Zyklone in Mosambik und Indien mit hohen Opferzahlen und Milliardenschäden zeigen erneut, wie dringend nötig mehr Resilienz gegen Folgen von Naturkatastrophen ist.

 

„Beim Blick auf das erste Halbjahr 2019 machen die Katastrophen in ärmeren Ländern nachdenklich, zumal sie wie so oft kaum versichert waren. Der Zyklon Idai, der Mosambik traf, war für das Land relativ gesehen schlimmer als das Tohoku-Erdbeben von 2011 für Japan, die teuerste Naturkatastrophe aller Zeiten. Versichert war praktisch nichts, so dass die Betroffenen kaum schnelle finanzielle Hilfe für den Verlust von Hab und Gut bekommen konnten. Erfahrungsgemäß benötigen solche Länder oft Jahre, um sich zu erholen. Die Versicherungswirtschaft muss daher Partnerschaften mit Regierungen und Entwicklungsbanken voranbringen, um Länder wie Mosambik besser zu unterstützen.“

Die Naturkatastrophen-Bilanz des 1. Halbjahres 2019 im Überblick

370 Schadenereignisse führten zu Gesamtschäden von 42 Mrd. US$, die unter dem inflationsbereinigten Durchschnitt der vergangenen 30 Jahre von 69 Mrd. US$ lagen. Allerdings ist darin der Schaden durch schwere Überflutungen im Südosten Chinas noch nicht enthalten, die im Juni begannen und Berichten zufolge Milliardenschäden angerichtet haben.

Die versicherten Schäden summierten sich auf 15 Mrd. US$ und lagen damit unter dem langjährigen Durchschnitt von 18 Mrd. US$. Bei sehr vielen Ereignissen war der versicherte Anteil wegen der geringen Versicherungsdichte in den betroffenen Ländern sehr niedrig.

Rund 4.200 Menschen kamen bei Naturkatastrophen ums Leben. Damit liegt die Zahl etwa auf Höhe des Vorjahres (rund 4.300). Immerhin bestätigte sich der Trend zu niedrigeren Opferzahlen durch bessere Schutzmaßnahmen: In den Vergleichszeiträumen der vergangenen 30 Jahre waren im Schnitt mehr als 27.000 Menschen ums Leben gekommen.

Die tödlichste Katastrophe bis Ende Juni weltweit war der Zyklon Idai, der zwischen 9. und 14. März in Mosambik, Malawi, Simbabwe und Südafrika wütete. Mehr als 1.000 Menschen starben.

Die mit rund 3,3 Mrd. US$ größten Schäden verursachten im Mai Gewitterstürme mit Tornados im Mittleren Westen der USA. Der versicherte Anteil betrug rund 2,5 Mrd. US$.

Milliardenschäden in ärmeren Ländern – Partnerschaften nötig

Auffällig an der Schadenstatistik der ersten Jahreshälfte 2019 ist der hohe Anteil von Schäden, die ärmere Länder betrafen. Drei der fünf teuersten Katastrophen betrafen Entwicklungs- und Schwellenländer, darunter eine Hochwasserkatastrophe in Iran (Gesamtschaden 2,5 Mrd. US$) sowie Sturm- und Hochwasserschäden durch Zyklon Fani in Indien und Bangladesch im Mai (2,2 Mrd. US$).

Besonders schwer wurde Mosambik getroffen, eines der ärmsten Länder der Welt. Im März traf Zyklon Idai bei der Hafenstadt Beira (500.000 Einwohner) auf Land. Mit Windgeschwindigkeiten von etwa 170 Kilometern pro Stunde verwüstete der Sturm unzählige der meist einfachen Gebäude. Zudem führte die Flutwelle des Sturms im flachen Küstengelände zusammen mit hohen Niederschlagsmengen bis weit in das Land hinein zu Überschwemmungen. Der Gesamtschaden in Mosambik und den Nachbarländern betrug rund 2 Mrd. US$. Der Schaden in Mosambik entspricht etwa einem Zehntel der Wirtschaftsleistung des Landes – eine enorme Belastung. Zum Vergleich: Das Tohoku-Erdbeben in Japan 2011 verursachte direkte Schäden von 210 Mrd. US$, was etwa 3,4 Prozent der Wirtschaftsleistung Japans entsprach. Nur wenige Wochen später wurde Mosambik nochmals von einem Zyklon, Kenneth, getroffen, der weiter nördlich in dünner besiedeltem Gebiet an Land ging. Die Schäden betrugen rund 230 Mio. US$.

