Fondssparpläne für Altersvorsorge anerkennen – Mehr Standardisierung gegen Grünfärberei -Fondsbranche als Motor der Transformation

In Deutschland stehen wichtige Weichenstellungen für die private Altersvorsorge, die Transformation und die Erneuerung der Infrastruktur an. In Brüssel ist die Debatte um die provisionsbasierte Anlageberatung erneut aufgeflammt. Zugleich entwickelt die EU die Nachhaltigkeitsregulierung weiter.

Kein Staatsfonds in der privaten Altersvorsorge

Die Regierung hat vor wenigen Wochen die im Koalitionsvertrag vereinbarten Prüfaufträge zur Reform der privaten Altersvorsorge in Angriff genommen. Der deutsche Fondsverband BVI unterstützt das Vorhaben, die kapitalgedeckte private Altersvorsorge zu stärken, ihre Verbreitung voranzutreiben und Rahmenbedingungen für renditestarke Produkte zu setzen. Bestrebungen, den Staat als Anbieter in der privaten Altersvorsorge zuzulassen, hält der Fondsverband jedoch für einen Irrweg. Dazu sagt Thomas Richter, BVI-Hauptgeschäftsführer: „In der sozialen Marktwirtschaft setzt der Staat die Regeln und ist Schiedsrichter. Sobald der Schiedsrichter selbst mitspielt, ist der Wettbewerb weder fair noch marktwirtschaftlich. Deshalb lehnen wir einen Staatsfonds in der privaten Altersvorsorge ab.“ Der BVI weist darauf hin, dass in allen Ländern mit staatlich organisierten Lösungen im Alterssicherungssystem diese nicht in der privaten Säule angesiedelt sind. Zudem sieht der Koalitionsvertrag bereits eine staatlich organisierte kapitalgedeckte Komponente – das Generationenkapital – in der gesetzlichen Rentenversicherung vor. Richter: „Die staatlich verantwortete erste Säule sollte sich mit privatwirtschaftlich organisierten Lösungen in der zweiten und dritten Säule sinnvoll ergänzen“.

Fondssparpläne als Altersvorsorgeprodukt gesetzlich anerkennen

Zielführend dagegen ist das Vorhaben der Regierung, private Anlageprodukte mit höheren Renditen als Riester in der dritten Säule gesetzlich anzuerkennen. Hierzu hat der BVI bereits Ende November letzten Jahres das Konzept des Fondsspardepots veröffentlicht und in die Gespräche der von der Regierung eingesetzten Fokusgruppe eingebracht. Richter: „Die starke Nachfrage nach Fondssparplänen ist Beleg für die Akzeptanz und Nutzung als Altersvorsorgeinstrument in breiten Bevölkerungskreisen.“ Kernelement des Konzepts ist ein Depot für Fondssparpläne, die ausschließlich zum Zweck der Altersvorsorge abgeschlossen werden und eine Mindestlaufzeit bis zum Ende des 60. Lebensjahres aufweisen. Die Förderung erfolgt über einen gesonderten Freibetrag auf die bis zur Auszahlung erzielten Gewinne. Dieser Freibetrag wächst kontinuierlich mit der Anspardauer. „Auf diese Weise kann die Politik einen starken Anreiz zum renditeorientierten und langfristigen Sparen für die Altersvorsorge setzen“, sagt Richter.

Riester-Reform hilft Geringverdienern

In der privaten Altersvorsorge sieht der BVI neben neuen Lösungen auch dringenden Reformbedarf bei der Riester-Rente. Sie hat trotz veralteter Rahmenbedingungen mit knapp 16 Millionen Verträgen eine hohe Verbreitung erreicht und gehört zu den erfolgreichsten geförderten Modellen in Europa. „Untere Einkommensgruppen werden durch die Zulagenförderung erreicht. Vereinfachungen bei der Förderung könnten die Verbreitung in dieser Bevölkerungsgruppe ankurbeln“, sagt Richter. Ein wesentliches Hemmnis liegt jedoch in der gesetzlich vorgegebenen 100-prozentigen Garantiepflicht auf die eingezahlten Beiträge. Dem Sparer sollte es ermöglicht werden, ein attraktives Produkt ohne oder mit gewünschtem Garantieniveau zu wählen. Dies könnte zügig und mit minimalem Aufwand gesetzlich umgesetzt werden.

