Liebe Versicherungsmaklerinnen und Versicherungsmakler,

liebe Mandantinnen und Mandanten,

 

wegen der großen Rechtsunsicherheit, welche Honorarvereinbarungen mit Kunden getroffen werden können, habe ich Ihnen eine (kleine) Ausarbeitung angefertigt und wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen:

  1. Einleitung

Welche Vergütung kann der Versicherungsmakler für seine Tätigkeit(en) von seinem Kunden verlangen? Um diese Frage wird lebhaft gestritten. Ausgangspunkt des Streits sind grundsätzlich die rechtlichen Freiheiten des Maklers und seiner Kunden im Rahmen der Privatautonomie. Zu nennen sind insbesondere die Vertragsfreiheit beider Parteien, die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und die Gewerbefreiheit (§ 1 Abs. 1 GewO). Komplex wird die Sache jedoch dadurch, dass auch die Vertragsfreiheit Einschränkungen der Rechtsmacht Verträge zu schließen gebieten kann.[1] Auch die Berufsfreiheit kann gerade dazu führen, dass bestimmte Verträge verhindert werden sollen.[2] Die Gewerbefreiheit wird zudem nach § 1 Abs. 1 GewO ausdrücklich nur gewährt „soweit nicht durch [die GewO] Beschränkungen vorgeschrieben […] sind”. Es kann also nicht pauschal immer auf allumfassende Freiheit verwiesen werden, an der sich jede Einschränkung von Honorarvereinbarungen messen lassen muss. Stattdessen muss im Einzelfall präzise untersucht werden welche Freiheit des Maklers und seiner Kunden einschlägig ist und welche rechtlichen Einschränkungen dieser Freiheit gelten (müssen).

Einschränkungen ergeben sich u. a. aus dem gewerblichen Berufsrecht des Versicherungsmaklers nach § 34d GewO. Die Norm unterstellt die Tätigkeit des Versicherungsmaklers einer Erlaubnispflicht und setzt ihr inhaltlich Grenzen.[3] Darüber hinaus darf eine Vergütungsvereinbarung in Form von AGB den Kunden des Maklers nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, indem sie „mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung“ unvereinbar ist, gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Auch kann eine Vergütungsvereinbarung naturgemäß nicht für eine Tätigkeit vereinbart werden, die ohnehin dem Versicherungsmakler verboten ist, weil sie nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) unzulässig ist. Schließlich darf eine Vergütungsvereinbarung auch nicht gegen das Provisionsabgabeverbot nach § 48b VAG verstoßen.

Dieser Aufsatz soll nicht nur einen wissenschaftlichen Beitrag leisten. Dem Versicherungsmakler soll für fünf Konstellationen der Honorarvereinbarung konkretes Wissen an die Hand geben werden, mithilfe dessen er besser abschätzen kann, welchen Rechtsrisiken seine potentielle Vergütungsvereinbarung ausgesetzt ist.

Diese fünf Konstellationen sind wie folgt: Erstens eine Erfolgshonorarvereinbarung für die Vermittlung einer Nettopolice. Zweitens eine Honorarvereinbarung für die vermittlungsunabhängige Beratung. Drittens eine Honorarvereinbarung, die nicht erfolgsbedingt ist und die auf den Abschluss gerichtete Tätigkeit des Maklers gegenüber einem Verbraucher vergütet. Viertens eine Honorarvereinbarung, die ein zusätzlich neben die Courtage tretendes Honorar vorsieht. Fünftens eine Honorarvereinbarung, die vorsieht, dass der Kunde den Makler im Falle der Kündigung des Versicherungsvertrages von der Stornohaftung gegenüber dem Versicherer freistellt bzw. Ersatz leistet.

Die fünf Fälle der möglichen Honorarvereinbarungen

 

Die erfolgsabhängige Vergütung für die Vermittlung von Nettopolicen

Schon im Jahr 2005 entschied der BGH, dass Versicherungsmakler Nettopolicen vermitteln und dabei ein erfolgsabhängiges Honorar mit ihren Kunden vereinbaren können.[4] Insofern ist diese Konstellation „alter Tobak“. Nettopolicen sind Versicherungsverträge, bei denen die Auszahlung von Courtage an einen Makler nicht vorgesehen ist. Der Makler arbeitet bei der Vermittlung von Nettopolicen nicht umsonst, sondern erhält seine Vergütung dadurch, dass er mit seinem Kunden für den Fall einer erfolgreichen Vermittlung ein Erfolgshonorar vereinbart. Daran ist an sich zunächst nichts Aufsehenerregendes. Der Kunde des Maklers zahlt im Regelfall – der Bruttopolice – über seine Versicherungsprämie eine Vergütung an den Makler, welche dem Makler vom Versicherer als Courtage auszahlt wird.[5] Insofern wird schlicht eine vorher „übers Eck“ ausgeführte Zahlung stattdessen direkt abgewickelt. Bei der Honorarvereinbarung zu Nettopolicen darf der Begriff „Honorar“ also nicht die Fehlvorstellung hervorrufen, es handle sich um ein erfolgsunabhängiges Entgelt. Vielmehr handelt es sich ebenso wie bei der Vermittlungscourtage immer um eine erfolgsbezogene Vergütung.

Eine gewisse Brisanz erlangt die Honorarvereinbarung bei Nettopolicen jedoch dadurch, dass sie i. d. R. auch eine Abweichung vom sog. „Schicksalsteilungsgrundsatz“ vorsieht. Der Versicherungsmakler bekommt vom Versicherer einen Großteil seiner Vergütung als Vorschuss (diskontiert) ausgezahlt. Kündigt der Versicherungsnehmer den Versicherungsvertrag, bevor dieser Vorschuss durch Prämienzahlungen abgegolten ist, kann der Versicherer den „unverdient“ gebliebenen Vorschuss vom Makler zurückfordern.[6] Die Courtage teilt insofern also das Schicksal der Prämie. Der Zeitraum, in welchem eine Kundenkündigung zur Rückzahlungspflicht des Maklers führt, ist die sog. „Stornohaftungszeit“. Für den Makler kann das bedeuteten, dass er ordnungsgemäß und umfassend beraten hat, Vergleiche aufstellt und viel Zeit investiert, um den Vertragsschluss herbeizuführen und dann keine oder wenig Vergütung für diese schon geleistete Arbeit erhält. Dieses Ergebnis kann im Rahmen der Honorarvereinbarung vermieden werden, indem vereinbart wird, dass der Lohnanspruch des Maklers durch die Kündigung des Versicherungsvertrags unberührt bleibt.

Dies wird von der Rechtsprechung als zulässig erachtet. Die Vermittlung von Nettopolicen gegen ein erfolgsbedingtes Honorar, das auch im Fall der Kündigung der Versicherung bestehen bleibt, ist also grundsätzlich erlaubt. Entsprechende Honorarvereinbarungen sind grundsätzlich wirksam, entschied der BGH.

Das Honorar für vermittlungsunabhängige Beratung

Die Zulässigkeit der vermittlungsunabhängigen Beratung durch Versicherungsmakler, sowie die zugehörige Honorarvereinbarung wird gegenüber Verbrauchern weitgehend verneint. Gegenüber Unternehmern und ihren Angestellten in der bAV ist sie hingegen zulässig. Insofern verbergen sich in diesem Unterfall der Honorarvereinbarung getrennt zu bewertende Szenarien – Verbraucher und Unternehmer. Ausgangspunkte der Frage um die Zulässigkeit sind die GewO und das RDG. Gem. § 3 RDG ist die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch das RDG oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird. Außergerichtliche Rechtsdienstleistungen sind also verboten, wenn sie nicht ausnahmsweise erlaubt sind.[7] Verstößt ein Vertrag gegen dieses Verbot (auch eine Honorarvereinbarung), ist er nach § 134 BGB nichtig.[8] Eine der Ausnahmen des Verbots ist in § 5 Abs. 1 RDG geregelt. Hiernach sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören.

Der Versicherungsmakler erbringt bei seiner Tätigkeit gegenüber Kunden regelmäßig Rechtsdienstleistungen, weil die Beratung in Versicherungsangelegenheiten rechtlichen Charakter hat.[9] Diese Tätigkeit ist jedoch insofern nach § 5 Abs. 1 RDG zulässig, als dass sie eine Nebenleistung darstellt, die zu seinem Berufs- und Tätigkeitsbild gehört. Für das Berufs- und Tätigkeitsbild des Versicherungsmaklers ist die gesetzliche Definition in § 59 Abs. 3 VVG maßgeblich.[10] Danach ist Versicherungsmakler, wer gewerbsmäßig für den Auftraggeber die Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungsverträgen übernimmt, ohne von einem Versicherer oder von einem Versicherungsvertreter damit betraut zu sein. Im Mittelpunkt der Maklertätigkeit befinden sich also die Vermittlung und der Abschluss von Versicherungsverträgen. Die auf die Vermittlung und den Abschluss bezogene rechtliche Beratung stellt damit nach § 5 Abs. 1 RDG i. V. m. § 59 Abs. 3 VVG kein Verbot gegen § 3 RDG dar.[11] Damit ist auch die an die Maklertätigkeit geknüpfte Honorarvereinbarung nicht nach § 134 BGB nichtig. Wie sieht es nun aber mit der vermittlungsunabhängigen rechtlichen Beratung durch den Makler aus? Es liegt nahe, dass diese eben nicht zum Berufs- und Tätigkeitsbild des Maklers gehört und daher nicht nach § 5 Abs. 1 RDG i. V. m. § 59 Abs. 3 VVG vom Verbot des § 3 RDG ausgenommen ist.[12]

Nun kommt jedoch § 34d Abs. 1 S. 8 GewO ins Spiel. § 34d Abs. 1 S. 8 GewO lautet: „Die einem Versicherungsmakler erteilte Erlaubnis umfasst die Befugnis, Dritte, die nicht Verbraucher sind, bei der Vereinbarung, Änderung oder Prüfung von Versicherungsverträgen gegen gesondertes Entgelt rechtlich zu beraten; diese Befugnis zur Beratung erstreckt sich auch auf Beschäftigte von Unternehmen in den Fällen, in denen der Versicherungsmakler das Unternehmen berät.“ Diese Norm ist eine Erlaubnisnorm i. S. v. § 3 RDG. Der Wortlaut ist zwar nicht ganz ausdrücklich, aber doch klar genug: Der Versicherungsmakler darf Dritte, die nicht Verbraucher sind (Unternehmer) und Beschäftigte von beratenen Unternehmen vermittlungsunabhängig beraten.[13] Für diese Beratung darf er ein Honorar vereinbaren. Die entsprechende Honorarvereinbarung stellt gem. § 34d Abs. 1 S. 8 GewO keinen Verstoß gegen § 3 RDG dar und ist somit nicht nach § 134 BGB nichtig.

Was ist nun aber mit Verbrauchern? Verbraucher fallen explizit nicht unter die Erlaubnis nach § 34d Abs. 1 S. 8 GewO. Damit gilt mangels einer Erlaubnis über die Nebentätigkeitsklausel nach § 5 Abs. 1 RDG, dass die vermittlungsunabhängige Beratung nach § 3 RDG unzulässig ist. Eine entsprechende Honorarvereinbarung mit einem Verbraucher ist dementsprechend nach § 134 BGB i.V.m. § 3 RDG nichtig.

Sofern die Beratung des Verbrauchers aber mit dem Ziel der Versicherungsvermittlung erfolgt, ist die Tätigkeit jedoch wieder erlaubt und die Honorarvereinbarung wirksam. Hierbei ist die Honorarvereinbarung jedenfalls dann wirksam, wenn sie erfolgsbedingt ist und auf die Vermittlung einer Nettopolice gerichtet ist (siehe I. 1.). Was ist aber mit der einer Honorarvereinbarung gegenüber Verbrauchern, die zwar auf den Abschluss gerichtet ist, aber nicht auf den Vermittlungserfolg bedingt ist? Kann der Makler auch dann sein Honorar verlangen, wenn es nicht zum Abschluss kommt?

Das erfolgsunabhängige Honorar für die Vermittlung von Nettopolicen an Verbraucher

Maßgeblich für die Beantwortung der Frage, ob eine erfolgsunabhängige Beratung und ihre Vergütung bei der Vermittlung von Nettopolicen zulässig sind, ist zunächst die Frage, ob der Tatbestand der Nebentätigkeit nach § 5 Abs. 1 RDG erfüllt ist. Stellt die auf den Abschluss gerichtete Beratung gegen ein unbedingtes Honorar eine Nebentätigkeit zur Vermittlungstätigkeit des Maklers dar, oder ist sie eine gegenüber der Vermittlung eigenständige Haupttätigkeit? Nochmal: Bei Unternehmern stellt sich diese Frage nicht. Unternehmer können nach § 34d Abs. 1 S. 8 GewO auch unabhängig von der Vermittlung gegen ein gesondertes Honorar beraten werden. Daher ist die Frage, ob die erfolgsunabhängige Honorarvereinbarung im Vorfeld der Vermittlung von § 5 Abs. 1 RDG umfasst is,t nicht relevant, weil ihre erfolgsunabhängige Beratung ohnehin nach § 34d Abs. 1 S. 8 GewO keinen Verstoß gegen § 3 RDG darstellt.

In der Rechtsprechung ist diese Frage, ob die erfolgsunabhängige Vergütung im Vorfeld der Vermittlung von § 5 Abs. 1 RDG umfasst ist, nicht entschieden. In der Literatur finden sich widerstreitende Ansichten.

Teils wird vertreten, eine nicht erfolgsbezogene Honorarvereinbarung könne nicht von der Nebentätigkeitserlaubnis nach § 5 Abs. 1 RDG umfasst sein, weil alleine die (erfolgreiche) Vermittlung den Kern der Maklertätigkeit darstelle. Die im Vorfeld erforderliche Beratung eigenständig zu vergüten, würde daher dazu führen, dass man eine gegenüber der Vermittlung eigenständige Tätigkeit vereinbart und entlohnt. Diese wäre dann keine Nebentätigkeit, sondern eine Haupttätigkeit.[14]

Hiergegen wird angeführt, dieses Rechtsverständnis verkürze die Haupttätigkeit des Versicherungsmaklers unzulässig auf die Herbeiführung eines Erfolgs, also werkvertragliche Elemente. Der Versicherungsmaklervertrag beinhaltet jedoch auch dienst- und geschäftsbesorgungsvertragliche Elemente.[15] Darüber hinaus ist es in der Rechtsprechung anerkannt, dass der Versicherungsmakler einen Versicherungsvertrag, dessen Abschluss er nicht vermittelt hat, übernehmen kann und für dessen Betreuung ein Honorar verlangen kann. In diesem Fall kann der Makler auch ohne Vermittlung für seine Arbeit eine Vergütung einfordern, weil sie als Nebentätigkeit zu seiner Haupttätigkeit nach § 5 Abs. 1 RDG umfasst ist.[16] Es wäre insofern ein Wertungswiderspruch, wenn die nach der fremden Vermittlung erfolgende Betreuung eine Nebentätigkeit nach § 5 Abs. 1 RDG darstellt, aber die auf die Vermittlung gerichtete Tätigkeit nicht umfasst sein sollte. Aus Sicht des Verfassers sprechen hier die besseren Argumente also für die Zulässigkeit einer erfolgsunabhängigen Honorarvereinbarung für die Vermittlung von Nettopolicen gegenüber Verbrauchern.

