Analyse Policen Direkt: 33 Lebensversicherer können gesetzliche Reserven nicht primär bedienen. 44 Unternehmen haben unverändert geringe Spielräume.

 

Die Garantieanforderungen der 80 deutschen Lebensversicherer sind 2020 um rund 3 Prozent gestiegen. Zudem ist die relevante Finanzstärke als Quote aus den Kapitalerträgen im Verhältnis zu den Aufwendungen für den Rechnungszins im Marktschnitt mit 110,40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (114,41%) um 3,50 % gesunken. Das geht aus der Policen-Direkt-Analyse der aktuell veröffentlichten Zahlen zur Mindestzuführungsverordnung (MindZV) hervor.

Aufgrund der gestiegenen Garantielast und der für die Verträge der Rechnungszinsgeneration 1,75 % notwendigen Zinszusatzreserve konnten die Erträge die Höhe aus dem Vorjahr nicht wiederholt werden. Die Gewinne aus der Verwaltung sind hingegen um fast 5 % gestiegen, können den Rückgang bei den Risikogewinnen jedoch nicht kompensieren. Auch die Zinsgewinne erreichten nicht ganz den Vorjahreswert.

„Beim Blick auf die einzelnen Unternehmen zeigt sich, dass es bei der Hälfte der Unternehmen nur darum geht, die garantierten Anforderungen zu erfüllen“, erklärt Henning Kühl, Chefaktuar von Policen Direkt und Versicherungsmathematiker (DAV). „Insgesamt bleibt für die Branche die Situation trotz der COVID-19-Krise unverändert.“

Dauerhafte Quersubventionierung sichert Garantien

Bei 33 von 80 Lebensversicherern reichen die 2020 (2019: 24) erwirtschafteten Erträge aus der Kapitalanlage nicht aus, um die Garantieverpflichtungen zu erfüllen und die gesetzlich vorgeschriebene Reserve zu bedienen. Diese müssen dann dafür Erträge aus Risiko und Verwaltung in die Rechnung einbeziehen.

Vor diesem Hintergrund hat 2020 die Bedeutung der Gewinne aus der Verwaltung wieder zugenommen. Kostengünstige Versicherer können nicht nur im Neugeschäft attraktivere Konditionen anbieten, sondern auch ihren Verpflichtungen leichter nachkommen. Es lohnt sich hier, die einzelnen Ergebnisse näher anzuschauen.

Von den 24 Gesellschaften, die 2019 noch unter 100 % lagen, haben 15 ihre Finanzstärke 2020 erhöhen können. 6 davon haben nun einen Quotienten von über 100 %, erklärt Kühl. Insgesamt haben 34 Versicherer ihre Finanzstärke steigern können, während die Kennzahl bei 46 Unternehmen geringer geworden ist.

Bei insgesamt 44 Gesellschaften (2019: 40) liegt diese Kennzahl bei maximal 105 Prozent. Diese Gesellschaften können die garantierten Leistungen zwar noch sicher finanzieren, mussten die Zuweisungen an die Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB) jedoch senken. Das wird nicht ohne Auswirkungen auf die Überschussbeteiligungen bleiben.

“Angesichts der Corona-Pandemie ist es positiv, dass sich die Ergebnisse nur wenig zum Vorjahr verändert haben“, erklärt Kühl. „Bei den meisten Lebensversicherern reichen jedoch die Erträge gerade, um die Garantien stabil zu bedienen. Die Zukunft liegt nun dort jedoch überwiegend nicht mehr bei den Garantieprodukten.“

Die Gesamt-Ertragsstärke als eine weitere zentrale Kennzahl aus der Analyse der Pflichtveröffentlichung gemäß §15 MindZV zeigt im Vergleich mit der Finanzstärke an, in welchem Maß eine Quersubventionierung stattfindet. Garantieanforderungen werden so aufgrund der niedrigen Kapitalmarkt-Zinsen durch Risikogewinne gesichert. Auch Biometrie-Versicherer erwirtschaften tendenziell ebenfalls geringere Kapitalerträge und dafür höhere Risikogewinne. Die Gesamt-Ertragsstärke berücksichtigt sämtliche Erträge in der Rechnung und liegt branchenweit bei 135,02 Prozent (2018: 140,07 %), d.h. um 3,6 % niedriger. 2020 haben es immerhin im Gegensatz zum Vorjahr alle Versicherer geschafft, mit den Verwaltungs- und Risikogewinnen die Anforderungen zu erfüllen.

Branche setzt auf chancenreiche Produkte und weitere Konsolidierung

Weitere Indizien sprechen dafür, dass stabilisierende Maßnahmen in der Branche über 2020 hinaus auf der Tagesordnung stehen werden.

Die Anzahl der Lebensversicherungsgesellschaften dürfte weiter sinken, nachdem es vor allem auf Gruppenebene zu Verschmelzungen kommt. Die angebotenen Höhen der Beitragsgarantien sinken weiter und die fondsgebundenen Policen gewinnen Marktanteile. Wenn Lebensversicherer das Risiko damit auf ihre Kunden übertragen, wirkt das positiv auf die Krisenfestigkeit der Unternehmen; angesichts dauerhaft niedriger Zinsen womöglich auch aus Kundensicht mit Blick auf eine künftig weiter auskömmliche und finanzierbare Altersvorsorge.

Der Appell von Kühl: „Lebensversicherer müssen für neue Produkte aufgrund der Solvenzvorschriften darlegen, dass Sie langfristig in der Lage sind, die garantierten Leistungen zu erfüllen. Zeitgemäße, kapitalschonende Garantiemodelle sind gerade angesichts der niedrigen Zinsen mitunter unumgänglich, in jedem Fall aber erklärungsbedürftig. Für die Kunden bleiben sichere Werte und transparente Informationen zur Vertragsentwicklung entscheidend bei der privaten Altersvorsorge.“

Der Ertragsquellen-Check von Policen Direkt:

Policen Direkt hat die Übersichtstabellen zur Mindestbeteiligung der Versicherten an den Erträgen zusammengestellt. Sämtliche Lebensversicherer müssen seit 2015 diese Pflichtangaben nach Mindestzuführungsverordnung (MindZV §15) bis spätestens Ende September des Folgejahres veröffentlichen. Bei Policen Direkt finden Kunden und Makler die Daten der vergangenen sechs Jahre und können damit – anders als auf der Website des Versicherers – mögliche Trends im zeitlichen Verlauf erkennen. Dazu gewinnt Policen Direkt aus den Zahlen die Kennzahlen der Finanzstärke und der Gesamt-Ertragsstärke.

 

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