Von Mondher Bettaieb-Loriot, Head of Corporate Bonds bei Vontobel Asset Management:

 

Das ohnehin schon freundliche Umfeld für Unternehmensanleihen entwickelter Märkte ist mit der Ankündigung eines potentiellen COVID-19-Impfstoffs noch freundlicher geworden. Pfizer und BIoNTech sind die ersten Arzneimittelhersteller, die glaubwürdige positive Ergebnisse ihrer COVID-19-Studien vermelden können. Es scheint, als könnte ihr Impfstoff 90% der Infektionen verhindern. Die Anlageklasse der Unternehmensanleihen dürfte davon besonders profitieren, da zum jetzigen Zeitpunkt die Erholungsphase des Kreditzyklus im Jahr 2021 eine sichere Sache zu sei scheint.

Gegenwärtig stützen die Unternehmen ihre Bilanzen mit Barmitteln, nachdem die Ergebnisse im zweiten und dritten Quartal deutlich besser als erwartet ausgefallen sind. Die verbesserten Unternehmensergebnisse gehen auch mit positiven Gewinnrevisionen einher. Dies ist ein Indiz dafür, dass der Kreditzyklus schneller als erwartet durchlaufen und dass die Erholungsphase wohl Anfang nächsten Jahres erreicht sein wird. Die Erholungsphase dürfte sich im Verlauf des nächsten Jahres weiter verfestigen, wobei sich EBITDA und Cashflows schneller als erwartet erholen dürften. Somit können Investoren über schwächelnde makroökonomische Daten, die COVID-19 verursacht hat, hinausblicken – dank der Anpassungen von Unternehmen, Einzelpersonen und Regierungen, welche die Weichen dafür gestellt haben, die Unternehmen über Wasser zu halten. Die fiskalpolitischen Maßnahmen, die sowohl in den USA als auch im europäischen Raum aufgestockt werden sollen, sollten dafür sorgen, dass die Erholung mit einer Rückkehr zu Vor-COVID-Niveaus bis spätestens Q4 2021 abgeschlossen sein wird. Bereits seit diesem Sommer kann festgestellt werden, dass die Investitionstätigkeiten und -absichten der Unternehmen zugenommen haben. Das ist ein weiteres gutes Omen für die Erholungsphase des Kreditzyklus.

Die Erholungsphase ist in der Regel der Sweet Spot für Unternehmensanleihen und Kreditspreads, da die Unternehmen ihre Cashflows weiter steigern, tendenziell zum Vorteil von Anleihegläubiger handeln und letztlich Leverage reduzieren. In einer solchen Phase schrumpfen die Spreads in der Regel, und wir gehen davon aus, dass sich die Spreads im Mid-Yield-Bereich weiter verengen werden, da sie bisher noch nicht wieder das Vorkrisenniveau erreicht haben.

Nun zur US-Notenbank Fed:  Auf dem Symposium in Jackson Hole legte der Fed-Vorsitzende Jay Powell Revisionen der Langzeitziele vor, womit bestätigt wurde, dass die Fed über den Mangel an Inflation besorgt ist. Tatsächlich kündigte die Fed an, dass sie ihre Inflationsstrategie von einem vorausschauenden symmetrischen Inflationsziel von 2% auf eine im Zeitdurchschnitt angestrebte Inflation von 2% umstellt. Die Fed glaubt, dass dies ihr Inflationsziel besser artikulieren und ein besseres Wirtschaftswachstum sowie die Schaffung von Arbeitsplätzen unterstützen wird.

Das Streben nach einer durchschnittlichen Inflationsrate von 2% bedeutet, dass die Fed die Zinssätze auf Null halten wird, bis die Inflation im Durchschnitt 2% erreicht, was noch einige Jahre dauern kann. Man kann sogar davon ausgehen, dass die Fed die Zinssätze für längere Zeit nicht anheben wird, selbst wenn die Inflation einige Jahre lang über 2% liegen sollte. Somit ist es wahrscheinlich, dass die Zinsen in den USA bis 2024 auf der effektiven Untergrenze oder bei Null bleiben werden.

Diese Entwicklungen bei der US-Notenbank Fed sind für die Stimmung an den Märkten für Unternehmensanleihen in den Industrieländern äußerst positiv. Sie dürften die Anleger dazu ermutigen, ihre Allokationen zu Unternehmensanleihen zu erhöhen, da sich ihre Zweifel an der konjunkturellen Erholung lichten sollten. Die Veröffentlichung der erfolgreichen Testergebnisse für einen COVID-19-Impfstoff verleiht der Erholung nun eine zusätzliche Dimension und kurbelt so die Nachfrage nach Unternehmensanleihen an. Sobald die Unsicherheit abnimmt, dürfte die Jagd nach Renditen im Kontext ewig niedriger Zinsen wieder beginnen, zumal der Höhepunkt fundamentalen Kreditrisiken überschritten sein dürfte.

Bei der Erholung geht es um eine Verbesserung der Kreditkennzahlen. Das gesunkene Kreditrisiko hat bereits begonnen, sich zu manifestieren, wobei sich die Bonitätsveränderungen dank risikomindernder Maßnahmen, wie z.B. niedrigere Dividendenzahlungen, ausgesetzte Aktienrückkäufe, reduzierte M&A-Transaktionen sowie erneute Cashflow-Generierung, stabilisiert haben.

 

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