Gleichwohl ist dieser Fall nicht durch die Rechtsprechung entschieden worden und nach wie vor in der Literatur umstritten. Wer als Makler solch eine Honorarvereinbarung mit einem Verbraucher abschließt, geht also ein gewisses Wagnis ein.

Auf die Vermittlung von Bruttopolicen gerichtete Beratung, mit zusätzlichem erfolgsbedingtem Honorar

Fraglich ist, ob der Makler bei der Vermittlung von Bruttopolicen zusätzlich ein erfolgsbezogenes Honorar vereinbaren kann, welches neben seine Courtage tritt. Ein Verstoß gegen § 3 RDG ist nicht angezeigt, weil die vermittlungserfolgsabhängige Vergütung des Versicherungsmaklers als Teil einer Nebentätigkeit nach § 5 Abs. 1 RDG zulässig ist (s. o.).

Gegen die Zulässigkeit dieses Vergütungsmodells kann jedoch angeführt werden, dass das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen (BAV) erklärt hat, dass nur für Nettopolicen eine Honorarvereinbarung zulässig ist.[17] Das BAV ist inzwischen in der BaFin als Versicherungsaufsichtsbehörde aufgegangen. Die BaFin hatte auf Nachfrage, ob die Ansicht des BAV zu Honorarvereinbarungen noch aktuell sei, erklärt, dass diese Frage angesichts von Reformen des Vermittlerrechts neu zu bewerten sei, aber dass hierfür die Handelskammern zuständig seien.[18]

Gegen die Zulässigkeit der Koppelung von Bruttopolicen mit Honorarvereinbarungen wird teils angeführt, dass dies zu einem Verstoß gegen das Provisionsabgabeverbot des Maklers führe, gem. § 48b VAG. Dies wäre etwa der Fall, wenn der Makler vom Kunden Honorar im Vorfeld der Vermittlung geltend macht und für den Fall der Vermittlung den Honoraranspruch um die erhaltene Courtage kürzt.[19]

Wenn aber die Honorarvereinbarung völlig unabhängig von der Courtage ist und keine Verrechnung erfolgt, besteht die Gefahr des Verstoßes gegen § 48b VAG nicht. In diesem Fall findet die Höhe der Honorarvereinbarung nach Ansicht des Verfassers lediglich ihre Grenze in der allgemeinen Sittenwidrigkeit und Wucher, nach § 138 BGB.

Freistellung von der Stornohaftung

Es fragt sich schließlich, ob der Versicherungsmakler auch bei der Vermittlung einer Bruttopolice den Schicksalsteilungsgrundsatz zumindest im wirtschaftlichen Ergebnis vermeiden kann. Dazu würde der Makler mit seinem Kunden eine eigenständige Vereinbarung über die Freistellung gegenüber dem Versicherer abschließen.

Gegen die Zulässigkeit dieser Vereinbarung sprechen ähnliche Gründe wie diejenigen, die gegen die Zulässigkeit der Abbedingung des Schicksalsteilungsgrundsatzes bei der Nettopolice angeführt wurden. Ähnlich wie bei dieser Konstellation lassen sich jedoch auch die Argumente des BGH anführen, der 2005 die Aufhebung des Schicksalsteilungsgrundsatzes bei der Nettopolice für zulässig erklärte. So ist der Schicksalsteilungsgrundsatz im Wesentlichen eine Risikozuteilung für das Verhältnis zwischen dem Versicherungsvermittler und dem Versicherungsunternehmen. Daher kann sich der Versicherungsnehmer in der Rechtsprechung zur Nettopolice auch kategorisch nicht auf den Schicksalsteilungsgrundsatz berufen, da dieser ihn nicht schützen soll.[20] Diese Überlegung sollte auch für die Bruttopolice gelten. Folgerichtig wäre es, wenn der Schicksalsteilungsgrundsatz im Verhältnis zwischen dem Versicherer und dem Makler zwingend wäre, aber der Makler mit dem Kunden eine anderweitige Abrede treffen kann. In diesem Fall trägt der Makler immer noch das Insolvenzrisiko seines Kunden und der Versicherer wird nicht schlechter gestellt. Der Schicksalsteilungsgrundsatz bleibt zwischen dem Makler und Versicherer bestehen.

 

Fazit

Abschließend lassen sich unsere folgende Rechtsansichten als Zusammenfassung festhalten:

Die erfolgsbedingte Honorarvereinbarung bei der Vermittlung von Nettopolicen ist zulässig.

Die Honorarvereinbarung für eine vermittlungsunabhängige (rechtliche) Beratung ist gegenüber Unternehmern und Angestellten von beratenen Unternehmen ist zulässig. Gegenüber Verbrauchern ist sie unzulässig. Servicevereinbarungen für Dienstleistungen sind generell zulässig.

Die erfolgsunabhängige Honorarvereinbarung für die Vermittlung von Nettopolicen an Unternehmern und Angestellten von beratenen Unternehmen ist zulässig. Die erfolgsunabhängige Honorarvereinbarung für die Vermittlung von Nettopolicen an Verbraucher dürfte ebenfalls zulässig sein.

Die Vereinbarung einer zusätzlichen, neben die Courtage tretenden Vergütung bei der Vermittlung von Bruttopolicen sollte zulässig sein, wenn keine Anrechnung der Vergütung mit der Courtage erfolgt.

Die transparente Vereinbarung eines Maklers mit einem Kunden, dass dieser ihn von der Stornohaftung bei einer Bruttopolice freistellt, bzw. Aufwendungsersatz leistet, dürfte zulässig, aber sicher noch schwer zu verkaufen sein

Dieser Beitrag wird im Übrigen alsbald in der Zeitschrift für Versicherungswesen (ZfV) veröffentlicht.

 

Ich wünsche Ihnen einen goldenen Start in den Herbst!

 

Ihr,

Stephan Michaelis LL.M.

Fachanwalt für Versicherungsrecht

Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

 

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Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte, Glockengießerwall 2, 20095 Hamburg, Tel: +49 40 88888-777,Fax: +49 40 88888-737, www.kanzlei-michaelis.de

Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Versorgungsregelung, wonach befristet Beschäftigte nicht und Arbeitnehmer, die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen, nur dann versorgungsberechtigt sind, wenn sie bei Beginn des Arbeitsverhältnisses das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ist dahin zu verstehen, dass sie auf das Lebensalter bei Beginn der Beschäftigung abstellt, wenn eine unbefristete Beschäftigung unmittelbar einer befristeten folgt.

 

Werden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung in einer Versorgungsordnung davon abhängig gemacht, dass eine schriftliche Vereinbarung über die Versorgungszusage zu treffen ist, ist dies keine echte Anspruchsvoraussetzung.

Der Kläger wurde von der Beklagten zunächst befristet und im unmittelbaren Anschluss unbefristet beschäftigt. Zu Beginn des Arbeitsverhältnisses hatte er das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet. Bei der Beklagten gilt eine Versorgungsordnung in Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Danach ist versorgungsberechtigt, wer in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Beklagten steht. Weitere Voraussetzung ist, dass bei Beginn des Arbeitsverhältnisses noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet ist. Außerdem ist eine schriftliche Vereinbarung über die Versorgungszusage gefordert. Nicht teilnahmeberechtigt sind befristet Beschäftigte. Der Kläger meint, es komme nicht auf das Alter bei Beginn der unbefristeten Beschäftigung an, sondern auf das bei Beginn des Arbeitsverhältnisses. Daher sei auf sein Alter bei Aufnahme des – zunächst – befristeten Arbeitsverhältnisses abzustellen. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben.

Die Revision der Beklagten hatte vor dem Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Der Kläger hat Anspruch auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Die Versorgungsordnung der Beklagten war dahin auszulegen, dass das Höchstalter bei Beginn der Betriebszugehörigkeit maßgeblich ist. Das gilt unabhängig davon, ob zunächst ein befristetes Arbeitsverhältnis vorlag, sofern sich eine unbefristete Beschäftigung unmittelbar an das befristete Arbeitsverhältnis anschließt. Die Voraussetzung einer „schriftlichen Vereinbarung über die Versorgungszusage“ ist nicht konstitutiv für den Versorgungsanspruch des Klägers. Dies hat nur bestätigende, dh. deklaratorische Wirkung. Die „Zusage einer Versorgungszusage“ ist bereits als Versorgungszusage iSv. § 1 Abs. 1 BetrAVG anzusehen, wenn und soweit das Erstarken einer Anwartschaft zum Vollrecht nur noch vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und vom Eintritt des Versorgungsfalles abhängt, dem Arbeitgeber also kein Entscheidungsspielraum mehr über den Inhalt und den Umfang der zu erteilenden Zusage bleibt.

Mit der Frage einer möglichen Diskriminierung von befristet beschäftigten Arbeitnehmern durch die fragliche Versorgungsordnung musste sich der Senat nicht auseinandersetzen.

 

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22. September 2020 – 3 AZR 433/19 –

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 5. September 2019 – 4 Sa 5/19 B –

 

Hinweis: Der Senat hat in einem weiteren im wesentlich gleich gelagerten Fall die Revision der Beklagten aus den gleichen Gründen ebenfalls zurückgewiesen.

 

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Bundesarbeitsgericht, Hugo-­Preuß-­Platz 1, D­-99084 Erfurt, Tel: 0361/ 2636 ­ 0, Fax: 0361/ 2636 ­ 2000, www.bundesarbeitsgericht.de

Zur Klärung der Frage, ob der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nach §§ 194 ff. BGB der Verjährung unterliegt, hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gerichtet.

 

Die Klägerin war vom 1. November 1996 bis zum 31. Juli 2017 bei dem Beklagten als Steuerfachangestellte und Bilanzbuchhalterin beschäftigt. Sie hatte im Kalenderjahr Anspruch auf 24 Arbeitstage Erholungsurlaub. Mit Schreiben vom 1. März 2012 bescheinigte der Beklagte der Klägerin, dass der “Resturlaubsanspruch von 76 Tagen aus dem Kalenderjahr 2011 sowie den Vorjahren” am 31. März 2012 nicht verfalle, weil sie ihren Urlaub wegen des hohen Arbeitsaufwandes in seiner Kanzlei nicht habe antreten können. In den Jahren 2012 bis 2017 gewährte der Beklagte der Klägerin an insgesamt 95 Arbeitstagen Urlaub. Mit der am 6. Februar 2018 erhobenen Klage hat die Klägerin die Abgeltung von 101 Urlaubstagen aus dem Jahr 2017 und den Vorjahren verlangt. Im Verlauf des Prozesses hat der Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben. Er hat geltend gemacht, für die Urlaubsansprüche, deren Abgeltung die Klägerin verlange, sei die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgelaufen.

Das Landesarbeitsgericht ist dieser Auffassung nicht gefolgt und hat der Klage – soweit diese Gegenstand der Revison des Beklagten ist – stattgegeben. Es hat den Beklagten zur Abgeltung von 76 Urlaubstagen aus den Jahren 2013 bis 2016 verurteilt. Für den Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts ist es entscheidungserheblich, ob die nicht erfüllten Urlaubsansprüche der Klägerin aus dem Jahr 2014 und den Vorjahren bei Klageerhebung bereits verjährt waren. Die Urlaubsansprüche konnten nicht gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen. Bei unionsrechtskonformer Auslegung dieser Vorschrift erlischt der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub grundsätzlich nur dann am Ende des Kalenderjahres oder eines zulässigen Übertragungszeitraums, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer konkret aufgefordert hat, seinen Urlaub rechtzeitig im Urlaubsjahr zu nehmen, und ihn darauf hingewiesen hat, dass dieser andernfalls verfallen kann (vgl. dazu Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts Nr. 9 vom 19. Februar 2019). Diese Obliegenheiten hat der Beklagte nicht erfüllt.

Vor diesem Hintergrund hat der Senat den Gerichtshof der Europäischen Union um Vorabentscheidung über die Frage ersucht, ob es mit Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG und Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union im Einklang steht, wenn der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, der aufgrund unterlassener Mitwirkung des Arbeitgebers nicht bereits nach § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen konnte, gemäß § 194 Abs. 1, § 195 BGB der Verjährung unterliegt.

 

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 29. September 2020 – 9 AZR 266/20 (A)-

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 21. Februar 2020 – 10 Sa 180/19 –

 

 

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Bitkom begrüßt Vorschläge für europäische Rechtssicherheit bei Kryptowerten wie Bitcoin & Co.

 

Kryptowerte wie Bitcoin könnten in Europa nach Ansicht des Digitalverbands Bitkom deutlich an Fahrt gewinnen, wenn der heute veröffentlichte EU-Regulierungsentwurf umgesetzt wird. So sollen unter anderem für Kryptowerte einheitliche Regeln für Emittenten, Verwahrer und Handelsplattformen geschaffen werden. Für sogenannte signifikante Stablecoins wie Libra dürften die Auflagen hingegen deutlich strenger ausfallen. So soll hierfür unter anderem die Aufsicht von den nationalen Aufsichtsbehörden auf die europäische Ebene (EBA) übertragen werden. „Die EU harmonisiert den bestehenden Regulierungs-Flickenteppich bei Kryptowerten und kann damit eine weltweite Vorreiterrolle einnehmen“, sagt Patrick Hansen, Bereichsleiter Blockchain beim Bitkom. „Angesichts des hohen Tempos, in dem sich der Krypto-Markt entwickelt, muss es jetzt darum gehen, diesen Regulierungsvorschlag möglichst schnell in geltendes Recht umzusetzen.“

Der Regulierungsentwurf sieht zudem vor, ein sogenanntes Pilotregime für bestimmte Infrastrukturen mit  Distributed-Ledger-Technolgie zu ermöglichen. So könnten regulatorische Ausnahmen für Krypto-Handelsplätze und Verwahrer von Security Token ermöglicht werden. Und für Kryptowerte, die bereits als Finanzinstrumente nach EU-Recht gelten, soll es gesetzliche Anpassungen sowie Klarstellungen geben, um für mehr Rechtssicherheit zu sorgen. „Diese Rechtssicherheit, verbunden mit einem einheitlichen EU-Binnenmarkt, in dem nationale Lizenzen in der ganzen EU gelten und übertragbar sind, könnte zahlreiche Krypto-Unternehmen nach Europa locken. Die EU kann mit ihrer Regulierung weltweite Standards setzen und sich einen globalen Standortvorteil aufbauen “, so Hansen. „Wichtig wird dabei aber sein, dass bei konkreten Maßnahmen die regulatorischen Anforderungen nicht so hoch gesetzt werden, dass ein Wettbewerbsnachteil entsteht oder innovative Startups ausgeschlossen werden.“

Bitkom-Webevent zur EU-Kryptoregulierung

Am 1. Oktober lädt Bitkom zu einem Webevent über die geplante EU-Regulierung von Krypto-Assets ein. Mit dabei sind unter anderem Dr. Jörg Kukies, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen sowie Marcel Haag, Direktor für „Horizontal Policies“ bei DG FISMA in der Europäischen Kommission. Eine Anmeldung ist hier online möglich.