Wahlfreiheit zwischen Provisions- und Honorarberatung erhalten

EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness hat die provisionsbasierte Anlageberatung erneut auf den Prüfstand gehoben. Anfang Mai 2023 will sie ihre Vorschläge im Rahmen der angekündigten Retail-Investment-Strategie vorlegen und schließt ein Verbot von Provisionen für den Vertrieb von Wertpapieren nicht aus. Richter: „Ein Provisionsverbot ausschließlich für Wertpapiere ist inakzeptabel. Es verzerrt den Wettbewerb zwischen Wertpapieren und Versicherungen und schadet den Verbrauchern.“ Der BVI setzt sich für den Erhalt der Wahlfreiheit zwischen Provisions- und Honorarberatung ein. Vor allem für Kleinanleger hat die Provisionsberatung klare Vorteile: Wer viel anlegt, zahlt viel, und wer wenig anlegt, zahlt wenig. Zudem bleibt die Beratung kostenfrei, wenn der Sparer nichts kauft.

Schon jetzt haben Verbraucher die freie Wahl zwischen der Provisions- und der Honorarberatung. Dennoch können sich laut einer Umfrage des Marktforschungsunternehmens Kantar nur 16 Prozent der Deutschen vorstellen, für eine Beratung ein gesondertes Honorar zu bezahlen. Ein Provisionsverbot würde also zu einer Beratungslücke führen. Das zeigt auch der Blick nach England, wo es seit zehn Jahren ein Provisionsverbot gibt. Eine Studie der englischen Finanzaufsicht FCA vom Dezember 2020 belegt, dass Sparer mit kleineren Anlagebeträgen faktisch von der Beratung ausgeschlossen sind und die Beratungskosten bei komplexeren Sachverhalten wie der Altersvorsorge unverhältnismäßig hoch sein können. Der Beratungsmarkt hat sich an Vermögen mit mindestens höheren fünfstelligen Pfundbeträgen ausgerichtet. Ähnliches gilt für die Niederlande. Dort sind Provisionen ebenfalls verboten, jedoch ist der Bedarf an privater Vorsorge und damit Anlageberatung aufgrund der starken betrieblichen Altersvorsorge gering.

Darüber hinaus würde ein Provisionsverbot die Umsetzung des „Green Deal“ behindern. Die Fondsindustrie spielt eine Schlüsselrolle auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit. Dabei sind aktiv verwaltete Fonds, die in erster Linie über die Provisionsberatung vertrieben werden, besonders wichtig. Nur aktive Fondsmanager haben die Möglichkeit, Aktien und Anleihen von Unternehmen zu meiden, die die ESG-Standards nicht einhalten.

Standardisierung zur Eindämmung des Grünfärberei-Risikos

Das Ziel der EU-Behörden, gegen Grünfärberei vorzugehen, unterstützt der BVI. Angesichts der vielen offenen Fragen zur Auslegung der EU-Regulierung ist der aktuelle Fokus der Behörden auf eine breit angelegte Marktuntersuchung zu Verdachtsfällen jedoch zu früh. „Bevor man von Verdachtsfällen spricht, müssen erst die Kriterien für nachhaltige Investitionen im Sinne der Offenlegungsverordnung geklärt werden“, sagt Richter. Zudem sollten die EU-Gesetzgeber die Anbieter von ESG-Ratings verpflichten, deren Methoden und Datenbeschaffungsprozesse offenzulegen. Fondsgesellschaften wären dann besser in der Lage, die Qualität der ESG-Urteile zu bewerten.

Fondsbranche zum Motor der Transformation machen

Die Transformation und die Erneuerung der Infrastruktur hierzulande wird ohne das Kapital deutscher institutioneller Anleger wie Altersvorsorgeeinrichtungen und Versicherer nicht gelingen. Richter: „Die Fondsbranche steht bereit, als wesentlicher Mittler zwischen Kapitalangebot und -nachfrage zum Motor der Transformation zu werden. Wir können diese Rolle aber nur erfüllen, wenn die Politik zum Beispiel im geplanten Zukunftsfinanzierungsgesetz rechtliche Hürden abbaut“.

Hemmnisse sind derzeit u. a. Anlagerichtlinien für institutionelle Anleger und deutsche Fonds sowie steuerrechtliche Vorgaben. Sie setzen enge Grenzen für Infrastrukturinvestments. Darüber hinaus behindern der im Vergleich zu anderen Ländern geringere Spielraum bei Finanzierungsmöglichkeiten sowie offene Auslegungsfragen die Auflage von Infrastrukturfonds. Dies zeigt auch das Beispiel des deutschen Atomfonds KENFO, der seine Investments in Infrastrukturfonds ausschließlich über Luxemburger Vehikel tätigt. Der Gesetzgeber sollte den aufsichts- und steuerrechtlichen Rahmen deshalb an die Bedürfnisse von Infrastrukturinvestments anpassen und eine investitionsfreundliche Auslegung durch die Verwaltung einfordern.

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