Marktkommentar von Johnathan Owen, Portfoliomanager, TwentyFour Asset Management

  • Enel verfehlt KPI-Ziele bei Scope1-Emissionen
  • Kupons von Sustainability-Linked Bonds steigen um 25 bp
  • Ereignisse zeigen Funktionsfähigkeit von SLB-Strukturen

Nach der Veröffentlichung des jährlichen Nachhaltigkeitsberichts 2023 des italienischen Energieversorgers Enel in der vorletzten Woche wurde bestätigt, dass das Unternehmen den Leistungsindikator (KPI) für die Emissionsreduzierung, der mit einer Reihe seiner Sustainability-Linked Bonds (SLBs) verbunden ist, nicht erfüllt hat. Infolgedessen wird der größte Emittent von SLBs den Kupon für zehn seiner Anleihen erhöhen müssen, was die bisher bedeutendste Strafzahlung auf dem SLB-Markt darstellt.

Zur Erinnerung: Während grüne Anleihen (sog. Green Bonds) ebenso wie Sozial- und Nachhaltigkeitsanleihen an bestimmte Vermögenswerte oder Projekte gebunden sind, wird mit Sustainability-Linked Bonds Kapital für allgemeine Unternehmenszwecke beschafft. Dabei ist wiederum die ESG-Gesamtleistung des Unternehmens an bestimmte KPIs gebunden. Erfüllt der Emittent diese KPIs nicht, erhöht sich der Kupon der Anleihe.

KPIs von SLBs bislang als zu wenig ambitioniert wahrgenommen

Der Markt für Anleihen mit Gütesiegel hat in den letzten fünf Jahren ein beträchtliches Wachstum erfahren. Während Green Bonds dieses Wachstum dominiert haben, hatten es Sustainability-Linked Bonds schwer, bei den Anlegern Fuß zu fassen. Diese sind oft zurückhaltend, weil sie die KPIs der Emittenten als wenig ambitioniert empfinden. Bislang war es schwierig, sich Szenarien vorzustellen, in denen der Step-up-Mechanismus des Kupons ausgelöst wird. Damit erschien es fraglich, ob die niedrigeren Konditionen gerechtfertigt sind, die ESG-gekennzeichnete Anleihen in der Regel bieten.

Enel hat sein Ziel für die Kohlenstoffintensität im Jahr 2023 verfehlt. Begründet wird dies mit der unerwartet hohen Stromerzeugung auf Kohlebasis infolge des russischen Einmarsches in der Ukraine und der anschließenden Unterbrechung der europäischen Gasversorgung. Insbesondere verfehlte Enel sein Ziel, die Scope 1-Emissionen für 2023 auf 148 gCO2eq/kWh zu senken, die tatsächliche Intensität lag bei 160 gCO2eq/kWh lag. Um diese Zahlen in den richtigen Kontext zu setzen: Die Scope-1-Emissionen von Enel im Jahr 2017 betrugen 365 gCO2eq/kWh und 229 gCO2eq/kWh im Jahr 2022. Der Rückgang im Jahr 2023 entspricht also zwar nicht den Erwartungen des Managements, stellt aber dennoch eine Reduzierung um 56 % über einen Zeitraum von sechs Jahren und um 30 % über ein Jahr dar.

Infolgedessen werden zehn Anleihen (jeweils fünf in Euro und US-Dollar nominierte) betroffen sein, deren Kupon um 25 Basispunkte (bps) oder 0,25 % steigen wird. Dieser Anstieg der Zinskosten beläuft sich über die verbleibende Laufzeit dieser Anleihen auf rund 83 Mio. Euro. Dies ist zwar eine beträchtliche Zahl, aber unserer Ansicht nach nicht genug, um das Kreditprofil von Enel wesentlich zu beeinflussen.

SLBs gewinnen an Glaubwürdigkeit

Die Marktreaktion war gedämpft bis leicht positiv. Die Anhebung des Kupons wurde zwar weitgehend erwartet, war aber nicht vollständig eingepreist. Dies führte dazu, dass sich die Spreads der SLB-Anleihen von Enel gestern um 5-10 Basispunkte verengten und damit besser abschnitten als die Spreads der Nicht-SLB-Anleihen. Darüber hinaus gab es keine negativen Reaktionen auf das ESG-Profil von Enel aufgrund der Umstände, die zur Verfehlung der KPIs geführt haben. Letztlich war dieser Misserfolg auf externe Faktoren zurückzuführen und kann nicht auf fehlende Nachhaltigkeitsinvestitionen zurückgeführt werden. Enel ist nach wie vor ein führendes Versorgungsunternehmen bei der Abkehr von fossilen Brennstoffen, was durch den Rückgang der Scope-1-Emissionsintensität deutlich wird.

Auch wenn dieses Ereignis kein Erdbeben für den Sektor darstellt, halten wir es doch für eine positive Entwicklung, die einem oft kritisierten Instrument mehr Glaubwürdigkeit verleiht. Es zeigt, dass die Struktur funktioniert, bei der ein Verfehlen der Ziele zu einer finanziellen Strafe führt, und macht deutlich, dass es plausible Szenarien gibt, in denen die KPIs verfehlt werden können. Uns gefällt das SLB-Format nach wie vor, da es sich auf das ESG-Profil und den Weg des Unternehmens als Ganzes konzentriert und nicht auf ein bestimmtes grünes Projekt.

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