 

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Bitkom – Bundesverband Informationswirtschaft,Telekommunikation und neue Medien e.V., Albrechtstraße 10, 10117 Berlin-Mitte,Tel: 030 27576-0, www.bitkom.org

Die zuständige auf Versicherungsrecht spezialisierte 12. Zivilkammer des LG München I hat jetzt in einem richtungsweisenden Urteil im zu entscheidenden Fall die Leistungspflicht der Versicherung festgestellt. 

 

Dem zu entscheidenden Fall lagen Versicherungsbedingungen zugrunde wie sie in vergleichbar Formulierung von vielen Versicherern verwendet worden sind. Neben der Frage, ob die durch eine Allgemeinverfügung angeordnete Betriebsschließung eine Betriebsschließung im Sinne der Versicherungsbedingungen ist, ging es vor allem um die spannende Frage, ob eine Betriebsschließung wegen Covid 19 versichert ist, obwohl Covid 19 nicht in der Aufzählung meldepflichtiger Krankheiten und Krankheitserreger in den Versicherungsbedingungen enthalten gewesen ist.

Die Versicherung vertrat den Standpunkt, dass die Aufzählung der Krankheiten und Krankheitserreger in den Versicherungsbedingungen abschließend sei. Der Kläger vertrat die Auffassung, dass die erfolgte Betriebsschließung wegen Covid 19 versichert gewesen ist obwohl Covid 19 in den Versicherungsbedingungen nicht explizit aufgeführt ist.

In den Versicherungsbedingungen befand sich unter Hinweis auf die §§ 6 und 7 IfSG eine Aufzählung verschiedener Krankheiten und Krankheitserreger. Trotz ausdrücklichen Verweises auf die gesetzlichen Regelungen des Infektionsschutzgesetzes in den Versicherungsbedingungen entsprach die nachfolgend abgedruckte Aufzählung der Krankheiten und Krankheitserreger gerade nicht der Auflistung des zitierten Gesetzes.

Das Landgericht München hat deshalb zu Recht festgestellt, dass eine solche Klausel, die sich zum einen für den Versicherungsnehmer erkennbar auf den Inhalt des Gesetzestextes bezieht, um dann auf der anderen Seite diesen aber nicht vollständig wiederzugeben intransparent und damit unwirksam ist. Dem ist zuzustimmen!

Der durchschnittliche Versicherungsnehmer erwartet und kann erwarten, dass eine Versicherungsklausel die sich auf den Gesetzestext des Infektionsschutzgesetzes bezieht auch alle von diesem Gesetz umfassten Krankheiten und Krankheitserreger umfasst. Um den tatsächlichen Umfang des Versicherungsschutzes zu erfassen, müsste der Versicherungsnehmer sonst letztlich die Auflistung in den Versicherungsbedingungen Wort für Wort mit dem geltenden Gesetzestext abgleichen. Dies ist dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht zumutbar. Eine Klausel, deren Tragweite jedoch nur durch den wörtlichen Vergleich mit der gesetzlichen Vorschrift erkennbar ist, die sie selbst als Grundlage des Umfanges des Versicherungsschutzes zitiert, ist intransparent.

Richtungsweisend ist das Urteil des Landgerichts München I aus Sicht der Kanzlei Michaelis deshalb, da viele Bedingungswerke der verschiedenen Versicherungsgesellschaften genau diese Problematik enthalten, nämlich den vollständigen Gesetzestext für den Versicherungsumfang zitieren, dann aber in den Versicherungsbedingungen die im Gesetz enthaltenen Krankheiten nur teilweise wiedergeben mit der Behauptung, die wiedergegebenen Krankheiten und Krankheitserreger stellten eine abschließende Aufzählung der versicherten Krankheiten und Krankheitserreger dar. Solche Versicherungsbedingungen halten einer AGB-rechtlichen Prüfung nicht stand und dürften unwirksam sein. Damit hat das Urteil über den hier entschiedenen Einzelfall hinaus ganz erhebliche Tragweite für eine Vielzahl vergleichbarer Fälle nicht nur der hier verklagten Versicherungsgesellschaft sondern auch anderer Versicherungsgesellschaften.

Denn nicht nur die entsprechende Klausel in den hier zur Entscheidung vorliegenden Versicherungsbedingungen sondern auch die entsprechenden Klauseln vieler anderer Versicherungsgesellschaften dürften unter diesem Gesichtspunkt unwirksam sein. Dies haben wir bereits im letzten Monat in dem Artikel vom 14.09.2020  (unter: https://kanzlei-michaelis.de/covid-19-und-die-regulierungspflicht-in-der-betriebschliessungsversicherung-ein-fallbeispiel-zu-genaueren-betrachtung/) anhand eines konkreten Fallbeispiele detailliert aufgezeigt.

Spätestens jetzt sollten betroffene Versicherungsnehmer, deren Versicherung sich nach wie vor weigert den versicherten Betriebsschließung-Schaden zu regulieren, sich an einen mit der Materie vertrauten spezialisierten Rechtsanwalt wenden, um Ihre Ansprüche gegen die Versicherung genauestens prüfen zu lassen.

Dabei ist auch zu beachten, dass viele der von den verschiedenen Versicherungsgesellschaften angebotenen „15%-Vergleiche“ unwirksam sein dürften, so dass auch diejenigen Versicherungsnehmer, die sich bereits von ihrer Versicherungsgesellschaft zum Abschluss eines solchen „Kulanzangebotes“ haben drängen lassen, in vielen Fällen nach wie vor Anspruch gegen ihre Versicherungsgesellschaft auf Regulierung des vollständigen versicherten Schadens haben dürften. Auch diese Versicherungsnehmer sollten sich dringend an einen entsprechenden Anwalt wenden, um Ihre Ansprüche prüfen zu lassen. Nach Ansicht der Kanzlei Michaelis geht es um zu viel Geld um leichtfertig und ohne Grund darauf zu verzichten. Vielleicht ein guter Tipp für guten Kunden.

 

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Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte, Glockengießerwall 2, 20095 Hamburg, Tel: +49 40 88888-777,Fax: +49 40 88888-737, www.kanzlei-michaelis.de

Das Landgericht München hat einem Gastwirt in einem (nicht rechtskräftigen) Urteil eine Zahlung in Höhe von 1.014.000,00 € aufgrund der Corona-bedingten Betriebsschließung gegen seine Versicherung zugesprochen (Az. 12 O 5895/20).

 

Mit der Corona-Krise gerieten insbesondere unzählige Hotels und Restaurant aber auch Kitabetreiber, Handwerker, Ladenbetreiber und viele andere Gewerbebetriebe in existentielle finanzielle Not. Viele hatten für diesen Fall mit einer Betriebsschließungsversicherung vorgesorgt. Diverse Versicherer lehnten die Übernahme der Versicherungsleistung ab, unterbreiteten Zahlungsangebote, die in vielen Fällen inakzeptabel waren und sprachen die Kündigung der Versicherungspolice. Wirth-Rechtsanwälte bearbeitet inzwischen eine Vielzahl dieser Fälle.

Am 1.10.2020 gab es nun zu dem Komplex ein wegweisendes Urteil der auf Versicherungsrecht spezialisierte 12. Zivilkammer des Landgerichts München I, welches in allen Punkten die von Beginn an geäußerten Rechtsauffassungen der Spezialisten von Wirth-Rechtsanwälte bestätigt.

Die Streitpunkte zusammengefasst: Der Kläger betreibt eine Gaststätte mit 1.200 Sitzplätzen im Innenbereich, 800 Sitzplätze auf den Terrassen und 5.000 Sitzplätze im Biergarten in München. Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege hatte per Allgemeinverfügung ab dem 21.03.2020 den klägerischen Betrieb aufgrund des Coronavirus geschlossen. Der Gastwirt begehrte daraufhin Leistungen aus seiner Betriebsschließungsversicherung. Die beklagte Versicherung weigerte sich. Das Gericht zeigte der beklagten Versicherung nun per Urteil klar auf, dass hier Versicherungsleistung zu erbringen ist.

Das Gericht hält zum einen die Rechtsform und die Rechtmäßigkeit der Anordnung, entgegen der Auffassung der beklagten Versicherung, nicht für relevant. Es war nach Auffassung des Gerichts nicht erforderlich, dass das Coronavirus direkt im Betrieb aufgetreten ist, denn nach den Versicherungsbedingungen sei lediglich entscheidend, dass eine Schließung aufgrund des Infektionsschutzgesetzes erfolgen musste. Es kommt also nicht darauf an, ob es eine konkrete Einzelanordnung für den jeweiligen Betrieb oder eine sogenannte Allgemeinverfügung für eine Vielzahl von Betrieben gab. Der Gastwirt habe auch nicht gegen die Schließungsanordnungen vorgehen müssen.

Das Gericht äußerte sich auch zu der Möglichkeit, einen Außerhausverkauf zu organisieren. Wenn das für den Restaurantbetrieb lediglich ein untergeordnetes Mitnahmegeschäft sei, wäre es keine unternehmerische Alternative, auf die sich der Gastwirt verweisen lassen müsse. Auch insofern ist ein wesentliches Argument, was regelmäßig von einigen Versicherern ins Feld geführt wird, vom Tisch gefegt worden.

Das Gericht setzt sich weiter mit den regelmäßig üblichen Versicherungsbedingungen auseinander, wonach Bezug auf die Aufzählung der im Infektionsschutzgesetz gesetzlich erfassten Krankheiten und Krankheitserreger genommen wird. Auch dazu gibt es seitens des Gerichts klare Worte. Die entsprechende Regelung in den Versicherungsbedingungen sei intransparent und daher unwirksam. Werde der Versicherungsschutz durch eine AVB-Klausel eingeschränkt, müsse dem Versicherungsnehmer deutlich vor Augen geführt werden, in welchem Umfang Versicherungsschutz trotz der Klausel bestehe, was hier gerade nicht der Fall war. Denn der Versicherungsnehmer gehe auf Basis des Wortlauts der Bedingungen davon aus, dass der Versicherungsschutz dem Grunde nach umfassend sei und sich mit dem Infektionsschutzgesetz decke.

Die hier maßgeblichen und in vielen weiteren Streitfällen identischen oder fast identischen Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) lauten auszugsweise wie folgt:

 

„§ 1 Gegenstand der Versicherung, versicherte Gefahren

  1. Der Versicherer leistet Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) beim Auftreten meldepflichtiger

in Nr. 2 aufgeführten Krankheiten oder Krankheitserreger

  1. a) den versicherten Betrieb […] schließt; […]
  2. Versicherungsschutz besteht für die folgenden der in §§ 6 und 7 IfSG namentlich genannten, beim Menschen übertragbaren Krankheiten und Erreger nach Fassung des Gesetzes vom 20.07.2000:
  1. a) Krankheiten

[…]

  1. b) Krankheitserreger

[…]

  • 3 Ausschlüsse
  1. Der Versicherer haftet nicht

[…]

  1. b) für andere als die in § 1 Ziffer 2 genannten Krankheiten und Krankheitserreger, insbesondere nicht für […].“

Der Gastwirt konnte davon ausgehen, dass in § 1 Ziffer 2 AVB eine bloße Wiedergabe der gesetzlich erfassten Krankheiten und Krankheitserreger erfolge, und nur in § 3 AVB Einschränkungen enthalten seien, so das Gericht. Die Auflistung der Krankheiten und Krankheitserreger sei jedoch im Vergleich zum IfSG unvollständig. Außerdem sei das Infektionsschutzgesetz seit dessen Einführung vor 20 Jahren bereits mehrfach geändert und um weitere Krankheiten und Erreger ergänzt worden. Dies bleibe dem Versicherten verborgen und damit müsse er auch nicht rechnen. Um den wahren Gehalt des Versicherungsschutzes zu erfassen, hätte der Versicherte letztlich die Auflistung in § 1 Ziffer 2 AVB Wort für Wort mit der aktuellen geltenden Fassung des Infektionsschutzgesetzes vergleichen müssen. Eine Klausel, deren Tragweite nur durch den Vergleich mit einer gesetzlichen Vorschrift erkennbar sei, die aber dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer dieser Versicherung nicht bekannt sei, ist aber intransparent.

Und noch einen wesentlichen Punkt klärt das Gericht: Im Hinblick auf die Höhe der zu zahlenden Entschädigung sind in diesem Fall weder Kurzarbeitergeld noch staatliche Corona-Liquiditätshilfen anspruchsmindernd zu berücksichtigen, da es sich hierbei nicht um Schadensersatzzahlungen gerade für Betriebsschließungen handele.

Fachanwalt Norman Wirth dazu: „Damit liegt eine weitere Entscheidung klar zugunsten des betroffenen Hotel- und Gastronomiegewerbes vor. Die eindeutigen Worte des Gerichts zu den Argumenten einiger Versicherer zeigen, was wir bereits seit Beginn dieser unsäglichen Diskussion zur Zahlungspflicht der Versicherer gesagt haben: In den allermeisten Fällen besteht bedingungsgemäß Versicherungsschutz. Wir gehen davon aus, dass sich die Rechtsprechung auf Grundlage dieses Urteils festigen wird.“

 

Verantwortlich für den Inhalt:

Wirth­ Rechtsanwälte, Carmerstr. 8, D­-10623 Berlin, Tel: 030 ­ 319 805 44 0, Fax: 030 ­ 319 805 44 1, www.wirth-­rechtsanwaelte.com

Der Prozessfinanzierer LitFin wird die Prüfung und Verfolgung von Ansprüchen geschädigter Anleger im Wirecard-Skandal durch die internationale Wirtschaftskanzlei Pinsent Masons finanzieren und gibt in diesem Zusammenhang auch die Zusammenarbeit mit der SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. bekannt.

 

Private und institutionelle Anleger, die in Folge des Bilanzskandals bei der Wirecard AG in nur wenigen Tagen dramatische Kursverluste erlitten, haben so die Möglichkeit, ihre Ansprüche ohne Kostenrisiko von einer renommierten Großkanzlei prüfen und geltend machen zu lassen. Es werden Ansprüche gegen sämtliche Verantwortliche des Wirecard-Skandals verfolgt, bei denen gute Aussichten auf eine erfolgreiche Anspruchsdurchsetzung bestehen. Soweit eine außergerichtliche Einigung nicht gelingt, werden die Ansprüche im Rahmen eines oder mehrerer großer (Sammel-)Klageverfahren durchgesetzt.

LitFin und seinen Partnern liegen bereits Registrierungen von mehr als 20.000 Anlegern mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von über 500 Mio. Euro vor. Es handelt sich um die größte Gruppe von überwiegend privaten Anlegern im Wirecard-Skandal. Durch die Prozessfinanzierung gehen Anleger keinerlei Prozesskostenrisiko im Zusammenhang mit der Anspruchsverfolgung ein. Wenn es zu einer Schadensersatzleistung kommt, erhält LitFin eine Erfolgsprovision.

