Selektives Vorgehen am indischen Markt sinnvoll

Indien ist investmentseitig hierzulande eher noch ein unbeschriebenes Blatt. Dabei konnte die größte Demokratie der Welt in den letzten Jahren sowohl beim Wirtschaftswachstum als auch bei der Aktienmarktentwicklung positiv überraschen. Das durchschnittliche Wirtschaftswachstum Indiens lag in den letzten 10 Jahre bei 5,9 Prozent pro Jahr – und das ganz ohne staatliche Verordnungen und Eingriffe. „Indien ist auf einem guten Weg, China als Wachstumsmotor in Asien abzulösen“, erklärt Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management. Der indische Aktienmarkt konnte zudem in den letzten drei Jahren nicht nur den deutschen, sondern auch den boomenden US-Aktienmarkt hinter sich lassen. Wie lohnenswert ist der Einstieg aktuell noch für Anlegerinnen und Anleger? Aus Sicht von Tilmann Galler bestehen durchaus ein paar Risiken, insgesamt böten indische Aktien jedoch ein gutes Diversifikationspotenzial für ein Portfolio.

Indien bietet politische und wirtschaftliche Stabilität

Die wirtschaftliche Entwicklung in Indien erweist sich als sehr robust. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg im vierten Quartal 2023 um 8,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr an. Dies spricht für die Stärke der Investitionen und eine große Binnennachfrage. Den Konsensprognosen zufolge wird das reale BIP-Wachstum im Jahr 2024 um 7 Prozent über dem Vorjahr liegen und damit das höchste aller großen Schwellenländer sein.

„Die Steigerung der öffentlichen und privaten Investitionen ist ein zentrales Ziel der Politik“, stellt Ökonom Galler fest. Durch Strukturreformen mithilfe der Digitalisierung, dem Ausbau von Finanzdienstleistungen und der Entwicklung eines globalen Produktionsstandorts will die Regierung Indien modernisieren. Der Fokus hat sich von Konsumsteigerung auf die Förderung privater Investitionen durch Reformen und Verbesserung des Geschäftsumfelds verlagert. Steueranreize und Investitionen in die Infrastruktur bilden die wichtigsten Schwerpunkte, auch die Bedingungen für unternehmerische Tätigkeiten verbessern sich. Die Löhne im verarbeitenden Gewerbe sind im globalen Vergleich nach wie vor relativ niedrig, was Indien als Produktionsstandort attraktiv macht und ausländische Direktinvestitionen anzieht. „Als größte Demokratie der Welt und Land mit relativ stabilen politischen und wirtschaftlichen Aussichten erscheint eine weitere Einbindung Indiens in die globalen Lieferketten als sinnvoller Schritt. Das sind gute Voraussetzungen für eine anhaltend positive Gewinndynamik der heimischen Unternehmen“, erklärt Ökonom Tilmann Galler.

Aktienmarkt bereits hoch bewertet – bietet aber Diversifikationspotenzial

Der indische Aktienmarkt stieg angesichts des positiven wirtschaftlichen Umfelds um 60 Prozent in den letzten drei Jahren. Zum Vergleich: Der DAX legte im selben Zeitraum um 20 Prozent, der US-Markt um 50 Prozent zu (jeweils in Euro). Mit einer Marktkapitalisierung von rund 4,5 Billionen US-Dollar ist der indische Aktienmarkt inzwischen der fünftgrößte der Welt.

„Leider ist die Ertragsstärke indischer Unternehmen kein Geheimnis mehr“, erklärt der Kapitalmarktexperte. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 25x und einem Kurs-Buchwert von 4,3 gilt Indien als einer der teuersten Märkte der Welt. „Während Indien gegenüber anderen Märkten stets mit einem Aufschlag gehandelt wurde, erscheint es derzeit selbst gegenüber seiner eigenen Bewertungshistorie vergleichsweise teuer. Allerdings dürften die starken Gewinnwachstumsaussichten und die relativ hohe Ertragsqualität einen Teil der Bewertungsprämie erklären“, führt Galler aus. Im Verlauf des letzten Vierteljahrhunderts war die durchschnittliche Eigenkapitalrendite Indiens mit 16 Prozent nicht nur höher als in vielen Schwellenländern wie China, Südkorea und Taiwan, sondern auch höher als in den USA.

Die hohen Bewertungen bergen aus Sicht von Tilmann Galler jedoch das Risiko einer Enttäuschung und spiegeln sich auch in niedrigeren langfristigen Ertragserwartungen wider. „In unseren langfristigen Kapitalmarktschätzungen trauen wir indischen Aktien nur noch eine jährliche Wertsteigerung von 5,2 Prozent über die nächsten 10 Jahre zu“, sagt Galler. Trotz des hohen Bewertungsniveaus dürfte Indien auf lange Sicht von den jüngsten Strukturreformen profitieren, die seine „demografische Dividende“ freisetzen. „Die geringe Korrelation indischer Aktien mit den USA und die negative Korrelation mit China bieten Diversifikationsvorteile in einem Portfolio. Daher ist in einem teuren Markt wie Indien, mit potenziell starkem Wachstum, ein selektives Vorgehen und ein aktives Management der Schlüssel zur Erzielung potenziell besserer risikoadjustierter Renditen“, so der Stratege.

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