La Française AM: Die Ungewissheit geht weiter…

von François Rimeu, Senior Strategist, La Française AM

Macht es wirklich Sinn, diesen Monat einen Newsletter zu schreiben? Die Aktienmärkte haben sich im Monatsverlauf nicht verändert, gleiches gilt für die wichtigsten Anleihenindizes, obwohl die Volatilität weiterhin hoch ist. Von den Finanzanlagen einmal abgesehen, scheinen alle Unsicherheiten und Risiken, mit denen wir konfrontiert sind, unverändert (zu bleiben). Wie wird sich die aktuelle Bankenkrise auf die Kreditvergabe auswirken? Welches Ausmaß wird die makroökonomische Abkühlung haben, die durch die von den Zentralbanken eingeleitete straffe Geldpolitik verursacht wird? Sind die Rezessionsbefürchtungen wirklich realistisch, wenn man bedenkt, dass die Wachstumsprognosen in den letzten drei Monaten deutlich nach oben korrigiert wurden?

In den letzten dreißig Tagen haben wir jedoch etwas mehr Klarheit über die Trends der kommenden Monate gewonnen und können einige der oben gestellten Fragen beantworten.

Die makroökonomischen Befürchtungen nehmen sowohl in den Industrie- als auch in den Schwellenländern ab: Der weltweite Einkaufsmanagerindex liegt bei 53,4 und nahezu in keiner Region unter 50. Die Dienstleistungsbranchen treiben das Wachstum dank der anhaltend starken Nachfrage an, insbesondere der Tourismus. Grund für diese gute Entwicklung sind die überschüssigen Ersparnisse aus den massiven Konjunkturpaketen der letzten Jahre, trotz der negativen Reallohninflation in den meisten entwickelten Regionen.

In den kommenden Monaten wird der Inflationsrückgang in den USA dazu führen, dass die Reallohninflation wieder in den positiven Bereich zurückkehrt. Dies dürfte die Verbraucherausgaben auf der anderen Seite des Atlantiks stützen. Die Ende April veröffentlichten BIP-Zahlen scheinen diesen Eindruck zu bestätigen. In ähnlicher Weise dürfte die Wiedereröffnung Chinas dazu führen, dass die überschüssigen Ersparnisse eine positive Rolle für das Wachstum des Dienstleistungssektors spielen werden. Da rund 70 % des Wachstums in den Industrieländern auf den Dienstleistungssektor zurückzuführen sind, ist es schwer vorstellbar, dass es kurzfristig zu einer Rezession kommt. Dies gilt umso mehr, als sich die Arbeitsmärkte nach wie vor in einer guten Verfassung befinden, was durch die jüngsten Daten aus der Eurozone bestätigt wird (niedrigste Arbeitslosenquote, steigende Beschäftigungsquote usw.).

Zwar haben sich die Preise der wichtigsten Finanzanlagen in den letzten Wochen kaum verändert, doch ist der starke Rückgang der Rohstoffpreise, insbesondere des Ölpreises, bemerkenswert. Wir glauben, dass die schwache chinesische Nachfrage, die steigende US-Produktion und die zunehmende russische Ölproduktion trotz der OPEC+ – Kürzungen die Hauptgründe für die niedrigen Ölpreise sind; die allgemeine Schwäche der Rohstoffe ist jedoch auch ein Zeichen für eine nachlassende Konjunktur. Die relative Schwäche des produzierenden Gewerbes bestätigt dieses Szenario. Für das Wachstum der importierenden Volkswirtschaften, nicht zuletzt in Europa, sind diese Rückgänge auf jeden Fall eine gute Nachricht, und sie sind ebenso positive Indikatoren für die künftige Entwicklung der Inflation.

Inflation und Bankenkrise: anhaltende Herausforderungen für Volkswirtschaften

Die im April veröffentlichten Inflationszahlen brachten kaum neue Informationen für Europa und die USA. Während die Inflation infolge sehr negativer Basiseffekte bei der Energiekomponente deutlich zurückgeht, ist die Kerninflation in Europa kaum gesunken und bleibt auch bei den Dienstleistungen in den USA sehr hoch. Unser Ausblick ist derzeit derselbe wie in den Vormonaten. In den Vereinigten Staaten ist die Situation eindeutiger. Mit Ausnahme der Immobilienkomponente verlangsamt sich die Kerninflation und ist nicht mehr allzu weit von den Zielen der Fed entfernt. In Europa bleibt die Kerninflation jedoch insgesamt problematischer. Der Lohndruck in Europa ist sehr real, wie die Lohnverhandlungen im öffentlichen Dienst in Deutschland zeigen, bei denen zwei Jahre lang Lohnerhöhungen in Höhe von 5 % pro Jahr ausgehandelt wurden.

Schließlich ist die Bankenkrise immer noch nicht ausgestanden, auch wenn Beobachter bei jeder neuen Insolvenz behaupten, das Schlimmste sei überstanden. First Republic war die letzte Bank, die unter Druck des Marktes geriet und schließlich von einer der größeren Banken gerettet werden musste. Derzeit sieht es so aus, als ob PacWest in den nächsten Tagen ein ähnliches Schicksal bevorsteht. Im Allgemeinen hält der Druck auf die Aktienkurse der US-Regionalbanken an. Bleibt alles beim Alten, ist ein Ausweg aus dieser Situation kaum vorstellbar, da jede neue Lösung zwar die Einleger und die Inhaber vorrangiger Schuldtitel schützt, aber den Aktienwert auf 0 setzt.

Selbst bei anhaltendem Wirtschaftswachstum heißt das nicht zwangsläufig, dass für Finanzanlagen alles gut läuft. Wir halten allgemein eine sehr konservative Ausrichtung bei, die auf den gleichen Erwartungen beruht. Da wir uns am Ende des Zyklus befinden, sind die finanziellen Rahmenbedingungen restriktiv und die Zentralbanken werden angesichts der anhaltend hohen Inflation nicht mehr so großzügig sein wie bisher. All dies wirkt sich negativ auf die Kreditvergabe aus (siehe Bank Lending Survey der EZB) und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass in den kommenden Monaten Schocks bevorstehen.

Ausblick Mai

Auch wenn das Wachstum weiterhin robust bleibt, erscheinen uns die mittelfristigen Risiken nach wie vor erheblich. Wir sehen ein großes Risiko für die Gewinnmargen, und die Kreditklemme ist immer noch in vollem Gange. Wir befinden uns am Ende des Konjunkturzyklus, die Gefahr eines Finanzcrashs ist immer noch vorhanden, und die Folgen der Bankenkrise sind immer noch unklar. Aus all diesen Gründen halten wir an unserer sehr vorsichtigen Einschätzung fest.

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