Die Anleger können mit Pinsent Masons auf eine renommierte Großkanzlei mit einem sehr erfahrenen Team bauen: Sibylle Schumacher, die Leiterin der deutschen Prozessführungspraxis, sowie das Team von drei weiteren Partnern der Kanzlei sind ausgewiesene Experten für komplexe wirtschaftsrechtliche Streitigkeiten und Massenklageverfahren. So waren die Teammitglieder bspw. für die Deutsche Bundesregierung im Fall TollCollect, für Volkswagen im Diesel-Skandal sowie für die ehemalige HSH Nordbank in der Beratung zu einem Anlegerklageverfahren über 1 Mrd. Euro tätig. Zudem verfügt Pinsent Masons über große Erfahrungen im Management komplexer Verfahren und wird regelmäßig von der Financial Times als eine der innovativsten Wirtschaftskanzleien in Europa geführt. Überdies kann die Kanzlei über ihr starkes internationales Netzwerk mit mehr als 1.800 Anwälten in 25 Büros weltweit nahtlos die Aspekte des Wirecard-Skandals außerhalb Europas abdecken.

Über eine Kooperation mit der SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. mit Sitz in München und ihrem Partner Investor Rights kann zudem auch privaten Anlegern mit geringeren Schadensvolumina die Teilnahme an der gemeinsamen Anspruchsdurchsetzung durch Pinsent Masons ermöglicht werden, bei denen andernfalls der hiermit verbundene Verwaltungsaufwand einer Prozessfinanzierung durch LitFin entgegenstehen würde. Daniel Bauer, Vorstandsvorsitzender der SdK: “Wir beobachten den Fall Wirecard schon seit geraumer Zeit und kennen die Vorgänge dort sehr gut. Die Kooperation mit LitFin und Investor Rights ermöglicht es uns, eine finanzierte Anspruchsdurchsetzung mit einer renommierten Großkanzlei einer großen Zahl von geschädigten Anlegern anzubieten. Gerade durch die risikolose Finanzierung können Anleger sicherstellen, dass sie nicht noch gutes Geld schlechtem hinterherwerfen!”.

Weitere Informationen zur Prozessfinanzierung durch LitFin im Fall Wirecard und Kontaktmöglichkeiten finden Sie unter: https://www.wirecardclaim.com/

 

Verantwortlich für den Inhalt: LitFin NL B.V., Strevelsweg 700, 700-303 3083 AS Rotterdam, Niederlande, Tel: +44 750 601 4339, https://www.wirecardclaim.com/

Beitrag von RA Stephan Michaelis LL.M., Fachanwalt für Versicherungsrecht

 

  1. Einleitung

Versicherungsmakler sind Sachwalter ihrer Kunden. Das bedeutet, sie leisten für diese deutlich mehr als nur die bloße Vermittlung von Versicherungsverträgen. Zu ihren weitläufigen Pflichten gehört in aller Regel auch die umfassende Betreuung von bereits geschlossenen Versicherungsverträgen. Unter anderem muss Korrespondenz abgewickelt und dokumentiert werden, Anpassungsbedarf muss auf Grundlage von Risikoanalysen ermittelt werden.[1] Für diese anspruchsvolle Tätigkeit bedienen sich viele Makler einer speziell für diese Zwecke konzipierten Software.

Das bedeutet, dass der Softwareanbieter einerseits eine essenzielle, verantwortungsvolle Tätigkeit unterstützt und andererseits, dass Makler von der Software und deren Anbieter abhängig sind. Der Wechsel eines Anbieters bedeutet eine zeit- und kostspielige Migration von Daten, sodass auch ein rechtlich bestehendes Loslösungsrecht des Maklers unattraktiv sein kann. Darüber hinaus kann ein Ausfall der Verwaltungssoftware erhebliche Gewinneinbußen bedeuten, weil eine wichtige Arbeitsgrundlage fehlt, oder Personal sich der nicht funktionierenden Software widmen muss.

Was geschieht also, wenn die Softwareüberlassung nicht so läuft wie sie laufen soll? Dieser Beitrag gibt dem Makler einen kleinen praktischen Leitfaden an die Hand, für den Fall, dass der Anbieter seiner Software für die Vertragsbetreuung nicht ordnungsgemäß leistet.

  1. Rechtsnatur des Softwareüberlassungsvertrags („Lizenz“)

Die Frage welche Rechte dem Makler bei Schlechtleistung des Softwaregebers zustehen kann nur beantwortet werden, indem die Rechtsnatur des Softwareüberlassungsvertrags bestimmt wird. Das jeweils anwendbare Mängelgewährleistungsrecht richtet sich nach dem jeweiligen Vertragstypus.[2] Auch wenn die Parteien individuell oder per AGB bestimmte Mängelgewährleistungsrechte vereinbart haben, wird diese Vereinbarung dann durch das jeweilige gesetzlich anwendbare Gewährleistungsrecht überlagert.

In der Praxis wird der Softwareüberlassungsvertrag oftmals (fälschlicherweise) als „Lizenzvertrag“ bezeichnet und die jeweiligen Parteien als „Lizenznehmer“ und „Lizenzgeber.“ [3]  Dies trifft aber nicht unbedingt eine Aussage über die Rechtsnatur des Softwareüberlassungsvertrags. Entscheidend ist vielmehr welchem Vertragstypus die Hauptpflichten des Vertrags entsprechen. Hierbei ist der tatsächlich gewollte technisch-wirtschaftliche Leistungsinhalt maßgeblich.[4]

Dabei ist zunächst entscheidend, ob es sich bei der überlassenen Software um „Standardsoftware“ oder um „Individualsoftware“ handelt. Individualsoftware wird eigens für den Kunden erstellt. Standardsoftware ist hingegen nicht individuell angefertigt.[5] Programme für die Betreuung von Kunden des Versicherungsmaklers sind i. d. R. standardisiert und werden nicht eigens für den jeweiligen Makler erstellt. Dem Marktstandard entsprechend wird zugrunde gelegt, dass es sich bei dem Softwareüberlassungsvertrag des Maklers um einen Vertrag über Standardsoftware handelt.

Sofern die Software dauerhaft und nicht nur auf Zeit überlassen wird, ist die Softwareüberlassung als Kaufvertrag gem. § 433 BGB einzuordnen. In diesem Fall richten sich die Mängelgewährleistungsansprüche des Maklers nach § 433 ff. BGB.[6]

Wenn die Software hingegen nur auf Zeit überlassen wird, ist der Softwareüberlassungsvertrag als Mietvertrag gem. § 535 BGB einzustufen. Dann gilt grundsätzlich das mietvertragliche Mängelgewährleistungsrecht nach §§ 535 ff. BGB.[7]

Merke also: Wird die Software endgültig und dauerhaft überlassen, dann liegt grds. ein Kaufvertrag vor. Wird die Software nur auf Zeit überlassen, liegt grds. ein Mietvertrag vor.

In der Praxis findet sich sowohl die dauerhafte als auch die temporäre Überlassung von Software an den Makler. Daher soll für beide Fälle dargestellt werden, welche Rechte dem Makler im Falle der Leistungsstörung zustehen:

III.      Leistungsstörung bei dauerhafter Softwareüberlassung (Kaufvertrag)

Mangelbegriff

Damit dem Makler Mängelgewährleistungsrechte zustehen, muss die an den Makler überlassene Software mangelhaft sein, i. S. v. § 434 BGB. In der Praxis wird meist eine Leistungsbeschreibung des Programms („Pflichtenheft“) vereinbart, die den vertraglich vorausgesetzten Gebrauch konkretisiert. Kann die Software die dort beschriebenen Leistungen nicht erfüllen, liegt ein Mangel nach § 434 Abs. 1 S. 2. Nr. 1 BGB vor. Aber auch wenn die Software Leistungen darüber hinaus nicht den marktüblichen Mindeststandards entspricht, kann ein Mangel vorliegen, gem. § 434 Abs. 1 S. 2. Nr. 2 BGB. [8]

Wichtig für den Makler ist, dass er i. d. R. einer Rügepflicht nach § 377 HGB unterliegt. Er hat den Mangel unverzüglich beim Softwareverkäufer anzuzeigen. Dabei hat er genau zu beschreiben, was an der Software nicht funktioniert („Fehlerbild“)[9] Ansonsten droht der Verlust der Mängelgewährleistungsrechte!

Merke also: Jeder Mangel der bei gekaufter Software auftritt sollte unverzüglich dem Verkäufer mit einer konkreten Beschreibung angezeigt werden!

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Mangels liegt grds. beim Makler. Ihn trifft auch die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Mangel von der Software des Softwaregebers verursacht wird. Eine konkrete Ursache muss er dabei aber nicht benennen.[10] Im Prozess wird eine für das Gericht verständliche Fehlerauflistung erwartet, die so konkret ist, dass eine Beweisaufnahme angeordnet werden kann. Ein Gutachter muss anhand der Beschreibung prüfen können, ob ein Fehler der Software, oder der Bedienung vorliegt.[11]

Merke also: Im Gerichtsprozess ist jeder Mangel so konkret wie möglich aufzulisten. Es muss zudem zumindest behauptet werden können, dass die Software die Ursache des Mangels ist.

Nacherfüllung

Gem. §§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 BGB kann der Makler nach seiner Wahl vom Softwareverkäufer Nachbesserung oder Nachlieferung verlangen.

Rücktritt und Minderung

Kommt der Verkäufer seiner Verpflichtung zur Nachbesserung nicht innerhalb einer vom Makler gesetzten angemessenen Frist nach, kann dieser vom Vertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern, gem. §§ 437 Nr. 2, 323, 441 BGB.

Merke also: Wenn ein Mangel vorliegt, sollte dem Verkäufer eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt werden. Das sichert weitere Rechte.

Soweit die Nacherfüllung unmöglich ist, kann ohne Fristsetzung vom Vertrag zurückgetreten werden, §§ 437 Nr. 2, 323, 326 Abs. 5 BGB. Im Falle des Rücktritts ist die Software nach Maßgabe des § 346 BGB an den Verkäufer zurückzugewähren und der Kaufpreis an den Makler zurückzuzahlen.

Schadensersatz

Sofern der Softwareverkäufer den Mangel zu vertreten hat, kann der Makler Schadensersatz verlangen. Dieser umfasst auch einen Nutzungsausfall für die Software, der dadurch entsteht, dass diese aufgrund ihrer Mangelhaftigkeit nicht wirtschaftlich eingesetzt werden kann.[12]

Abweichende Vereinbarungen / AGB

In AGB können die Gewährleistungsrechte gegenüber dem Makler nicht voll ausgeschlossen werden.[13] Insofern besteht eine jeweilige Restunsicherheit wann die Grenze des Zulässigen überschritten ist.

  1. Leistungsstörung bei Softwareüberlassung auf Zeit (Mietvertrag)

Der Vermieter muss die Software während der Mietdauer in einem brauchbaren Zustand halten. Ist die Software mangelhaft, kann der Makler Gewährleistungsrechte nach §§ 535 ff. BGB geltend machen.

Mangel

Die Mängelgewährleistung setzt voraus, dass ein Mangel der Mietsache nach § 536 BGB vorliegt. Dieser liegt bei der Abweichung der Ist-Beschaffenheit der Mietsache von ihrer Soll-Beschaffenheit vor. Allgemein gilt hier wie beim Softwarekauf, dass die Leistungsbeschreibung der Software im „Pflichtenheft“ für die Soll-Beschaffenheit maßgeblich ist. Zudem ist der Mindeststandard maßgeblich, der marktüblich erwartet werden kann.[14]

Auch bei der Softwaremiete ist eine unverzügliche Anzeige von Mängeln gegenüber dem Vermieter erforderlich, gem. § 536c Abs. 1 BGB. Ansonsten droht der Verlust von Mängelrechten beim Makler. Hier gilt das zum Kaufvertrag Gesagte.

Merke also: Auch bei der Miete von Software sollte jeder Mangel unverzüglich dem Verkäufer mit einer konkreten Beschreibung angezeigt werden!

Wird darüber gestritten, ob die Software seit Übergabe an den Makler einen Mangel aufweist, trägt grundsätzlich der Vermieter die Darlegungs- und Beweislast für die Mangelfreiheit der Software. Sobald der Makler die Software aber als Erfüllung angenommen hat, geht die Darlegungs- und Beweislast auf ihn über. Der Makler muss dann beweisen, dass die Software mangelhaft ist. Die Annahme als Erfüllung liegt vor, wenn der Mieter durch sein Verhalten zum Ausdruck bringt, dass er die Mietsache als im Wesentlichen vertragsgemäße Leistung ansieht. Nach Rechtsprechung des BGH ist dies jedenfalls der Fall, wenn die Software über mehrere Monate ohne Mängelrüge genutzt wird.[15]

Merke also: Wurde die Software mehrere Monate ohne Mängelrüge genutzt, ist der Makler Darlegungs- und Beweisbelastet für das Vorliegen eines Mangels. Diese Pflicht muss im Prozess durch eine konkrete, verständliche Auflistung/Bezeichnung der Mängel gegenüber dem Gericht erfüllt werden.

Macht der Makler einen Mangel geltend, der nach Übergabe der Software aufgetreten sein soll, trägt er hierfür die Darlegungs- und Beweislast.

Nachbesserung

Gem. § 535 Abs. 1 S. 2 Var. 2 BGB hat der Vermieter die Mietsache zu erhalten. Der Makler kann also bei Mängeln Nachbesserung der Software verlangen. Für den Fall, dass der Softwarevermieter mit der Mangelbeseitigung in Verzug gerät, kann der Makler gem. § 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB den Mangel selbst beseitigen (lassen) und die dafür erforderlichen Aufwendungen vom Vermieter ersetzt verlangen.

Minderung

Gem. § 536 BGB kann der Makler für den Zeitraum in dem die Tauglichkeit der Software durch den Mangel beeinträchtigt ist je nach Grad der Schwere mindern.

Kündigung

Dem Makler steht gem. § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB ein Recht zur außerordentlichen Kündigung zu, wenn erhebliche Mängel trotz Feststellung und entsprechender Androhung nicht beseitigt werden.