Ernst Rauch, Chef-Klima- und Geowissenschaftler von Munich Re, sagte: „Versicherungslösungen in Zusammenarbeit mit Regierungen und Entwicklungsbanken haben zum Beispiel in der Karibik mehrfach finanzielle Hilfe leisten können, bevor internationale Hilfsprogramme starten konnten. Eine ähnliche Lösung wäre auch für Mosambik sinnvoll. Es ist aber auch in industrialisierten Ländern dringend nötig, besser vorzubeugen. Wir arbeiten konsequent an Analysewerkzeugen, um Risiken besser einschätzen zu können und so neue Lösungen zur Risikoübernahme zu entwickeln.“

Zahlreiche schwere Gewitter in USA

In den USA verursachte eine Vielzahl von schweren Gewittern im Frühjahr hohe Schäden. Die Tornadosaison verlief vor allem im Mai deutlich heftiger als üblich: Laut US-Wetterbehörde NOAA wurden bis Ende Juni bereits mehr als 1.200 Tornados gezählt, etwa ein Fünftel mehr als im Schnitt des Vergleichszeitraums von 2005-2015. Die gesamten Schäden durch Schwergewitter in den USA im ersten Halbjahr betrugen etwa 7,5 Mrd.  US$, trotz der sehr aktiven Tornadosaison weniger als im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre (10 Mrd. US$).

Hitzewelle und schwere Hagelschläge in Europa

Eine Kombination aus hohen Temperaturen mit intensiver Hitzewelle im letzten Monatsdrittel und schweren Gewittern mit starken Hagelschlägen auf der anderen Seite führte im Juni zu hohen Schäden in Europa. Der Monat war der wärmste Juni in Deutschland seit Beginn der Aufzeichnungen, und auch sehr trocken. Die Trockenheit lässt in Teilen der Landwirtschaft Europas Ernteeinbußen erwarten, da bei bestimmten Getreidearten oder auch Kartoffeln und Mais in verschiedenen Regionen das Wachstum eingeschränkt wurde.

Neben der Hitze traten schwere Gewitter und Hagelschläge auf, etwa am Pfingstmontag (10. Juni) in Deutschland und angrenzenden Ländern. Besonders getroffen wurde der Großraum München mit Hagelkörnern von bis zu 6 Zentimetern Größe. Laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) wurden weit mehr als jeweils 100.000 Schäden an Fahrzeugen und Gebäuden gemeldet. Der Gesamtschaden in ganz Europa lag bei mehr als 900 Mio. €, davon waren wegen der hohen Versicherungsdichte gegen Hagel mehr als drei Viertel versichert. Die Schäden entstanden fast vollständig in Deutschland.

Anfang Juli ereigneten sich an der Adria in Italien und in Griechenland noch gravierendere Hagelschläge mit teilweise Orangen-großen Hagelkörnern. Verlässliche Schadenschätzungen liegen noch nicht vor.

Ernst Rauch kommentierte: „Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen deuten darauf hin, dass Hitzewellen durch den Klimawandel zunehmen, nach einigen neuen Studien auch Hagelgewitter. Angesichts der Schadenpotenziale und steigender exponierter Werte ist es für Versicherer sehr wichtig, diese Veränderungen zu kennen. Maßnahmen zur Verringerung der Schadenanfälligkeit sind auf jeden Fall sinnvoll. Denn wir müssen davon ausgehen, dass sich diese Entwicklung in den nächsten Jahren und Jahrzehnten fortsetzen wird.“

Asien/Pazifik

Die Region Asien/Pazifik wurde im ersten Halbjahr von zahlreichen Naturkatastrophen getroffen. Die Gesamtschäden betrugen 16 Mrd. US$, halb so viel wie im langfristigen Durchschnitt (33 Mrd. US$). Die teuerste Katastrophe für Versicherer waren schwere Überschwemmungen in Queensland im Nordosten von Australien mit Gesamtschäden von fast 2 Mrd. US$, davon war knapp 1 Mrd. US$ versichert. In der Region um die Stadt Townsville wurden nach schweren Regenfällen am Ende einer Hitzeperiode zahllose Gebäude überschwemmt. Der weiter westliche gelegene Flinders River trat weit über die Ufer und schwoll auf eine Breite von mehr als 35 Meilen (60 Kilometer) an. Hunderttausende Rinder verendeten – ein hoher Schaden für die Landwirtschaft.

 

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