Von François Rimeu, Senior Strategist, La Française AM

Die deutsche Wirtschaft ist im Winter offiziell in eine technische Rezession gerutscht. Das revidierte BIP des ersten Quartals zeigt einen Rückgang von -0,3 % im Vergleich zum Vorquartal. Dieser Rückgang lässt sich auf die Folgen der Inflation für den Haushaltskonsum und das Auslaufen der staatlich finanzierten Pandemiemaßnahmen zurückführen. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal 2023 ein leichtes Wachstum verzeichnen wird.

Die revidierten BIP-Zahlen deuten auf eine Schrumpfung der Wirtschaftstätigkeit hin, und auch im vierten Quartal wurde ein Rückgang von -0,5 % gegenüber dem Vorquartal verzeichnet. Dies steht im Gegensatz zum positiven Trend, der seit November bei weichen Datenindikatoren wie den Einkaufsmanagerindizes (PMI) zu beobachten ist. Trotz der negativen Zahlen gibt es Anzeichen, die auf eine Fortsetzung des Wachstums im zweiten Quartal hindeuten.

Die Aufschlüsselung der Ausgaben zeigt die Schwächen sowohl des privaten als auch des öffentlichen Konsums. Im ersten Quartal 2023 schrumpfte der Konsum der privaten Haushalte um 1,2 % gegenüber dem Vorquartal. Dies ist vor allem auf die Belastung durch die hohen Preise zurückzuführen. Das real verfügbare Einkommen der privaten Haushalte sank sowohl im vierten Quartal 2022 als auch im ersten Quartal 2023. Trotz staatlicher Unterstützung bei den Energiekosten waren die Verbraucher in verschiedenen Sektoren bei ihren Ausgaben zurückhaltend.

Im ersten Quartal 2023 sank der Staatskonsum um 4,9 % gegenüber dem Vorquartal – der höchste Rückgang seit 1970. Dieser Rückgang spiegelt die Normalisierung des Staatsverbrauchs wider, da Pandemiemaßnahmen wie Impfungen und Tests im ersten Quartal ausliefen. Diese Abnahme der Staatsausgaben ist jedoch punktuell und wird das BIP im zweiten Quartal nicht mehr belasten.

Andererseits erlebten die Anlageinvestitionen einen starken Aufschwung, der von Privatinvestitionen getrieben wurde. Diese Erholung deutet auf eine nachhaltige Verbesserung der Unternehmensinvestitionen hin, insbesondere bei Maschinen und Ausrüstungen. Außerdem hat das ungewöhnlich warme Wetter im Januar die Bautätigkeit im ersten Quartal angekurbelt. Diese Witterungseffekte haben sich jedoch umgekehrt, was sich negativ auf das Baugewerbe im zweiten Quartal auswirkte.

Die Nettoexporte trugen positiv zum Gesamtwachstum bei. Vergleicht man Q1 2022 mit Q1 2023  stiegen die Exporte um 0,4 % und die Importe sanken um -0,9 %. Der Rückgang der Importe spiegelt teilweise niedrigere Energieimporte wider.

Die Daten auf der Produktionsseite weichen deutlich von den Daten auf der Ausgabenseite ab: Die Bruttowertschöpfung wuchs um 0,8 % gegenüber dem Vorquartal, während sie auf der Ausgabenseite schrumpfte. Dieser positive Unterschied zwischen den Messgrößen ist bisher einmalig.

Das Baugewerbe und die Industrie verzeichneten die höchsten Wachstumsraten, was wahrscheinlich auf günstige Wetterbedingungen und niedrigere Großhandelspreise für Energie zurückzuführen ist. Private und öffentliche Dienstleistungen verzeichneten ein langsameres Wachstum.

Mit Blick auf das Jahresende und das Jahr 2024 wird eine Phase erneuter wirtschaftlicher Schwäche erwartet, da höhere Zinsen, geringere Ersparnisse und eine Konjunkturverlangsamung in den USA zum Tragen kommen werden.

Angesichts der bevorstehenden Wahlen im Jahr 2025 ist mit einer allmählichen Straffung der Finanzpolitik zu rechnen, die sich weiterhin kurzfristig auf die Energiepolitik konzentrieren wird. Die Kombination aus höheren Energiepreisen und Lohnzuwächsen stellt eine große Herausforderung für das exportorientierte verarbeitende Gewerbe in Deutschland dar. Um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, könnten höhere Investitionen und ein moderates Lohnwachstum erforderlich sein. Werden diese Probleme jedoch nicht angegangen, könnte dies zu einem strukturellen Rückgang, Inflationsdruck und der Notwendigkeit staatlicher Unterstützung führen. Die Zeit nach der Pandemie und die sich verändernde geopolitische Landschaft deuten darauf hin, dass sich das traditionelle deutsche Modell, das durch hohe Leistungsbilanzüberschüsse gekennzeichnet ist, verändern könnte.

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