Schadensersatz

Gem. § 536a Abs. 1 BGB haftet der Vermieter für anfängliche Mängel verschuldensunabhängig und für nachträgliche Mängel, soweit er sie zu vertreten hat. Soweit ein Anspruch auf Schadensersatz besteht, umfasst dieser auch den entgangenen Gewinn des Maklers, gem. § 252 BGB. [16] Dies beinhaltet auch angemessen Kosten für die Beschaffung von Ersatzleistungen. Zudem kann bei mangelbedingter Kündigung ein Kündigungsfolgeschaden geltend gemacht werden. Das bedeutet, es müssen die Kosten ersetzt werden die dadurch entstehen, dass aufgrund der mangelbedingten Kündigung Ersatz beschafft werden muss.[17]

Abweichende Vereinbarungen / AGB

Anders als im Kaufrecht kann der Vermieter die Mängelrechte des Mieters individualvertraglich weitgehend ausschließen. Dies geht im Rahmen von AGB jedoch nur in den Grenzen des § 307 Abs. 1 BGB. Ein vollständiger Ausschluss ist unzulässig. Beachtlich ist die sog. „Kardinalspflichten“-Rechtsprechung des BGH: Bei Hauptpflichten des Vertrags ist die Haftungsbeschränkung durch AGB auf grobe Fahrlässigkeit unwirksam. Das bedeutet, dass Schadensersatz wegen mangelhafter Software nicht durch AGB auf Fälle von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit beschränkt werden darf.[18]

Die verschuldensunabhängige Haftung des Vermieters nach § 536a Abs. 1 BGB kann per AGB abbedungen werden.[19]

Behält sich der Vermieter vertraglich ein außerordentliches Kündigungsrecht für den Fall vor, dass die Mängelbeseitigung „mit zumutbaren Aufwand nicht möglich ist“, liegt darin ein an sich mietrechtsfremder Passus. Im Werkvertragsrecht existiert jedoch mit § 633 Abs. 2 BGB ein vergleichbarer Gesetzeswortlaut. Zur Konkretisierung lässt sich also ggf. auf die zugehörige Rechtsprechung zurückgreifen. Eine Unzumutbarkeit läge demnach dann vor, wenn der Aufwand des Unternehmers zur Beseitigung der Mängel in keinem Verhältnis zu dem mit der Beseitigung der Mängel erzielbaren Erfolg stünde.[20] In einem etwaigen Prozess müsste der Vermieter die Unzumutbarkeit darlegen und beweisen.

  1. Fazit:

Wenn die Software nicht funktioniert, kann auch der Versicherungsmakler nicht vernünftig arbeiten. Egal, ob die Rechtsnatur aus dem Kaufvertragsrecht heranzuziehen ist, oder aus dem Mietrecht, so verfügt ein Versicherungsmakler über weit reichende rechtliche Ansprüche.

Wichtig ist die unverzügliche Mängelrüge und die genaue Dokumentation der Softwarefehler.

Natürlich ist es für den Versicherungsmakler das Wichtigste, dass die Software funktioniert. Trotz vieler einschränkender Klauseln in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Softwareanbieter verfügt der Versicherungsmakler trotzdem über weitreichende Rechte!

[1]           BGH, Urteil vom 22.05.1985, BGHZ 94, 356, 358.

[2]           BGH, Urteil vom 15.11.2006, NJW 2007, 2394, 2395.

[3]           Dies ist oftmals ein untauglicher Versuch Gewährleistungspflichten über das Lizenzvertragsrecht zu umgehen, Beckmann/Staudinger-BGB, Stand 2013, § 453, Rn. 53.

[4]           BGH, Urteil vom 15.11.2006, NJW 2007, 2394, 2395; Beckmann/Staudinger-BGB, Stand 2013, § 453, Rn. 53 m. w. N.

[5]           BGH, Urteil vom 04.11.1987, NJW 1988, 406, 407 f.

[6]           BGH, Urteil vom 15.11.2006, NJW 2007, 2394, 2395.

[7]           BGH, Urteil vom 15.11.2006, NJW 2007, 2394, 2395.

[8]           Für einen Überblick über potentielle Mängel siehe Matusche-Beckmann/Staudinger-BGB, Stand 2013, § 434 Rn. 238 ff.

[9]           OLG Köln, Urteil vom 18.08.1997, NJW-RR 1998, 1274.

[10]          BGH, Urteil vom 03.12. 1998, NJW 1999, 1330; Zahrnt, NJW 2002, 1531.

[11]          Zahrnt, NJW 2002, 1531 m. w. N.

[12]          BGH, Urteil vom 19. 6. 2009, NJW 2009, 2674.

[13]          BGH, Urteil vom 18.01.1989, NJW-RR 1989, 625.

[14]          Wegner/Kummermehr/Kröger/Sternemann/Zittel, 3. Auflage 2018, FormularBibliothek Vertragsgestaltung,  § 2 Verträge über die Überlassung von Standardsoftware, Rn. 28.

[15]          BGH, Urteil vom 15.11.2006, NJW 2007, 2394, 2395.

[16]          BGH, Versäumnisurteil vom 17.06.1998, NZM 1998, 666.

[17]          BGH, Urteil vom 02.11.2016, XII ZR 153/15 juris.

[18]          BGH, Rechtsentscheid vom 24.10.2001, NZM 2002, 116.

[19]          BGH, Urteil vom 26.02.1992, WuM 1992, 316.

[20]          So zum Werkvertragsrecht OLG Zweibrücken, Urteil vom 25. 4. 2005, NJOZ 2006, 2318.

 

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Der Deutsche Bundestag hat den vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz vorgelegten Entwurf eines Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes in 2. und 3. Lesung beschlossen.

 

Christine Lambrecht erklärt dazu: „Das Wohnungseigentumsgesetz ist eine Erfolgsgeschichte. Es erlaubt die Schaffung von ‚Eigentum auf der Etage‘ und ermöglicht breiten Teilen der Bevölkerung, Immobilieneigentum zu erwerben. Für viele ist die Schaffung von Wohneigentum ein wichtiger Baustein bei der privaten Altersvorsorge. Das WEG ist seit seiner Einführung im Jahre 1951 jedoch nur punktuell geändert worden und hält vielen rechtlichen und tatsächlichen Entwicklungen nicht mehr stand: Wir beobachten einen zunehmenden Sanierungsstau bei Altbauten sowie Hindernisse beim energetischen und barrierereduzierenden Umbau.

Mit dem heute beschlossenen Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz wird das WEG an die Bedürfnisse der Zukunft angepasst. Die Verwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaften wird effektiver ausgestaltet. Umbauten sind nun einfacher möglich, damit Wohnanlagen energetischen Standards entsprechen und ältere Eigentümer auch im Alter noch barrierefreien Zugang zu ihrer Wohnung haben. Sowohl Wohnungseigentümer als auch Mieter erhalten zudem einen Rechtsanspruch auf den Einbau einer Ladeeinrichtung für ihr Elektrofahrzeug auf eigene Kosten – damit bringen wir die Wende zur E-Mobilität gezielt voran.“

Das vom Deutschen Bundestag beschlossene Gesetz enthält folgende Eckpunkte:

Jede Wohnungseigentümerin und jeder Wohnungseigentümer erhält im Grundsatz einen Anspruch darauf, dass ihr bzw. ihm auf eigene Kosten der Einbau einer Lademöglichkeit für ein Elektrofahrzeug, der barrierefreie Aus- und Umbau sowie Maßnahmen des Einbruchsschutzes und zum Glasfaseranschluss gestattet werden.

Die Beschlussfassung über bauliche Veränderungen der Wohnanlage wird vereinfacht, insbesondere für Maßnahmen, die zu nachhaltigen Kosteneinsparungen führen oder die Wohnanlage in einen zeitgemäßen Zustand versetzen. Dabei werden Wohnungseigentümer zugleich vor unverhältnismäßigen Kosten geschützt.

Die Organisation der Verwaltung wird effizienter. Zugleich wird der Verwaltungsbeirat als Kontrollorgan gegenüber dem Verwalter gestärkt.

Die Qualität der Verwaltung wird erhöht, indem wir den Wohnungseigentümerinnen und Wohnungseigentümern die Möglichkeit geben, die Verwaltung einem zertifizierten Verwalter zu übertragen, der seine Sachkunde in einer Prüfung vor der Industrie- und Handelskammer nachgewiesen hat.

Die Online-Teilnahme an Versammlungen kann gestattet werden.

Das Streitpotential in der Gemeinschaft soll reduziert werden, indem streitträchtige Vorschriften klarer gefasst werden. Lässt sich ein Streit nicht vermeiden, soll eine Änderung der gerichtlichen Verfahrensvorschriften eine effiziente Streitbeilegung fördern.

 

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Vorschlag der Insolvenzverwalter zur Gleichbehandlung der Gläubiger in den vier Gesellschaften – Prozentuale Aufteilung auf einzelne Gesellschaften nimmt Höhe der Schadensersatzansprüche der Anleger als Maßstab

 

Die Insolvenzverwalter der vier deutschen P&R-Containerverwaltungsgesellschaften arbeiten mit Hochdruck daran, die Voraussetzungen für eine erste Abschlagsverteilung an die Gläubiger zu schaffen. Dazu müssen die bisher aus der Vermietung und Verwertung der vorhandenen Containerflotte erwirtschafteten Beträge zwischen den vier P&R Containerverwaltungsgesellschaften aufgeteilt werden. Eine erste Abschlagsverteilung eines Teils dieser Beträge an die Gläubiger setzt voraus, dass zunächst eine Einigung über die Aufteilung erfolgt. Für die Aufteilung haben die Insolvenzverwalter einen Vorschlag erarbeitet, über den die Gläubiger nun in vier schriftlichen Gläubigerversammlungen entscheiden sollen.

Die Gläubiger erhalten in den nächsten Tagen ein Schreiben der Insolvenzverwalter mit einem Vorschlag zur prozentualen Aufteilung der Gelder, der die Höhe der festgestellten Schadensersatzansprüche der Anlegergläubiger in den jeweiligen Insolvenzverfahren als Maßstab nimmt. Die Verteilung der Erlöse erfolgt demnach also in dem Verhältnis, in dem sich diese Ansprüche der Anleger prozentual auf die einzelnen Containerverwaltungsgesellschaften verteilen.

Stimmen die Gläubiger zu, wird dies zu einer Gleichbehandlung der Anlegergläubiger in den Insolvenzverfahren der vier P&R Gesellschaften in Bezug auf die erwirtschafteten Erlöse führen. Die von den Gläubigern gewählten Gläubigerausschüsse in den vier Insolvenzverfahren befürworten die gefundene Lösung einstimmig und empfehlen den Gläubigerversammlungen die Zustimmung.

“Wir wollen, dass die ganz erheblichen Erfolge aus der weiterlaufenden Containerverwertung den Gläubigern, die über festgestellte Forderungen verfügen, baldmöglichst zugutekommen. Ohne eine abschließende und rechtssichere Einigung über die Verteilung der Erlöse kann keine Ausschüttung erfolgen”, macht Insolvenzverwalter Dr. jur. Michael Jaffé klar.

“Wir sehen keine sinnvolle Alternative zu dem nun erarbeiteten Vorschlag. Keine der P&R Containerverwaltungsgesellschaften könnte aus unserer Sicht mit Erfolg argumentieren, dass sie in Bezug auf die Erlöse besser stehen sollte als die anderen Gesellschaften. Auch die zur Vermeidung von Interessenkonflikten bestellten Sonderinsolvenzverwalter befürworten die Einigung”, ergänzt Dr. Jaffé.

Die Containerverwertung erfolgt weiterhin ungestört durch die Schweizer P&R Gesellschaft. Diese ist verpflichtet, die aus der Verwertung generierten Erlöse an die Insolvenzverwalter der deutschen P&R Containerverwaltungsgesellschaften auszuzahlen. Bislang konnten Erlöse von über 400 Mio. Euro erwirtschaftet werden. “An unserem Ziel insgesamt mindestens 1 Mrd. Euro an die Gläubiger auszuschütten, halten wir weiterhin fest und arbeiten hierfür weiter unter Hochdruck”, so Dr. Jaffé.

Angesichts der Tragweite der Entscheidung ist es sachgerecht, dass die Gläubiger in den jeweiligen Insolvenzverfahren selbst über die Zustimmung zu dem Vorschlag befinden. Derart wichtige Entscheidungen werden in Insolvenzverfahren üblicherweise im Rahmen einer Gläubigerversammlung getroffen. Eine Durchführung als Präsenztermin ist jedoch in Folge der Corona-Pandemie auf absehbare Zeit nicht möglich, sodass das Amtsgericht München – Insolvenzgericht – mit Beschluss vom 27.08.2020 die Durchführung einer Gläubigerversammlung im schriftlichen Verfahren angeordnet hat.

“Diese Vorgehensweise ermöglicht es allen Gläubigern – auch solchen, die zu einer Präsenzsitzung nicht anreisen könnten oder in der heutigen Zeit aus nachvollziehbaren Gründen nicht wollten – ihre Stimme abgeben zu können, ohne hierfür einen Anwalt beauftragen zu müssen. Uns ist wichtig, dass möglichst alle Gläubiger die Entscheidung mittragen”, so Dr. Jaffé.

Die Abstimmung erfolgt mit einem Stimmzettel unter Verwendung eines dem Anschreiben beigefügten Rückumschlags. Der Stimmzettel muss ausweislich der Vorgaben des Gerichts bis zum 17.11.2020 bei der angegebenen Adresse eingegangen sein, damit er im Rahmen der Abstimmung berücksichtigt werden kann. Diese Frist ist nicht verlängerbar.

“Ich bin überzeugt davon, dass eine große Mehrheit der Gläubiger den Vorschlag unterstützen wird, da dieser Vorschlag im Interesse aller Gläubiger liegt. Kommt der Beschluss zustande, soll, wie bereits im Berichtstermin angekündigt, so schnell wie möglich eine erste Abschlagsverteilung an die Gläubiger auf den Weg gebracht werden”, so Dr. Jaffé.

Das Ergebnis der Gläubigerversammlung wird vom Insolvenzgericht öffentlich bekannt gemacht. Darüber und über die weiteren Schritte in den Insolvenzverfahren sowie relevante aktuelle Entwicklungen werden die Gläubiger auch über Pressemitteilungen sowie die dafür eingerichtete Webseite www.frachtcontainer-inso.de informiert. Dort finden sich auch aktualisierte Erläuterungen zu einzelnen Themen und Antworten auf häufig gestellte Fragen.

 

Verantwortlich für den Inhalt:

Kanzlei JAFFÉ Rechtsanwälte Insolvenzverwalter, ranz-Joseph-Straße 8, D-80801 München,Tel: +49(0)89 / 25 54 87-00, Fax: +49(0)89 / 25 54 87-10, www.frachtcontainer-inso.de

Beitrag von Rechtsanwalt Boris-Jonas Glameyer, in Kooperation mit der Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte

 

Im Zuge der Corona-Pandemie sind eine Vielzahl von Betrieben ganz unterschiedlicher Branchen aufgrund von Allgemeinverfügungen oder Verordnungen zur Verhinderung der Weiterverbreitung des Coronavirus (Covid-19) geschlossen worden. Zahlreiche, der jeweils über eine Betriebsschließungsversicherung (BSV) verfügende, Betriebe haben die behördlich angeordneten Betriebsschließungen ihrer Versicherung gegenüber angezeigt und diese zur Regulierung aufgefordert. Bis auf wenige Ausnahmen verweigern die Versicherer jedoch eine Regulierung der entstandenen Betriebsschließungsschäden mit den verschiedensten Argumenten.

