Die Ratingagenturen Fitch und S&P Global Ratings haben jüngst die Anleihe von Kraft Heinz von BBB- auf BB+ und damit auf spekulativ herabgestuft: Mit einem Schlag wurden Anleihen im Wert von 29 Milliarden US-Dollar zu spekulativen Hochzinsanleihen.

 

Insgesamt haben etwa die Hälfte aller Investmentgrade-Credits ein BBB-Rating, das entspricht Anleihen im Wert von immerhin 2,9 Billionen US-Dollar.

In seinem aktuellen Marktkommentar erläutert Brad Tank, Chief Investment Officer Fixed Income bei Neuberger Berman, warum der BBB-Markt zwar zu groß ist und einige Emittenten in der Tat Probleme haben, er aber ingesamt im Sektor mit den niedrigsten Investmentgrade-Ratings eine positive Entwicklung sieht. Die Herabstufung des Lebensmittelriesen sei ein Einzelfall an einem ingesamt stabilen Markt.

Kraft Heinz – der gefallene Engel: Wie gefährlich ist der BBB-Sektor für die Anleihemärkte?

  • Fallen Angel Kraft Heinz: Die Herabstufung von BBB- auf BB+ beförderte die Anleihe mit einem Volumen von 29 Milliarden US-Dollar direkt in das spekulative Hochzinsanleihen-Universum
  • BBB-Markt ist 2,9 Billionen Dollar groß: Abstufungen wie diese könnten den gesamten High-Yield-Sektor überfluten und die Märkte erschüttern
  • Dennoch: Der Markt verarbeitet Überraschungen gut, denn die Wirtschaft und Gewinne sind stabil und die zuvor rekordhohe Verschuldung von BBB-Emittenten ist in den letzten Quartalen zurückgegangen

Kraft Heinz, der größte sogenannte Fallen Angel der letzten 15 Jahre, ist mit der jüngsten Abstufung von BBB- auf BB+ jetzt der drittgrößte High-Yield-Emittent. Weil Investoren mit Obergrenzen für High Yield verkaufen mussten, fiel der Kurs der 30-Jahres-Anleihe von Kraft Heinz in nur zwei Tagen um etwa 14 Punkte. Seitdem ist er wieder gestiegen, um etwa fünf Prozentpunkte, weil stattdessen High-Yield-Investoren eingestiegen sind.

Einige Beobachter sehen diese jüngste Entwicklung an den Kreditmärkten weitgehend pessimistisch. Sie befürchten, dass es am viel zu großen BBB-Markt, also bei Titeln mit den niedrigsten Investmentgrade-Ratings, jetzt abwärts gehen könnte. In der Tat haben etwa die Hälfte aller Investmentgrade-Credits ein BBB-Rating, das entspricht Anleihen im Wert von 2,9 Billionen US-Dollar. Sie gelten als gefährdet, wenn der Konjunkturzyklus in die Spätphase eintritt.

Kraft Heinz ist in gewisser Weise ein Musterbeispiel für traditionelle Anleihenemittenten, denen Probleme drohen könnten. Das Unternehmen ist 2015 aus einer Fusion hervorgegangen, eingefädelt von Berkshire Hathaway und 3G Capital, die beide an Kraft Heinz beteiligt blieben. Man nahm sehr viel Fremdkapital auf, bekam dann aber Absatzprobleme bei den traditionellen Fertiggerichten, da Verbraucherinnen und Verbraucher gesundheitsbewusster wurden. Letztes Jahr nahm Kraft Heinz auf einige seiner Marken Abschreibungen in Höhe von rund 15 Milliarden US-Dollar vor.

Aber so wie Fertigkost nicht jedermanns Sache ist, ist auch Kraft Heinz nicht repräsentativ für den BBB-Markt. Die Geschäftsleitung hatte entschieden, trotz hoher Schulden auch weiterhin hohe Dividenden zu zahlen, wohl wissend und in Kauf nehmend, dass dies gemäß einiger früherer Äußerungen der Agenturen zu einer Herabstufung führen könnte. Das Unternehmen hat damit seine Zusage aus dem Jahr 2019 revidiert, das Investmentgrade-Rating zu erhalten. Natürlich darf eine Geschäftsleitung ihre Strategie ändern und in diesem Fall war die Entscheidung für ein spekulatives Rating sehr bewusst getroffen worden. Ob sie aber richtig war, wird die Zukunft zeigen.

