen manche Gegenargumente darauf hin, dass Tech-Aktien weniger von steigenden Anleiherenditen betroffen sein sollten als angenommen. Tatsächlich gehen steigende Renditen sehr oft mit steigenden Aktienkursen einher. Technologiewerte haben sich wiederholt besser entwickelt als der breite Markt, so dass ein Aufschwung ihnen entgegenkommen dürfte. Und falls Inflation aufgrund steigender Löhne eine Sorge ist, die die Anleiherenditen in die Höhe treibt, dann ist gerade der Tech-Sektor gut aufgestellt – denn das Geschäft dort ist viel weniger arbeitsintensiv als in anderen Branchen.

Der Blick in die Vergangenheit zeigt ein gemischtes Bild: Technologiewerte haben nicht immer so empfindlich auf Veränderungen an den Zinsmärkten und steigende Anleiherenditen reagiert wie in letzter Zeit. Über die letzten 30 Jahre war die Korrelation ebenso oft positiv wie negativ, so dass wir aus der Geschichte keine eindeutige Schlussfolgerung ziehen können. Im Vergleich zu anderen Branchen lag Tech hinsichtlich der Zinssensitivität im Mittelfeld. Zyklische Aktien und Finanztitel verbuchten bei höheren Anleiherenditen die größten Gewinne, während Bond Proxies wie REITs, Versorger und defensive Werte im Allgemeinen die größten Verlierer waren.

Auch einige jüngere Ereignisse zeichnen ein positiveres Bild als die letzten Wochen. Zwischen Juni 2016 und November 2018 stiegen die Anleiherenditen deutlich an, nach unseren Berechnungen 150 Basispunkte nominal und 120 real. Für Tech-Aktien war das eine großartige Zeit. Sie ist auch deshalb mit der heutigen Situation vergleichbar, weil die Branche damals bereits seit vielen Jahren besser abgeschnitten hatte als der breite Markt, allgemein als „Long“ eingestuft und mit einem Aufschlag gehandelt wurde. Niemand würde behaupten, dass die Anleiherenditen der Grund für diese Outperformance waren, aber jedenfalls haben sie hohe Kursgewinne auch nicht verhindert.

An diesem Punkt würde ich die Debatte „Technologie oder Zinsen“ beenden. Steigende Anleiherenditen wirken sich meines Erachtens nicht günstig auf Technologieaktien aus, aber sie schaden auch nicht so sehr, dass sie andere mittelfristig positive Fundamentalfaktoren ausgleichen. Die Daten zeigen aber noch etwas: Solange die Entwicklung der Anleiherenditen nicht die Aktienmärkte insgesamt stark beeinflusst, bleiben die Fundamentaldaten der Technologieunternehmen selbst – zum Beispiel Gewinne oder Regulierungsthemen – der bedeutendste Einflussfaktor für ihre Performance. Diese Fundamentaldaten sprechen weiter für Tech. Wir bleiben daher übergewichtet.“

 

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