In den letzten Monaten ist über diese Thematik sowie die daraus resultierenden rechtlichen Probleme viel geschrieben worden. Oft blieben rechtliche Betrachtungen gerade an entscheidenden Stellen unscharf. Dies dürfte vor allem der Tatsache geschuldet sein, dass die Bedingungen der verschiedenen Versicherer sich im Detail erheblich unterscheiden und einer individuellen rechtlichen Bewertung bedürfen.

Es soll deshalb am Beispiel der Helvetia Schweizerische Versicherungsgesellschaft AG mit den konkreten Versicherungsbedingungen der Fassung BL AIHG-1607, Stand 01.07.2016 aufgezeigt werden, weshalb der Versicherer im Zuge der behördlich angeordneten Betriebsschließung wegen Covid-19 nach hier vertretener Rechtsauffassung dem Grunde nach zur Leistung verpflichtet ist.

Die ausgesuchten Versicherungsbedingungen bergen grundsätzliche rechtliche Probleme, die sich in zahlreichen Bedingungen anderer Versicherer ebenfalls so oder ähnlich finden und erscheinen deshalb geeignet, um anhand „durchschnittlicher“ Versicherungsbedingungen der BSV einige entscheidende rechtliche Punkte exemplarisch aufzuzeigen.

Nachfolgend werden dazu die in Bezug genommenen Bedingungen wiedergegeben, soweit relevant. Sodann wird auf ausgesuchte einzelne rechtliche Punkte eingegangen, die in einer Vielzahl von Fällen zwischen den Versicherern und den Versicherungsnehmern streitig sind. Zu diesem Zweck sind zutreffende rechtliche Ausführungen anderer Beiträge teilweise übernommen worden, um die Probleme am konkreten Fallbeispiel rechtlich griffig darzustellen.

Ein Eingehen auf die Diskussion der Schließung des Betriebes durch die zuständige Behörde auf Grundlage des IfSG durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung ist an dieser Stelle nicht erforderlich, da die Rechtslage an diesem Punkt aus Sicht des Autors eindeutig ist und die Argumente im Wesentlichen ausgetauscht und veröffentlicht sind.

  1. Die Bedingungen

Da es zum Aufzeigen der Probleme gerade auf den exakten Wortlaut der in Bezug genommenen Versicherungsbedingungen ankommt, werden diese, soweit hier relevant, zum Verständnis der rechtlichen Überlegungen auszugsweise wiedergegeben:

„Abschnitt C- Betriebsschließungsversicherung

  1. Betriebsschließung

1.1 Der Versicherer leistet Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz- IfSG) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger

  1. a) den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen schließt;

….

1.2 Meldepflichtige Krankheiten oder Krankheitserreger

Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die folgenden, im Infektionsgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger: (es folgt eine Aufzählung von Krankheiten und Krankheitserregern)

….

1.3 Nicht versicherte Schäden

Nicht versichert sind ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen Schäden

  1. e) von Prionenerkrankungen oder dem Verdacht hierauf;

….“

(Helvetia Schweizerische Versicherungsgesellschaft AG – Versicherungsbedingungen für die Helvetia Business All Inclusive Versicherung mit Vertragsbestandteil Abschnitt C Betriebsschließungsversicherung BL-AIHG-1607, Fassung 01.07.2016)

 

  1. Covid-19 als meldepflichtige Krankheit im Sinne der versicherten Betriebsschließung

Die Versicherer stützen sich regelmäßig auf die Argumentation, Covid-19 sei keine meldepflichtige Krankheit im Sinne der versicherten Betriebsschließung, da Covid-19 in den Versicherungsbedingungen nicht aufgelistet sei. Hier ist eine Betrachtung des Einzelfalles anhand der exakten Formulierung der jeweils für den Vertrag geltenden Bedingungen geboten.

Unter 1.2 der Bedingungen findet sich eine beispielhafte Aufzählung von Krankheiten und Krankheitserregern die möglicherweise teilweise aus dem IfSG abgeschrieben ist. Die Auflistung hat allenfalls werbenden und beispielhaft erklärenden Charakter, nicht mehr, nicht weniger.

Denn die beispielhafte Aufzählung stimmt nicht mit der Aufzählung der unter §§ 6 und 7 IfSG in der zeitlich entsprechenden gesetzlichen Fassung (IfSG Stand 29.03.2013 – 24.07.2017) aufgeführten Krankheiten und Krankheitserregern überein. Auf eine bestimmte Fassung des IfSG verweisen die Bedingungen nicht. Die – möglicherweise aus dem IfSG teilweise und unvollständig abgeschriebenen – Krankheiten und Krankheitserreger stellen nach dem Wortlaut der Bedingungen weder eine abschließende Aufzählung dar, noch geben Sie den Inhalt der unter §§ 6 und 7 IfSG der damaligen Fassung aufgeführten Krankheiten und Erreger vollständig wieder.

Im Wortlaut wird dort ausgeführt:

„1.2 Meldepflichtige Krankheiten oder Krankheitserreger

Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die folgenden, im Infektionsgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger: …“ (es folgt eine Aufzählung von Krankheiten und Krankheitserregern)

Diese Aussage ist objektiv unzutreffend und irreführend. Die Aufzählung in den Bedingungen entspricht gerade nicht der Aufzählung der – zum Zeitpunkt des in den Bedingungen abgedruckten Standes der Bedingungen – in den §§ 6 und 7 IfSG befindlichen Aufzählung von Krankheiten und Krankheitserregern.

Folgende Krankheiten und Krankheitserreger die zum damaligen Zeitpunkt im IfSG aufgeführt waren fehlen in den Aufzählungen der vorliegenden Bedingungen: humane spongiforme Enzephalopathie -außer familiär-hereditärer Formen, Mumps, Pertussis, Röteln einschließlich Rötelnembryopathie, Varizellen, nosokomiale Infektionen, Bordetella pertussis, Bordetella parapertussis, humanpathogenes Cryptosporidium sp., humanpathogene Leptospira sp., Mumpsvirus, Variazella-Zoster-Virus sowie das Rubellavirus.

Hingegen sind in den Bedingungen folgende Krankheiten und Krankheitserreger aufgezählt, die zum damaligen Zeitpunkt so gar nicht im IfSG aufgeführt waren: Cryptosporidium parvum, Leptospira interrogans sowie das Rubellavirus (Meldepflicht nur bei konnatalen Infektionen).

Es gibt in den Bedingungen keinerlei Hinweis darauf, dass die aufgezählten Krankheiten nicht mit den in der damaligen Fassung der §§ 6 und 7 IfSG aufgezählten Krankheiten und Krankheitserregern identisch ist, obwohl die Formulierung der Bedingungen dies dem Versicherungsnehmer in täuschender Weise vorspiegelt. Vom Versicherungsnehmer kann nicht verlangt werden, dass er die Liste der aufgezählten Krankheiten und Krankheitserreger des Versicherungsvertrages mit der Liste der Krankheiten und Krankheitserreger aus der jeweils maßgeblichen Fassung des IfSG abgleicht.

Daraus ergibt sich Folgendes:

  1. aa) Lediglich beispielhafter Charakter der Aufzählung

Es kann sich bei den in den Bedingungen aufgezählten Krankheiten nicht um eine abschließende Aufzählung oder Wiedergabe der in der damaligen Fassung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 4 IfSG genannten Krankheiten handeln, da die Aufzählung in den Bedingungen mit dem Gesetzestext nicht übereinstimmt.

Die in den Versicherungsbedingungen abgedruckten Krankheiten und Krankheitserreger haben deshalb lediglich beispielhaften Charakter und stellen weder eine abschließende Aufzählung versicherter Krankheiten und Krankheitserreger dar, noch haben sie für den Umfang des Versicherungsschutzes Relevanz.

Es kommt damit auf die Frage einer sogenannten dynamischen Verweisung auf alle bei nachträglichen Gesetzesänderungen unter die Regelungen des IfSG fallenden meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger bereits nicht mehr an. Da die Thematik dynamischer Verweisungen in zahlreichen Beiträgen bereits diskutiert worden ist, erübrigen sich an dieser Stelle weitere Ausführungen zu diesem Thema.

  1. bb) Umfang des Versicherungsschutzes entspricht den §§ 6 und 7 IfSG

Abgesehen davon, dass es aus vorstehend unter aa) genannten Gründen bereits nicht mehr darauf ankommt, ist unter 1.2. geregelt, dass meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger die folgenden, im IfSG in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger sind. Eine Einschränkung des Versicherungsumfanges auf die in den Bedingungen aufgezählten Krankheiten und Krankheitserreger ergibt sich aus der Formulierung der Bedingungen nicht.

  • 6 Abs. 1 Nr. 5 IfSG regelt die namentliche Meldepflicht beim Auftreten einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, die nicht bereits nach den Nummern 1 bis 4 meldepflichtig ist, wenn dieses Auftreten auf eine schwerwiegende Gefahr für die Allgemeinheit hinweist und Krankheitserreger als Ursache in Betracht kommen, die nicht in § 7 IfSG genannt sind. § 7 Abs. 2 IfSG regelt entsprechendes für nicht in § 7 IfSG aufgelistete Krankheitserreger, soweit deren örtliche und zeitliche Häufung auf eine schwerwiegende Gefahr für die Allgemeinheit hinweist.
  • 6 Abs. 1 Nr.1 IfSG wird über die Generalklausel in Nr. 5 auf eine Infektion durch das neuartige Coronavirus ausgedehnt. Danach handelt es sich bei einer Infektion durch CoVid19 seit dem 30.01.2020 durch die 2019-nCoV um eine namentlich meldepflichtige Krankheit. Dass diese im Infektionsschutzgesetz der Fassung bei Abschluss des Vertrages noch nicht aufgeführt gewesen ist, ändert nichts daran, dass CoVid19 als namentlich meldepflichtige Krankheit im Sinne der Versicherungsbedingungen versichert ist.

Die Bedeutung „namentlich zu melden“ im IfSG erschließt sich aus der Unterscheidung in den §§ 9,10 IfSG wo der Gesetzgeber ein abgestuftes Meldesystem zwischen namentlicher und nichtnamentlicher Meldung aus Gründen des Datenschutzes etabliert hat.

  1. cc) Keine Ausschlussklausel bei abschließender Aufzählung erforderlich

Folgt man der Rechtsansicht des Versicherers, dass es sich bei den in den Bedingungen aufgezählten Krankheiten und Krankheitserregern um eine abschließende Aufzählung versicherter Krankheiten und Krankheitserreger handelt, ist die Ausschlussklausel unter 1.3 e) sinnlos und widersprüchlich. Hält man die Liste unter 1.2 für abschließend, so bedarf es keines ausdrücklichen Ausschlusses von Prionenerkrankungen aller Art oder irgendwelchen anderen Krankheiten oder Krankheitserregern, da diese in der Liste nicht enthalten sind und damit automatisch nicht vom Versicherungsschutz umfasst sind. Der Ausschluss ergibt erst dann und auch nur dann einen Sinn, wenn es sich bei der Liste unter 1.2 lediglich um beispielhaft aufgezählte Krankheiten und Krankheitserreger handelt, die eben keine abschließende Auflistung darstellen.

  1. dd) Mögliche Unwirksamkeit der Klausel 1.2 gem. § 307 Abs. I BGB

Folgt man der Rechtsauffassung des Versicherers, dass es sich bei den unter 1.2 aufgeführten Krankheiten und Krankheitserregern um die abschließende Aufzählung der versicherten Krankheiten und Krankheitserreger handelt, so wäre die Klausel 1.2 nach hier vertretener Ansicht sowohl wegen unangemessener Benachteiligung als auch wegen ihrer Intransparenz i.S.d. § 307 Abs. I S. 2 BGB unwirksam.

Für die Inhaltskontrolle auch von Allgemeinen Versicherungsbedingungen gelten die §§ 307 ff. BGB. Nach der Generalklausel des § 307 Abs. I S. 1 BGB sind AGB-Bestimmungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben „unangemessen benachteiligen“. Eine notwendige Konkretisierung erfährt diese Grundaussage durch die Regeln des § 307 Abs. II Nr. 1 u. 2 BGB. Dabei unterliegen nach § 307 Abs. III S. 1 BGB nur solche Bestimmungen in Allgemeinen Versicherungsverträgen der Inhaltskontrolle, die von Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzen. Dies bedeutet aber nicht, dass es für die Kontrollfähigkeit auf die Existenz einer gesetzlichen Parallelvorschrift ankommt. Sie gibt es für viele gesetzlich nicht geregelten Schuldverhältnisse sowie Versicherungszweige und auch für die Betriebsschließungsversicherung nicht. Vielmehr muss in solchen Fällen der Kontrollmaßstab, wie sich aus § 307 Abs. II Nr. 2 BGB ergibt, dem Vertrag selbst entnommen werden.

Bei der Konkretisierung der Grundaussage des § 307 Abs. I BGB durch die Regeln der Nr. 1 und 2 des Abs. II der Bestimmung kommt es auf einen konkreten Zweifel im Sinne des einleitenden Wortlauts des Abs. II nicht an. Da es an gesetzlichen Vorschriften zu Betriebsschließungsversicherung fehlt, erfolgt die Konkretisierung der Grundaussage aus § 307 Abs. I vorliegend nicht aus § 307 II Nr. 1 BGB, sondern aus Nr. 2 der Vorschrift. Danach liegt eine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 Abs. I BGB vor, wenn der Verwender wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

Deshalb verfällt jede Einschränkung des Versicherungsschutzes, die unter Bezugnahme auf den vollständigen Inhalt des IfSG auf einer irreführenden unvollständigen Wiedergabe der im Gesetz gelisteten Krankheiten und Erreger und beruht, der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. II Nr. 2 BGB, vgl. Prof. Dr. Werber, VersR 2020, S. 661 ff. samt in sich schlüssiger Argumentation im Hinblick auf Ausschlussklauseln in der BSV.

Vorliegend liegt durch die Klausel 1.2 die zum Umfang des Versicherungsschutzes auf die vollständige, §§ 6 und 7 des IfSG verweist eine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 Abs. I S. 2 BGB vor, wenn man die in dieser Klausel gleichzeitig enthaltene Auflistung verschiedener Krankheiten und Krankheitserreger als abschließend betrachtet, da diese dann in widersprüchlicher Weise, wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des vorliegenden Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

Im Übrigen wäre die Klausel bei einem solchen Rechtsverständnis auch wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot als intransparente Klausel gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam, da sie entgegen Ihrer ausdrücklichen Bezugnahme auf den vollständigen Inhalt de §§ 6 und 7 IfSG gerade nicht deren Inhalt korrekt wiedergibt, sondern dort im IfSG aufgelistete Krankheiten weglässt und andererseits Krankheiten aufführt die nicht im Gesetz enthalten sind. Dies ist intransparent und irreführend.

Auch in den Bedingungswerken anderer Versicherer findet sich vorstehender Problematik. Selbst beim Vergleich verschiedener Bedingungswerke ein und desselben Versicherers fällt teilweise auf, dass die Bedingungswerke im Laufe der Zeit zwar teilweise neu geschrieben worden sind, die in den Bedingungswerken aufgelisteten Krankheiten und Krankheitserreger jedoch den im Laufe der Zeit erfolgten gesetzlichen Änderungen oft nicht angepasst worden sind.

