Die Aufsicht muss Anbieter nicht anhören, bevor sie den Verdacht auf einen Verstoß gegen die Prospektpflicht bekanntmacht. Dies ist nun gerichtlich entschieden.

 

Anbieter, die in Deutschland Vermögensanlagen öffentlich anbieten, sind gemäß § 6 Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) grundsätzlich dazu verpflichtet, einen Verkaufsprospekt zu veröffentlichen. Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass ein Anbieter dieser Pflicht nicht nachkommt, kann die BaFin diesen Umstand gemäß § 26b Absatz 2 Nr. 1b) VermAnlG auf ihrer Internetseite bekanntmachen. So sollen Anlegerinnen und Anleger auf den möglichen Verstoß gegen das VermAnlG und den damit einhergehenden Mangel an Transparenz und die erschwerte Vergleichbarkeit des Angebots aufmerksam gemacht werden.

Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat bestätigt, dass die BaFin den Anbieter vor der Veröffentlichung der prospektrechtlichen Verdachtsbekanntmachung nicht gemäß § 28 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) anhören muss (Az. 7 L 2897/20.F). Damit stützt das Gericht die Verwaltungspraxis der BaFin. Ein Anbieter hatte mit einem Eilantrag die Löschung der prospektrechtlichen Verdachtsbekanntmachung gefordert. Zur Begründung hatte er insbesondere darauf abgestellt, dass ihm vor der Veröffentlichung keine Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt worden sei.

„Mit dieser Gerichtsentscheidung werden wichtige Befugnisse der BaFin für öffentliche Bekanntmachungen gestärkt“, erklärt Beatrice Freiwald, BaFin-Exekutivdirektorin für Innere Verwaltung und Recht. „So können wir dem kollektiven Verbraucherschutz auch weiterhin ohne Verzögerungen Rechnung tragen.“

Bekanntmachung ist Realakt

Eine Anhörung ist nach Ansicht des Gerichts nicht erforderlich, weil die Bekanntmachung mangels Regelungscharakters kein Verwaltungsakt, sondern ein sogenannter Realakt ist. Die BaFin stelle durch die Bekanntmachung nämlich keine Rechte oder Pflichten verbindlich fest. Die Bekanntmachung führe keine Rechtsfolge herbei, sondern diene vielmehr der Information der Öffentlichkeit. Daher finde § 28 VwVfG keine Anwendung, der grundsätzlich vorsieht, dass die Betroffenen vor Erlass eines Verwaltungsakts angehört werden müssen.

Das Gericht schloss auch eine analoge Anwendung von § 28 VwVfG im Hinblick auf die Bekanntmachungen der BaFin aus. Zum einen liege keine planwidrige Regelungslücke vor, die eine analoge Anwendung rechtfertige. Zum anderen sei die Interessenlage im Vorfeld von Bekanntmachungen nicht mit der des § 28 VwVfG vergleichbar. Diese Regelung bezwecke, den Betroffenen eine Möglichkeit zur Wahrung ihrer Verfahrensrechte vor einer verbindlichen Entscheidung ihrer Rechte und Pflichten einzuräumen. Zugleich liege die objektive Funktion der Norm darin, den Sachverhalt aufzuklären. Die Bekanntmachung der BaFin bezwecke hingegen keine abschließende Sachverhaltsaufklärung, sondern sei dazu da, rasch mitzuteilen, dass Anhaltspunkte für ein öffentliches Angebot ohne die Veröffentlichung eines von der BaFin gebilligten Verkaufsprospekts vorliegen.

Verfasst von

Kristin Hofmeister

BaFin-Rechtsreferat für Wertpapieraufsicht und Kompetenzstelle für Verfassungs-, Verwaltungs- und Europarecht

 

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