Jeder nach seiner Fasson

Bis jetzt ist die Marktreaktion sehr erfreulich. Obwohl die Herabstufung erst am Freitag, dem 14. Februar bekannt gegeben wurde, war es bereits am Tag zuvor zu einem Ausverkauf der Anleihen gekommen. An diesem Tag hatte Kraft Heinz über seine Ergebnisse informiert und bestätigt, dass weder eine Dividendenkürzung noch umfangreiche Verkäufe von Aktiva geplant seien. Dieser Richtungswechsel stand in scharfem Gegensatz zu den Äußerungen im letzten Jahr. Aktieninvestoren schätzten diesen Strategiewechsel gar nicht: Wie bei den Anleihen kam es bei den Aktien zu einem Ausverkauf – und zu Verlusten von zehn Prozent.

Aber nicht alle Unternehmen sind diesen Weg gegangen. Anheuser-Busch InBev entschied sich 2018 für eine Dividendenkürzung und setzte auf höhere Cashflows, eine geringere Verschuldung und Maßnahmen zur Stärkung des Ratings. Macy’s, ein anderes kürzlich herabgestuftes Unternehmen, hätte sein höheres Rating wohl gerne behalten, aber der traditionelle Einzelhandel hat es schwer. Auch andere Herabstufungen hatten meist firmen- oder sektorspezifische Gründe.

Gesund und munter?

Insgesamt sehen wir im BBB-Universum aber Fortschritte statt Rückschritte. Trotz mancher Sorgen, dass es noch mehr solcher gefallenen Engel geben könnte, kam es wegen der stabilen Wirtschaft und der stabilen Gewinne – auch dank der Notenbankmaßnahmen – nur zu wenigen Herabstufungen. Außerdem ist die zuvor rekordhohe Verschuldung von BBB-Emittenten in den letzten Quartalen zurückgegangen, durch Schuldenabbau und steigendes EBITDA und es wurden auch höhere freie Cashflows erwirtschaftet.

Ja, das BBB-Segment ist wahrscheinlich zu groß und einige Emittenten haben Probleme. Dennoch halten wir die Gesamtlage für stabil und glauben, dass sie sich bessert. High-Yield-Investoren müssen in der Tat ein großes Volumen neuer Anleihen verarbeiten, aber dieser Prozess hat bereits begonnen. Die 30-Jahres-Anleihen von Kraft Heinz sind seit dem Tiefststand bereits um fünf Prozentpunkte gestiegen – und finden ihren Weg in neue High-Yield-Portfolios.

Die jüngsten Kursverluste bei Kraft Heinz sind dramatisch. Und doch sollte man beachten, was in den letzten sechs Monaten passiert ist. Die letzte 30-Jahres-Anleihe, mit einem Coupon von 4,875 Prozent, wurde im September zu 98,57 USD begeben, also mit einem leichten Abschlag gegenüber pari und einem Spread von 275 Basispunkten gegenüber US-Staatsanleihen. Weil das Board nach eigenen Angaben das Investmentgrade-Rating erhalten wollte, das Marktumfeld insgesamt gut war und die Zinsen zurückgingen, waren der Anleihekurs in den Tagen vor der letzten Gewinnmitteilung auf etwa 110 gestiegen und der Spread auf gut 225 zurückgegangen. Bei Redaktionsschluss lag der Kurs bei 101,43 USD und der Spread bei 285 – also dicht am Emissionskurs und dem Emissions-Spread vom letzten Herbst. Und damals war der Titel noch Investmentgrade.

Alles in allem lässt sich festhalten, dass der Markt mit dieser Überraschung gut zurechtgekommen ist. Manche mögen die Investoren für zu sorglos halten, doch unabhängig von den Zukunftserwartungen spricht die Marktreaktion für recht stabile Kreditmärkte. Frei von Risiken sind sie aber nicht: Die Spreads sind eng und die Konjunktur hängt in Zeiten des Coronavirus und anderer Wachstumsrisiken stark von der Geldpolitik ab. Eine gesunde Skepsis ist daher genauso angebracht wie eine sorgfältige Auswahl, auch wenn der Markt noch so verlockend sein mag.

 

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