  1. Fazit

Neben der Frage der Schließung des Betriebes durch die zuständige Behörde auf Grundlage des IfSG ist ein besonderes Augenmerk auf die exakte Formulierung des Umfanges des Versicherungsschutzes sowie die Aufzählung meldepflichtiger Krankheiten und Krankheitserreger zu richten.

Die oftmals fehlende Übereinstimmung der in den Bedingungswerken unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den vollständigen Inhalt des IfSG oder den vollständigen Inhalt der §§ 6 und 7 IfSG aufgelisteten Krankheiten und Krankheitserreger mit dem jeweils relevanten Gesetzestext, führt zu einigen interessanten rechtlichen Fragestellungen deren genauere Betrachtung aus den vorstehend aufgezeigten Gründen lohnt.

Insbesondere die Frage, wann und warum exakt die in vielen Bedingungswerken enthaltenen Aufzählungen der meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger möglicherweise bereits einer AGB-rechtlichen Prüfung nicht standhalten und unwirksam sind, bedarf weiterer Vertiefung in den einzelnen Fallkonstellationen.

Natürlich sind die einzelnen Bedingungswerke der Versicherer unterschiedlich formuliert, in einer Vielzahl der Bedingungswerke finden sich jedoch die vorstehend kurz angerissen Problemstellungen in der ein oder anderen Form wieder, sodass die vorstehend skizzierten Ansätze durchaus auch bei einer Vielzahl anderer Bedingungswerke eine grundsätzliche Überlegung wert sind.

Insbesondere vor dem Hintergrund, dass derzeit nicht absehbar ist, ob die Mehrzahl der Gerichte die in den Bedingungen der Versicherer enthaltenen Auflistungen von Krankheiten und Krankheitserregern in rechtlicher Hinsicht als abschließende Aufzählungen oder als beispielhafte Aufzählungen bewerten und wie die Gerichte sich zur Thematik der „dynamischen Bezugnahme“ positionieren werden, sollte der Fokus im Interesse der Versicherungsnehmer auch den weiteren vorstehend kurz angerissen Argumenten gelten.

Bei Ausschlussklauseln lohnt oftmals schon ein genauer Blick im Hinblick darauf, auf was genau sich die Ausschlussklausel bezieht und ob die Klausel überhaupt greift. Sollte dies bereits nicht der Fall sein, so kommt es auf eine mögliche AGB-rechtlich bedingte Unwirksamkeit der Klausel bereits nicht mehr an.

Dieser Beitrag kann und soll keine „Lösung“ der vorstehend kurz angerissen Probleme im Rahmen der BSV aufzeigen, sondern einige interessante Ansatzpunkte aufzeigen, die nach Ansicht des Autors einer näheren rechtlichen Betrachtung bedürfen.

 

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Die BaFin stellt klar, dass das öffentliche Aufstellen von Automaten, an denen Kryptowährungen (zum Beispiel Bitcoin, DASH, Litecoin, Ether) veräußert oder erworben werden können, den Eigenhandel nach § 1 Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 lit. c Kreditwesengesetz (KWG) oder gegebenenfalls auch das Finanzkommissionsgeschäft nach § 1 Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 KWG darstellt.

Der Eigenhandel ist eine Finanzdienstleistung, das Finanzkommissionsgeschäft ein Bankgeschäft, wofür jeweils eine vorherige Erlaubnis der BaFin nach § 32 Absatz 1 KWG erforderlich ist.

Die Aufsteller solcher Kryptoautomaten, die über keine Erlaubnis der BaFin verfügen, handeln unerlaubt und machen sich damit auch strafbar nach § 54 Absatz 1 Nr. 2 KWG. Die BaFin setzt ihre Maßnahmen erforderlichenfalls auch unabhängig von den Strafverfolgungsbehörden im Wege des Verwaltungszwangs durch. Versiegelungen von Geschäftsräumen und Automaten kommen im Rahmen einer Sicherstellungsverfügung nach § 44c Absatz 4 KWG auch nach Erlass einer Untersagung im Betracht.

Personen oder Unternehmen, die solchen Aufstellern der Kryptoautomaten die Räumlichkeiten bzw. Strom- oder Internetanschüsse zur Verfügung stellen, sind in deren unerlaubte Geschäfte einbezogen und damit selbst mögliche Adressaten verwaltungsrechtlicher Maßnahmen. Vermieter sollten sich in diesen Fällen immer hinsichtlich der BaFin-Lizenz vergewissern, eine bloße Gewerbeanmeldung ist nicht ausreichend.

 

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Wirecard – Ihr Recht in guten Händen bei der Lawtechgroup

 

Die Wirecard AG hat am 18.06.2020 eingeräumt, dass in Bilanz ausgewiesene Geld in Höhe von 1,9 Milliarden Euro auf Treuhandkonten nicht existiert. Als Folge stürzte der Aktienkurs daraufhin massiv ein und das Unternehmen musste Insolvenz anmelden. Aktuell prüfen wir intensiv mögliche Schadensersatzansprüche von betroffenen Aktionären der Wirecard AG. Sind auch Sie als Anleger betroffen? Als Aktionär und / oder Anleiheinhaber der Wirecard AG registrieren Sie sich über unsere Homepage (link weiter unten). Wir prüfen dann kostenfrei und unverbindlich Ihren Vertrag und setzten uns mit Ihnen in Verbindung.

Die Story

Es ist ein Untergang mit Ansage. Seit Jahren gab es Betrugs- und Geldwäschevorwürfe gegen den Zahlungsdienstleister Wirecard. Die Alarmzeichen verhallten ungehört oder wurden still und heimlich abgestellt. Wer die Fäden bei diesem Finanz-Skandal in der Hand hielt und wohin mindestens 1,9 Milliarden Euro von Treuhandkonten verschwunden sind, werden die Ermittlungsbehörden in den nächsten Jahren aufklären müssen.

Für die Aktionäre heißt es nun:

  • Sie sollten Ihre Rechte wahren, um verlorenes Geld wiederzubekommen
  • Sie sollten Ihre Ansprüche für das kommende Insolvenzverfahren anmelden
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Mehr als 3.000 Anleger mit US-Wertpapierbeständen betroffen

 

Das Amtsgericht München hat am 26. August das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Münchner vPE WertpapierhandelsBank AG (vPE Bank) eröffnet und Rechtsanwalt Axel W. Bierbach von der Kanzlei Müller-Heydenreich Bierbach & Kollegen zum Insolvenzverwalter bestellt. Dem Verfahren vorausgegangen waren ein Entzug der Lizenz für Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sowie ein anschließender Insolvenz-Fremdantrag durch die BaFin.

Betroffen von der Insolvenz sind neben den rund 50 Beschäftigten der Bank insbesondere mehr als 3.000 private und institutionelle Bankkunden. Sie hatten über die vPE Bank US-Wertpapiere gehandelt. Sie können ihre Wertpapiere nun noch bis zum 31. Januar 2022 verkaufen. Anschließend werden die Depots aufgelöst. Ein sonstiger Wertpapierhandel über die vPE Bank ist hingegen ausgeschlossen.

Insolvenzverwalter Bierbach konnte nun mit der renommierten Bernstein Bank eine Vereinbarung schließen, die es Anlegern ermöglicht, ihre Depots freiwillig und kostenlos bei der Münchner Privatbank fortzuführen. Anschließend können sie hier ihre US-Papiere weiter wie gewohnt handeln. Ferner wird ein Großteil der vPE-Kundenbetreuer künftig ebenfalls für die Bernstein Bank und deren Gruppenunternehmen tätig sein und steht den neuen Bernstein-Kunden wie zuvor zur Verfügung.

“Wir sind über diese für alle Beteiligten vorteilhafte Lösung sehr glücklich – zumal die Bernstein Bank in diesem Geschäftszweig normalerweise ein Mindestanlagevolumen von 100.000 US-Dollar verlangt”, sagt Insolvenzverwalter Bierbach. Viele Depots der vPE Bank hätten jedoch geringere Bestände. “Da die Bernstein Bank auch auf die sonst übliche Einzahlungsgebühr verzichtet, entstehen für vPE-Kunden keinerlei Nachteile. Das ist bei einem Insolvenzverfahren durchaus nicht selbstverständlich”, so Bierbach weiter. Dr. Stefan Sträußl, Geschäftsführer der Bernstein Bank ergänzt: “Wir begrüßen unsere neuen Kunden und werden ihnen den gleichen erstklassigen Service bieten wie unseren zufriedenen Bestandskunden.”

Über die vPE WertpapierhandelsBank AG: Die 1989 gegründete vPE WertpapierhandelsBank AG war vor Beginn des Insolvenzeröffnungsverfahrens am 2.Juli 2020 ein global tätiges Finanzunternehmen mit Spezialisierung auf den börslichen und außerbörslichen Handel für private Anleger, professionelle Trader und Finanzinstitutionen mit sieben Standorten in Deutschland.

Über die Bernstein Bank AG: Die Bernstein Bank ist eine deutsche Privatbank im Herzen von München. Ihr Kerngeschäft ist das Capital Markets Brokerage mit der Spezialisierung auf den Handel mit Devisen und Derivaten. Sie besitzt in allen EU-Ländern Lizenzen zur Erbringung von Bank- und Finanzdienstleistungen und ist damit für private und institutionelle Kunden auch weltweit bestens positioniert. Als ein in Deutschland zugelassenes Kreditinstitut unterliegt es der Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und der Deutschen Bundesbank.

Über den Insolvenzverwalter Axel W. Bierbach: Der Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenzrecht ist Partner der Kanzlei Müller-Heydenreich Bierbach & Kollegen. Diese ist eine seit vielen Jahren auf Insolvenzverwaltung spezialisierte Sozietät von Rechtsanwälten in München und anderen bayerischen Städten. Insgesamt sechs Verwalter bearbeiten Insolvenzverfahren an mehreren Amtsgerichten in Bayern und Thüringen. Zu den besonderen Stärken der Kanzlei zählen neben der übertragenden Sanierung auch das Insolvenzplanverfahren, die Eigenverwaltung sowie Konzern- und Gruppeninsolvenzen. Axel W. Bierbach selbst ist spezialisiert auf Betriebsfortführungen und Sanierungen in einem breiten Branchenspektrum. Er hat bereits eine Vielzahl von Insolvenzen betreut, zuletzt die des Billigstromanbieters BEV. Bierbach ist zudem Vorstand im Verband Insolvenzverwalter Deutschlands e.V. (www.vid.de) sowie Mitglied im Gravenbrucher Kreis, dem Zusammenschluss der führenden, überregional tätigen Insolvenzverwalter und Sanierungsexperten Deutschlands, die gemäß dem exklusiven Standard InsO Excellence handeln.

 

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Kanzlei Müller-Heydenreich Bierbach & Kollegen, Schwanthalerstraße 32, 80336 München, Tel: 089 545110, www.mhbk.de

BFH – Urteil vom 06.05.2020  X R 16/18

 

Die von einer gesetzlichen Krankenkasse gewährte Geldprämie (Bonus) für gesundheitsbewusstes Verhalten mindert nicht den Sonderausgabenabzug für Krankenversicherungsbeiträge, sofern hierdurch ein finanzieller Aufwand des Steuerpflichtigen ganz oder teilweise ausgeglichen wird. Dies gilt – wie der Bundesfinanzhof (BFH) am 06.05.2020 (X R 16/18) entschieden hat – auch in den Fällen, in denen der Bonus pauschal ermittelt wird.

Der gesetzlich krankenversicherte Kläger hatte  von seiner Krankenkasse für „gesundheitsbewusstes Verhalten“ Boni von insgesamt 230 € erhalten, u.a. für einen Gesundheits-Check-up, eine Zahnvorsorgeuntersuchung, die Mitgliedschaft in einem Fitness-Studio und Sportverein sowie für den Nachweis eines gesunden Körpergewichts. Das Finanzamt behandelte die Boni im Hinblick auf deren rein pauschale Zahlung als Erstattung von Krankenversicherungsbeiträgen und minderte den Sonderausgabenabzug des Klägers. Demgegenüber wertete das Finanzgericht die Zahlungen als Leistungen der Krankenkasse, die weder die Sonderausgaben beeinflussten, noch als sonstige Einkünfte eine steuerliche Belastung auslösten.

Der BFH nimmt in seiner Entscheidung, mit der er seine bisherige Rechtsprechung zur steuerlichen Behandlung von Bonuszahlungen gemäß § 65a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (vgl. Urteil vom 01.06.2016 – X R 17/15, BFHE 254, 111, BStBl II 2016, 989) weiterentwickelt, eine differenzierte Betrachtung vor. Danach  mindern auch solche Boni, die nicht den konkreten Nachweis vorherigen Aufwands des Steuerpflichtigen für eine bestimmte Gesundheitsmaßnahme er-fordern, sondern nur pauschal gewährt werden, nicht den Sonderausgabenabzug. Sie sind zudem nicht als steuerlich relevante Leistung der Krankenkasse anzusehen. Voraussetzung ist  allerdings weiterhin, dass die jeweils geförderte Maßnahme beim Steuerpflichtigen Kosten auslöst und die hierfür gezahlte und realitätsgerecht ausgestaltete Pauschale geeignet ist, den eigenen Aufwand ganz oder  teilweise auszugleichen. Nimmt der Steuerpflichtige dagegen Vorsorgemaßnahmen in Anspruch, die vom Basiskrankenversicherungsschutz umfasst sind (z.B. Schutzimpfungen, Zahnvorsorge), fehlt es an eigenem Aufwand, der durch einen  Bonus kompensiert werden könnte. In diesem Fall liegt eine den Sonderausgabenabzug mindernde Beitragserstattung der Krankenkasse vor. Gleiches gilt für Boni, die für den Nachweis eines aufwandsunabhängigen Verhaltens oder Unterlassens (bspw. gesundes Körpergewicht, Nichtraucherstatus) gezahlt werden.

Siehe auch: X R 16/18

 

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Bundesfinanzhof, Ismaninger Straße 109, 81675 München, Tel: (089) 9231-0, www.bundesfinanzhof.de

Die Fachanwaltskanzlei Dr. Greger & Collegen hat im Zusammenhang mit dem Wirecard-Bilanzskandal beim zuständigen Landgericht München I für mehrere ihrer Mandanten Schadensersatzklage gegen die EY Wirtschaftsprüfungsgesellschaft eingereicht.

 

Der Klage vorausgegangen sind intensive Ermittlungen der Kanzlei, die erhebliche Versäumnisse der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young bestätigt haben. Trotz falscher Geschäftszahlen hat EY die Bilanzen der Wirecard AG bis einschließlich 2018 uneingeschränkt testiert und durchgewunken.

