Pandemieschock überwunden – Neue Herausforderungen für Eigentümer:innen und Nutzer:innen

 

Die sechs größten deutschen Bürovermietungsmärkte haben ihren Erholungskurs nach dem Pandemieschock vor zwei Jahren grundsätzlich fortgesetzt, zugleich ist das Umfeld aber sowohl für die Eigentümer:innen als auch für die Nutzer:innen noch herausfordernder geworden. So lautet für Savills das Fazit mit Blick auf die Entwicklungen im 1. Quartal des laufenden Jahres. „Die Eigentümer profitieren von weiterhin hohen und teils noch steigenden Mieten und davon, dass der Flächenumsatz sich weiter erholt. Die Nutzerinnen wiederum haben inzwischen wieder etwas mehr Auswahl bei ihrer Flächensuche, sowohl mit Blick auf freie Bestandsflächen als auch hinsichtlich der weiterhin recht vollen Projektpipeline“, benennt Jan-Niklas Rotberg, Head of Office Agency Germany bei Savills, zunächst die positiven Aspekte und ergänzt: „Zugleich stellen viele Themen beide Parteien vor Herausforderungen, etwa die stark gestiegenen Bau- und Ausbaukosten, die ESG-Regulierung oder die Ukraine-Krise mit ihren kaum abschätzbaren Folgen.“

Flächenumsatz und Leerstand steigen leicht, Mieten stagnieren

Die Zahlen zum 1. Quartal lesen sich wie folgt: Der Flächenumsatz summierte sich in den sechs Märkten auf gut 670.000 m², das sind 5 % mehr als im Vorjahresquartal. Die Bandbreite reicht hier von einer Umsatzverdoppelung in München bis zu einem Rückgang um ein Drittel in Berlin. In den meisten Märkten stieg der Leerstand weiter leicht an, nur in Hamburg und Köln blieb er in den vergangenen drei Monaten unverändert. Insgesamt ist die Leerstandsquote seit Ende letzten Jahres um 30 Basispunkte auf 4,5 % gestiegen. Die Mieten zeigten sich sowohl in der Spitze als auch im Durchschnitt weitgehend unverändert. Vereinzelt gab es nennenswerte Anstiege (München) oder Rückgänge (Köln), in den meisten Märkten jedoch Stagnation. Das zu erwartende Fertigstellungsvolumen für dieses Jahr beläuft sich auf knapp 2,2 Mio. m², das wären knapp 700.000 m² bzw. 45 % mehr als in 2021.

Flächenreduktion bei großen Unternehmen absehbar

Auch wenn sich die Nachfragedynamik nach Beobachtung von Savills weiterhin erhöht hat, ist es nach wie vor so, dass die Zurückhaltung unter großen Unternehmen am größten ist. „In der Tendenz gilt: Je größer ein Unternehmen ist, desto mehr Fragezeichen bestehen hinsichtlich des künftigen Flächenbedarfs. Das hat sicherlich auch damit zu tun, dass eine räumliche Flexibilisierung des Arbeitens für größere Organisationen mit weitreichenderen Konsequenzen verbunden und der Transformationsprozess deshalb komplexer und zeitaufwändiger ist als bei Klein- und Mittelständlern“, so Rotberg. Bei großen Unternehmen, die bereits Klarheit über ihren künftigen Flächenbedarf haben, zeichnet sich immer deutlicher ab, dass diese im Durchschnitt mit weniger Fläche pro Mitarbeitenden planen als vor der Pandemie. Dies lässt sich laut Savills inzwischen in allen Märkten beobachten, teils in bereits realisierten Anmietungen. „Immer mehr spricht dafür, dass sich der Pandemieeffekt auf die Flächennachfrage am treffendsten mit ‚Weniger und höherwertiger‘ beschreiben lässt. Zumindest unter den großen Unternehmen scheint der Büroflächenbedarf pro Kopf im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie in Summe gesunken zu sein, zugleich sind die Ansprüche an Flächen- und Lagequalität gestiegen“, erläutert Matthias Pink, Head of Research Germany bei Savills und ergänzt: „Die veränderten Anforderungen führen dazu, dass zwar zunehmend mehr Büroflächen leer stehen, aus Sicht vieler Nutzer aber die falschen. Das wiederum erhöht den Druck für die Eigentümerinnen, in ihre Flächen zu investieren.“

Zahlreiche Unsicherheitsfaktoren erschweren Prognose

Insgesamt zeichnet sich nach Einschätzung von Savills für den weiteren Jahresverlauf und möglicherweise auch darüber hinaus ab, dass das Umfeld zwar insgesamt vermieterfreundlich bleibt, sich der Wettbewerb auf Anbieterseite aber verschärft. „Nachfrage und Zahlungsbereitschaft für hochwertige Büroflächen waren möglicherweise nie höher als im Moment und angesichts gestiegener Anforderungen werden solche Flächen absehbar knapp bleiben. Für Flächen außerhalb des Top-Segments dürfte sich die Situation aus Nutzersicht zunehmend entspannen“, glaubt Rotberg. Sowohl hinsichtlich des Angebots als auch der Nachfrage ist eine quantitative Prognose aus Sicht von Savills im aktuellen Umfeld sehr schwierig. Die Ukraine-Krise belastet die deutsche Wirtschaft und die mit der Krise verbundene Unsicherheit führt schon jetzt in Einzelfällen zu zurückgestellten Anmietungs- bzw. Umzugsentscheidungen. Derzeit geht Savills von einem Gesamtjahresflächenumsatz von ca. 3 Mio. m² und damit von einem Wert leicht über dem Vorjahresniveau aus. Auch auf Angebotsseite gibt es zahlreiche Faktoren, die eine Prognose erschweren. Insbesondere könnte die Konstellation aus steigenden Zinsen und Baukosten dazu führen, dass geplante Projektentwicklungen aufgegeben oder zumindest verschoben werden. Das hätte in diesem Jahr noch keine Auswirkungen, würde aber die Pipeline für die kommenden Jahre – derzeit sind je 2 Mio. m² fertiggestellte Bürofläche für 2023/24 absehbar – schrumpfen lassen.

 

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