“Nach Abschluss unserer Recherchen sind wir der festen Überzeugung, dass EY den Investoren gegenüber unbegrenzt schadensersatzpflichtig ist, weil sie diese in sittenwidriger und vorsätzlicher Weise geschädigt hat”, so Kanzleiinhaber und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Dr. Stephan Greger. “Ein Schadensersatzanspruch eines Anlegers wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gegen einen Wirtschaftsprüfer kommt nach aktueller Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann in Betracht, wenn der Bestätigungsvermerk nicht nur unrichtig ist, sondern der Wirtschaftsprüfer seine Aufgabe nachlässig erledigt hat – zum Beispiel durch unzureichende Ermittlungen oder durch Angaben ins Blaue hinein”, so Rechtsanwalt Dr. Greger. “Unsere Ansicht wird auch durch das uns vorliegende Sonderprüfungsgutachten der KPMG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bestätigt, in dem sie eine eingehendere Prüfung der Treuhandkonten, auf denen angeblich die fehlenden 1,9 Mrd. Euro verbucht sein sollten, für zwingend notwendig erachtet.”

 

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Rechtsanwälte Dr. Greger & Collegen, Prinzregentenstraße 54, 80538 München, Tel: 089 / 237 08 480, www.dr-greger.de

Dr. jur. Michael Jaffé zum Insolvenzverwalter bestellt – Verwertungsprozesse werden weiter vorangetrieben

 

Das Amtsgericht München hat mit Beschluss vom 25. August 2020 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Wirecard AG sowie sechs weiterer deutscher Wirecard-Gesellschaften eröffnet und Dr. jur. Michael Jaffé von der Kanzlei JAFFÉ Rechtsanwälte Insolvenzverwalter jeweils zum Insolvenzverwalter bestellt. Damit geht die Verfügungsgewalt über das Vermögen der insolventen Gesellschaften auf den Insolvenzverwalter über.

Mit dem Datum des Beschlusses endet gleichzeitig der Insolvenzgeldzeitraum, so dass die Wirecard AG sowie die übrigen insolventen Gesellschaften Löhne und Gehälter ab diesem Zeitpunkt wieder selbst erwirtschaften und bezahlen müssen. Zum Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung Ende Juni 2020 stand dafür keine Liquidität zur Verfügung. Unter der vorläufigen Insolvenzverwaltung gelang es seitdem, das laufende Geschäft zu stabilisieren und die Basis für eine weitere Fortführung zu schaffen.

Mit Insolvenzeröffnung müssen jedoch die bestehenden Strukturen redimensioniert werden. Die Cash-Burn-Rate bei Insolvenzantragstellung war enorm, so dass dringender Handlungsbedarf besteht. Das Unternehmen hatte Ressourcen für ein nur vermeintliches Wachstum aufgebaut und mit dem Erwerb zahlreicher Gesellschaften, deren Integration nicht oder nur schleppend betrieben wurde, erhebliche Überkapazitäten geschaffen. Diese Faktoren führten zu hohen Verlusten und zu einem erheblichen Missverhältnis zwischen den vorhandenen und den tatsächlich benötigten Ressourcen im Konzern.

Um vor diesem Hintergrund eine Fortführung überhaupt möglich zu machen und die Option einer Verwertung des Kerngeschäfts der Wirecard AG, des sogenannten Acquiring- und Issuing-Geschäfts, aufrecht zu erhalten, sind daher tiefgreifende Einschnitte erforderlich. So müssen sowohl Kündigungen in Bezug auf die Infrastruktur (Immobilienmiet- und Leasingverträge) wie auch für rund 730 Mitarbeiter*innen ausgesprochen werden. Rund 570 Arbeitnehmer*innen (davon rund 350 in den insolventen Gesellschaften und rund 220 in der nicht insolventen Wirecard Bank AG) können dadurch jedoch am Standort Aschheim weiter beschäftigt bleiben. Auch die Vorstandsverträge werden insolvenzbedingt gekündigt.

“Die wirtschaftliche Lage der Wirecard AG war und ist angesichts der fehlenden Liquidität und der bekannten skandalösen Begleitumstände äußerst schwierig. Mit den üblichen Restrukturierungs- und Kostenanpassungsmaßnahmen ist es daher nicht getan, denn eine so massive Verlustsituation ist im eröffneten Insolvenzverfahren unter Vollkosten nicht darstellbar. Demgemäß müssen Arbeitnehmerzahl und alle weiteren Kostenpositionen bei allen insolventen Gesellschaften der unternehmerischen Wirklichkeit angepasst werden. Im Verkaufsprozess für das Kerngeschäft, in dessen Rahmen auch die nicht insolvente Wirecard Bank AG am Markt angeboten wird, stehen wir aktuell mit mehreren namhaften Interessenten in Verhandlungen über einen Erwerb. Die Erlöse aus der Verwertung werden dabei den Gläubigern zugutekommen”, betont Insolvenzverwalter Dr. jur. Michael Jaffé.

Daneben laufen die Investorenprozesse für die unabhängigen internationalen Tochtergesellschaften unter Hochdruck. Vor wenigen Tagen konnte bereits ein Vertrag über den Verkauf der Wirecard Brazil S.A. unterzeichnet werden. Der Verkaufsprozess für die Tochtergesellschaft Wirecard North America Inc. ist ebenfalls weit fortgeschritten. Auch die Verwertungsprozesse für die weiteren Wirecard Beteiligungen weltweit machen Fortschritte.

Prüfung von Schadenersatzansprüchen – Gläubigerversammlung am 18.11.2020

Parallel zu den Verwertungsprozessen läuft auch die Aufklärung der Vorgänge, die zur Insolvenz geführt haben. Die Prüfung etwaiger, aus unerlaubten Handlungen oder Pflichtverletzungen resultierender Haftungsansprüche wird jedoch angesichts des enormen Umfangs der zu prüfenden Daten und Zahlungsvorgänge noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Allen erfolgversprechenden und werthaltigen Schadenersatzansprüchen wird dabei vom Insolvenzverwalter nachgegangen werden.

Am 18. November 2020 findet die erste Gläubigerversammlung, der sogenannte Berichtstermin, statt. Diese erste Gläubigerversammlung soll nach derzeitigem Stand als Präsenztermin im Löwenbräukeller in München stattfinden. Aufgrund der Covid-19 Hygienevorschriften wird die Teilnehmerzahl dabei allerdings begrenzt sein müssen – nach den dann geltenden Vorgaben der Bayerischen Staatsregierung. Der Berichtstermin ist nicht öffentlich und steht daher nur den Insolvenzgläubigern offen. Diese können jedoch auch einen Vertreter zur Teilnahme schriftlich bevollmächtigen. Es wird jedoch nur eine vertretungsberechtigte Person pro Gläubiger zugelassen, wenn ansonsten andere Gläubiger keinen Einlass finden könnten. Die Teilnahme der Gläubiger ist nicht zwingend vorgeschrieben. Der Insolvenzverwalter wird den Gläubigern einen schriftlichen Bericht zur Verfügung stellen, der auch im Gläubigerinformationssystem abrufbar sein wird.

Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens können die Gläubiger der Wirecard AG sowie der ebenfalls insolventen Wirecard Technologies GmbH, der Wirecard Issuing Technologies GmbH, der Wirecard Service Technologies GmbH, der Wirecard Acceptance Technologies GmbH, der Wirecard Sales International Holding GmbH sowie der Wirecard Global Sales GmbH nun auch in den jeweiligen Verfahren ihre Forderungen beim Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle anmelden. Das zuständige Amtsgericht München bestimmte dafür eine Frist bis zum 20.10.2020. Den bekannten Gläubigern wird der Insolvenzverwalter ein Formular zur Forderungsanmeldung übersenden. Es steht auch im Internet unter www.jaffe-rae.de zum Download zur Verfügung.

 

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Vertrag über Verkauf von Wirecard Brazil unterzeichnet

 

Im vorläufigen Insolvenzverfahren über das Vermögen der Wirecard AG gibt es erste Ergebnisse bei der Verwertung. So konnte nun ein Vertrag über den Verkauf der Wirecard Brazil unterzeichnet werden. Demnach übernimmt eine Tochtergesellschaft der an der New York Stock Exchange gelisteten PagSeguro Digital Ltd., 100 Prozent der Anteile an der Wirecard Brazil. Die Transaktion steht unter anderem noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung der brasilianischen Aufsichtsbehörden.

Auch der Verkaufsprozess für die Tochtergesellschaft Wirecard North America Inc. ist bereits weit fortgeschritten. Hier werden in Kürze die finalen Erwerbsangebote erwartet.

Für das Kerngeschäft der Wirecard AG, das sogenannte Acquiring- und Issuing-Geschäft, gehen die Verhandlungen mit potenziellen Investoren nunmehr in die nächste Phase. “Es gibt mehrere namhafte Interessenten, die indikative Angebote abgegeben haben”, erläutert der vorläufige Insolvenzverwalter Dr. jur. Michael Jaffé von der Kanzlei JAFFÉ Rechtsanwälte Insolvenzverwalter.

Auch die Verwertungsprozesse für die weiteren Wirecard Beteiligungen weltweit machen Fortschritte.

“Der Verkauf der Wirecard Brazil ist als erster Verwertungserfolg umso erfreulicher, als die Rahmenbedingungen im Wirecard-Insolvenzverfahren ausgesprochen schwierig waren und weiterhin sind. Wir freuen uns, dass hier so schnell eine gute Lösung gefunden werden konnte. Die Erlöse aus der Verwertung werden den Gläubigern zugutekommen”, so Dr. jur. Michael Jaffé.

Die englische Tochtergesellschaft der Wirecard AG, die Wirecard Card Solutions Ltd., hat zudem mit der Railsbank Technology Limited eine Grundsatzvereinbarung zum Verkauf bestimmter Kundenbeziehungen und weiterer Vermögensgegenstände erzielt. Wirecard Card Solutions ist im Bereich der Prepaid-Karten und des elektronischen Zahlungsverkehrs tätig.

 

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Die Berliner Staatsanwaltschaft hat Ermittlungsverfahren gegen Manager der Investitionsbank Berlin (IBB), darunter IBB-Chef Jürgen Allerkamp, eingeleitet. Dies berichten die rbb-Abendschau und das ARD-Politikmagazin Kontraste.

 

Wie Oberstaatsanwalt Martin Steltner mitteilte, wird ermittelt, ob sich die Beschuldigten der strafbaren Untreue beziehungsweise Beihilfe zur Untreue schuldig gemacht haben. Ermittelt wird auch gegen den Generalbevollmächtigten der Bank und die Compliance-Beauftragte. In Berlin gibt es mittlerweile 1.660 Ermittlungsverfahren wegen Betrugs bei Corona-Soforthilfen für Selbstständige und Kleinunternehmer. Eine wesentliche Rolle dabei spielen offenbar gravierende Versäumnisse bei der Investitionsbank Berlin, die dort für die Bearbeitung der Anträge zuständig war.

Das ARD-Magazin Kontraste und die rbb-Abendschau hatten am 25.6 berichtet, dass in keinem anderen Bundesland nahezu ungeprüft Fördergelder verteilt wurden. In Berlin waren es etwa 1,3 Milliarden Euro.

 

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Corona-Pandemie macht sich in den Haushalten von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherung deutlich bemerkbar

 

Das Finanzierungsdefizit des Staates betrug im 1. Halbjahr 2020 nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) 51,6 Milliarden Euro. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt in jeweiligen Preisen (1 622,2 Milliarden Euro) errechnet sich daraus eine Defizitquote von 3,2 % (Überschussquote im 1. Halbjahr 2019: + 2,7 %).

Nachdem im 1. Halbjahr 2019 noch ein Überschuss von 46,5 Milliarden Euro realisiert wurde, machte sich im 1. Halbjahr 2020 die Corona-Pandemie in den Haushalten von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherung deutlich bemerkbar. Bei den Staatseinnahmen war erstmals seit 2010 ein Rückgang im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu verzeichnen (-3,6%). Die Ausgaben des Staates im 1. Halbjahr 2020 erhöhten sich dagegen um 9,3%. Ein Finanzierungsdefizit für die erste Jahreshälfte hatte der Staat zuletzt nach der Finanzmarktkrise im Jahr 2011 verzeichnet.

Bei den Ergebnissen handelt es sich um Daten in der Abgrenzung des Europäischen Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG) 2010. Sie bilden die Grundlage für die Überwachung der Haushaltslage in den EU-Mitgliedstaaten nach dem Stabilitäts- und Wachstumspakt (Maastricht-Kriterien). Aus den Ergebnissen für das 1. Halbjahr lassen sich nur begrenzt Rückschlüsse auf das Jahresergebnis ziehen. Dies wird in diesem Jahr verstärkt durch die Unsicherheiten bei der Entwicklung der Corona-Pandemie.

Bund verzeichnet mit 27,1 Milliarden Euro das größte Finanzierungsdefizit

Das Finanzierungsdefizit im 1. Halbjahr 2020 ergibt sich aus der Differenz zwischen Einnahmen (766,7 Milliarden Euro) und Ausgaben (818,3 Milliarden Euro) des Staates. Alle staatlichen Ebenen wiesen einen negativen Finanzierungssaldo aus: Der Bund verzeichnete mit 27,1 Milliarden Euro das größte Finanzierungsdefizit. Die Länder wiesen ein Minus von 10,2 Milliarden Euro aus, die Sozialversicherungen von 7,8 Milliarden und die Kommunen von 6,4 Milliarden Euro.

Kleines Plus bei Sozialbeiträgen, deutliches Minus bei Steuern

Auf der Einnahmeseite blieben insbesondere die Steuern, die rund die Hälfte der gesamten Einnahmen des Staates ausmachen, im 1. Halbjahr 2020 hinter dem entsprechenden Vorjahreswert zurück (-8,1%). Besonders stark war dabei der Rückgang bei den Einkommen- und Vermögensteuern, deren Aufkommen im 1. Halbjahr 2020 um 10,2% geringer ausgefiel. Hier wirkte sich vor allem der Einbruch bei den von Unternehmen gezahlten Steuern (-26,8%), insbesondere bei Körperschaft- und Gewerbesteuer, aus. Dagegen fiel der Rückgang bei den von den privaten Haushalten gezahlten Einkommen- und Vermögensteuern mit -4,7% vergleichsweise moderat aus. Die Einnahmen aus Produktions- und Importabgaben gingen im 1.Halbjahr 2020 um -5,4% zurück. Leicht höhere Einnahmen konnte der Staat bei den Sozialbeiträgen mit +1,8% realisieren. Für diese weiterhin positive Entwicklung sind insbesondere die stabilisierenden Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik, wie der erleichterte Zugang zum Kurzarbeitergeld, verantwortlich.

Subventionen steigen überdurchschnittlich

Bei den Ausgaben verzeichneten alle von der Corona-Pandemie betroffenen Ausgabenpositionen deutliche Zuwächse. Insbesondere die Ausgaben für Soforthilfen und die Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge für Kurzarbeit trugen zum starken Anstieg der Subventionen (+177,5%) bei, während sich die Beschaffung von Schutzausrüstung im Zuwachs der Vorleistungen (+ 17,3%) widerspiegelt. Der Umfang der gezahlten monetären Sozialleistungen (+ 6,7%) erhöhte sich auch aufgrund der starken Ausweitung der Kurzarbeit überdurchschnittlich.

 

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